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Das Maß Christi

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Sep-Okt 1931, Vol. 9-5. Originaltitel: "The Measure of Christ". (Übersetzt von Manfred Haller)

(Eine Nachricht wie gesprochen)

Psalm 122-124.

«Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit» (Kol. 1,27). Lest bitte sorgfältig den ganzen Vers, Fragment um Fragment, um die volle Bedeutung seiner wunderbaren Wahrheit zu erfassen: «Ihnen wollte Gott zu erkennen geben, was der Reichtum der Herrlichkeit – dieses Geheimnisses - sei, und das ist: Christus in euch». Der Reichtum der Herrlichkeit, Christus in euch!

«Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist?» (2. Kor. 13,5). Die Fragestellung des Apostels verfolgt eine ganz bestimmte Absicht: «Oder erkennt ihr euch selbst nicht» - wisst ihr denn nicht, dass Christus in euch ist? Wisst ihr diese wunderbare Sache nicht?

«Meine Kinder, um die ich abermals Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt gewonnen hat» (Gal. 4,19). «Bis Christus in euch gestaltet worden ist»; das ist ein Schritt vorwärts.

«Jedem einzelnen von uns aber ist die Gnade nach dem Maß der Gabe Christi gegeben worden ... bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes ... zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi» (Eph. 4,7.13). «Das Maß – der Fülle Christi».

Wir wollen sofort alles in und auf den Herrn Jesus Christus konzentrieren, denn Er ist es, der im Blickfeld steht. Was wir vor uns haben ist nicht eine Lehre oder Wahrheit; das heißt, etwas, das man besitzt, indem man die Wahrheit besser erkennt; es geht auch nicht um den Dienst als solchen; es geht vielmehr um den Herrn selbst.

Das Ziel des Vaters ist es von Anfang bis Ende, dass der Sohn, der Herr Jesus, alle Dinge erfüllen sollte, und dass alle Dinge von Christus erfüllt sein sollten. In den Augen Gottes erhält alles seinen Wert gemäß dem, in welchem Christus darin manifestiert wird. Von diesem Gesichtspunkt aus misst Gott allem seine Bedeutung zu.

Wenn wir uns darauf konzentrieren, macht es einen großen Unterschied aus; da muss manches ausgeschieden werden, weil es den Herrn Jesus nicht manifestiert. Wir müssen verstehen, dass der Vater den Herrn Jesus vor Seine Augen hingestellt hat, und die Augen des Vaters sind nur von einem Gegenstand erfüllt, dem Seines geliebten Sohnes; und in den Augen Gottes wird der Wert von allem durch das Maß bestimmt, in dem Sein Sohn manifestiert und verherrlicht wird. Das ist Sein Ziel und auch Sein Gegenstand.

Die All-Einschließlichkeit Christi

Geistlicher Dienst, Sicht, Berufung, Verherrlichung existieren nicht unabhängig von Christus; es sind nicht Dinge an sich, und man kann sie nicht ohne die Person des Herrn Jesus erlangen.

Für viele ist die Errettung eine Sache. Sie ist von der Person Christi losgelöst und wird als etwas für sich betrachtet; sie wird durch sich selbst mitgeteilt, zum Wohl für diejenigen, die sie empfangen.

Die Heiligung wird auf dieselbe Weise zusammengeschnürt. Oft betrachten wir die Errettung und die Heiligung in Bezug auf die Personen, die wir im Auge haben, als eine Sache also, die sie benötigen, doch ist es Christus selbst, der die Errettung ist, Er ist die Heiligung, und Er ist all das in uns.

Es ist dasselbe mit dem Dienst und der Berufung; auch diese werden oft nur in Bezug auf die Personen selbst betrachtet. «Gerettet um zu dienen» ist nur ein Teil der Wahrheit, und es ist sogar ein recht gefährlicher Slogan, denn das Motiv dahinter ist so oft der Dienst selbst und nicht der Herr. Ihr könnt so sehr vom Dienst angetrieben werden, dass Er dabei draußen gelassen wird. Wir haben die Sache von der Person abgekoppelt, und wir stellen fest, dass wir durch die «Ansprüche» des Dienstes voll beschäftigt und absorbiert sind. Es entsteht ein Drang nach Dienst, und am Ende zerbricht es uns. Und dann, wenn der Dienst hart und schwierig wird, sagen wir, wir möchten aufgeben, wir möchten zurücktreten. Dadurch zeigen wir nur, dass wir den Dienst von der Person losgelöst haben, und dass wir Tag für Tag mit dem Dienst selbst und nicht mit dem Herrn beschäftigt gewesen sind.

Genauso verhält es sich mit der Verherrlichung; ja, das lässt uns aufleben, wir lieben es, Lieder von unserer Verherrlichung zu singen. Doch Gott will, dass sie jetzt schon beginnt, und sie muss jetzt beginnen. Was ist Verherrlichung? Es ist die volle Manifestation Christi in uns. Gott betrachtet die Errettung, Heiligung, Berufung, den Dienst und die Verherrlichung als etwas, das sich auf den Sohn bezieht, sie haben keinen Wert unabhängig von Ihm; Er ist die Errettung, die Heiligung, usw.

Die Errettung und die Heiligung werden Menschen gegenüber oft als Dinge dargestellt, die sie zu ihrem Wohl empfangen sollten; das Ziel dabei ist, dass sie von etwas profitieren können, das sie empfangen haben. Oft ist es einfach Errettung um der Errettung willen. Für Gott ist die Errettung nicht ein Ziel in sich selbst, sie ist für den Erretter da, für die Verherrlichung Seines Sohnes. Nicht die Errettung steht im Blickfeld, sondern der Erretter. Wenn die Leute die Errettung nur deshalb bejubeln, weil sie persönlich etwas davon haben, dann wird ihr wahres Ziel durch den ersten Schritt verdunkelt. Ist nicht dies der Grund, warum wird stecken bleiben und aufgehalten werden? Der Mitarbeiter muss, dadurch, dass er in seiner Arbeit keine tief gehenden und vollständigen Resultate erkennen kann, an den Punkt gebracht werden, wo er ausruft: «Ich kann nichts tun!» Auf diese Weise lernt er die wahre Natur der Errettung sehen, und er erkennt, dass es absolut nicht in seiner Macht steht, eine andere Seele zu retten, denn das ist Gottes Werk. So kommt er dazu, Gottes Ziel in der Errettung zu erkennen: nämlich, die Verherrlichung Seines Sohnes. Die Errettung ist keine Sache ; Sie ist das mächtige Auftreten einer Person; «Wer den Sohn hat, hat das Leben» (1. Joh. 5,12). «So viele Ihn aber aufnahmen» (Joh. 1,12).

Das gilt ebenfalls in Bezug auf die Frage der Heiligung und des Dienstes. Jeder Dienst, der nicht auf der Grundlage des innewohnenden Christus als dem eigentlichen Bewirker vollführt wird, kann den Vorsatz Gottes nicht ausführen, denn nur der Herr Jesus kann, durch Seinen Geist, das Werk Gottes tun. In der Tat, ihr seid als Diener in einen Dienst berufen worden, den ihr gar nicht vollbringen könnt! Dienst bedeutet, dass der Herr Jesus ins Blickfeld gebracht wird, und jeder Dienst, der nicht das bewirkt, ist nicht der Dienst des Heiligen Geistes, sondern Menschendienst, der niemals Gottes Ziele erreichen wird. Er wird durch Feuer getestet werden und sich als wertlos erweisen.

Das Christentum ist keine Lehre, auch nicht die Wahrheit als bloße «Wahrheit», sondern die Erkenntnis einer Person; es bedeutet, den Herrn Jesus zu kennen. Ihr könnt nicht zu einem Christen erzogen oder gebildet werden. Das Christentum ist die Erkenntnis im Innern einer Person; wir kennen Ihn als den, der in uns wohnt.

Die Universalität Christi

Gott hat sich eine Person ausgesucht, und Er hat in dieser Person alle göttlichen Vollkommenheiten zusammengefasst; alles ist untrennbar mit Seinem Sohn verbunden; Er hat die ganze Fülle der Ewigkeit und des Universums in diese Person hineingelegt, und Er hat die ganze Fülle in Ihn eingebunden; nicht einmal ein einziges Fragment kann man losgelöst von Ihm bekommen; alles, was die neue Schöpfung charakterisiert, ist in Ihm. Das vorausbestimmte Ziel Gottes ist eine volle Präsentation der Fülle Christi - «die Gemeinde, die Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt» (Eph. 1,23).

Jede Ecke des Universums wird hörbar von Jesus Christus reden, so dass wir nicht imstande sein werden, irgend wohin zu gehen oder ein Leben zu berühren, ohne darin einen Ausdruck des Herrn Jesus zu finden.

«Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit» - das ist der Himmel. Ihr wandelt in der Gegenwart des Herrn Jesus. Stellt euch das vom ganzen Universum vor: ein universaler Ausdruck Seines Sohnes in Fülle. Das ist das Ziel, das Gott im Auge hat, dass Christus alle Dinge erfüllen soll; dass, wenn ihr in alles hineinblickt, ihr feststellen werden, dass es voll ist von Christus. Alles ist für Ihn gemacht worden, und in der neuen Schöpfung wird alles von Seiner Gegenwart reden und bestimmte Charakteristiken von Ihm aufzeigen. O, welche Freude bedeutet es doch schon jetzt, wenn ihr ein Leben berührt und sofort feststellen könnt, dass dieses Leben voll ist vom Herrn Jesus, und dass der Herr Jesus die Fülle dieses Lebens ist; welch ein Segen ist das doch!

Gott hat eine Person ausgesucht und Ihn dazu bestimmt, von allen gesehen zu werden – den Menschen Christus Jesus!

Die Universalität der Gemeinde

Ihr könnt auf dem Gebiet der Literatur den Bereich von A bis Z nicht verlassen; ihr pfercht den Umfang der Sprache mit A und Z ein. Genauso ist Christus Jesus der Erste und der Letzte von Gottes neuer Schöpfung, und auch von allem, was dazwischen liegt. Ihr könnt nicht darüber hinausgehen. Wir sollten uns nie irgend etwas außerhalb von Christus denken. Er ist die Errettung; Er ist die Heiligung; Er ist die Erlösung, die Rechtfertigung, Friede, Weisheit, Liebe, der Himmel. «Erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist», dieser Christus – in euch! Könnt ihr die Möglichkeiten und die ungeheure Reichweite dieser Aussage ermessen?

Gott wird dieses Universum nicht von außen, sondern von innen umgestalten. Wie denn? Indem Er Jesus Christus durch den Heiligen Geist in den Gläubigen hinein versetzt; und von da wird eine doppelte Aktivität ausgehen – wir werden Ihm durch Seinen Geist gleich gestaltet werden, und Er wird in den Gläubigen Gestalt gewinnen. Auf diese Weise wird Er Seine neue Schöpfung hervorbringen.

«Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit» (Kol. 1,27). «Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben» (1. Joh. 5,11.12).

«Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein» (Röm. 8,9).

«Den Herrn Jesus Christus ... der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der Er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen» (Phil. 3,20b.21).

«Da ihr ... den neuen (Menschen) angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen, der ihn erschaffen hat; wo nicht ist Grieche und Jude ... sondern Christus alles und in allen» (Kol. 3,10.11).

«Die Gemeinde, die Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt» (Eph. 1,22b.23).

Zu Ihm hin wachsen

Das Christenleben kommt nicht durch Anstrengung, und auch nicht durch Bemühung zustande. Ebenso wenig dadurch, dass wir gewisse Grundsätze in die Tat umsetzen oder versuchen, eine bestimmte Stufe zu erreichen. Vielmehr ist es von Anfang bis Ende eine Angelegenheit dessen, dass wir den Herrn Jesus inwendig kennen lernen. Natürlich setzt dies voraus, dass wir auf Ihn eingehen, dass wir fortgesetzt dem Wirken Seines Geistes in unserem Inneren nachgeben und so mit Seinem Vorsatz, Seinem Bild gleich gestaltet zu werden kooperieren.

Wir alle sind gewachsen, seit wir geboren wurden. Wie wuchsen wie? Nicht indem wir dasaßen und darüber grübelten, dass wir an Statur zunehmen sollten. Auch nicht indem wir uns entschlossen, täglich so und so viel zu wachsen, und morgen noch ein bisschen. Auch nicht durch schmerzliche Anstrengungen, unsere Dimensionen zu vermehren, und so weiter. Nein, wir «wuchsen einfach»! – genau wie Topsy. Aber während wir «einfach wuchsen», mussten wir auf die Gesetze des Wachstums reagieren. So müssen wir auch im geistlichen Bereich die Gesetze des Wachstums respektieren, und wo wir sie nicht beachten, oder wo sie gar übertreten werden, kann es kein Wachstum geben, bloß Stillstand. Warum geschieht bei einigen geistliches Wachstum so langsam und bei andern so herrlich schnell? Weil einige ausschlagen und immer Fragen stellen, oder mit Gott argumentieren; weil sie immer wieder dieselben Fragen stellen: Bedeutet es das? Muss ich dies oder jenes tun? Ist das nötig? Kann ich das tun, bin ich dazu fähig? Und so weiter. Und doch beteuern gerade diese Leute am lautesten, sie wollten nur den Willen Gottes tun. Doch eben diese ihre Beteuerung verrät uns, dass hier ein Kampf stattfindet, und ihr Wachstum ist mit einem schönen Stück Reibung befrachtet.

Andere dagegen lassen in einer wunderbaren Ernsthaftigkeit und Reinheit des Geis-tes sofort alles an den Herrn fahren, und so ist Er imstande, sie weiter zu führen, ohne dass sie durch Kontroversen mit dem Willen Gottes Zeit verschwenden. Und es entsteht keine Schwachheit dadurch, dass sie sich nicht in äußerster Hingabe und vollem Herzensgehorsam diesem Willen ergeben. Sie besitzen eine Leidenschaft für den Herrn selbst, und dafür, dass Er mit ihnen Seinen ganzen Weg gehen kann, was immer es sie auch kosten würde.

Es hängt alles von unserer Wertschätzung des Herrn Jesus ab. Wenn wir Seinen wahren Wert erkennen und gewahr werden, was Er dem Vater alles für uns bedeutet, und wenn wir Ihn uns durch Glauben aneignen – dann wachsen wir allmählich, «den Herrn anschauend ... und werden so verwandelt (von innen her umgestaltet) in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit» (2. Kor. 3,18).

Das Wachstum wird dadurch gehindert, dass wir die Dinge losgelöst von der Person des Herrn Jesus betrachten. Wir würden nie unsere Runden um die Schrift drehen, wie wir es manchmal tun, wenn wir diskutieren, ob wir sollten oder nicht, hätten wir eine volle Wertschätzung von Ihm; hätten wir eine Leidenschaft für Ihn, um die vollst mögliche Herrlichkeit zu erreichen. Dann würden wir augenblicklich nachgeben, damit Christus mehr Herrlichkeit bekäme.

Besteht unsere Schwierigkeit nicht oft darin, dass wir bestimmte Aspekte des Christenlebens als etwas in sich selbst betrachten?

Eine angemessene Wertschätzung des Herrn Jesus befreit uns von jeder Anstrengung im Blick auf geistliches Wachstum. Christus wird dort am meisten verherrlicht, wo Er den größten Platz im Herzen hat. Wachstum hängt mit dem Geliebten zusammen; und Wachstum ist das Ergebnis davon, dass wir uns mit Ihm beschäftigen, indem wir dem Herrn Jesus in allen Seinen Ihm gebührenden Platz geben: Er zuerst, und Er alles und in allen. Letztlich ist es eine Angelegenheit des Maßes Christi. Wir müssen erkennen, dass alles vom Herrn Jesus selbst abhängt.

Alles ist eine Frage davon, ob wir den Herrn in unserem Herzen kennen; dann hat der Herr einen klaren Weg in uns und durch uns.

Konzentriert euch auf Ihn, und sorgt dafür, dass Er alles ist.

Das Evangelium Gottes besteht darin, dass wir gerettet worden sind, um dem Bild Seines Sohnes gleich gestaltet zu werden; um «zur Fülle des Maßes Christi» zu gelangen, zum «erwachsenen Manne, zum vollen Maße der Fülle Christi» (Eph. 4,13).


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