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Die Quelle im Innern

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht und bearbeitet in den Zeitschriften "Toward the Mark", Jul-Aug 1976, Vol. 5-4. Originaltitel: "The Well Within". (Übersetzt von Manfred Haller)

«Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle von Wasser werden, die bis ins ewige Leben quillt» (Joh. 4,14).

«Und Isaak ließ die Wasserbrunnen aufgraben, die sie zu Zeiten des Vaters Abraham gegraben hatten, und die die Philister nach dem Tod Abrahams verstopft hatten» (1. Mose 16,18).

Das Wort macht deutlich, dass von des Herrn Seite aus das Leben des Heiligen Geistes mit all seinem Aufquellen und Ausströmen etwas Spontanes sein sollte. Auf Gottes Seite gibt es keinerlei Schwierigkeiten. Was ihn betrifft, ist nichts weiter zu tun, um die Realität der Quelle im Innern zu ermöglichen. Schon allein die Tatsache, dass, als der Herr Jesus in der Kraft eines vollendeten und vollkommenen Werkes in die Herrlichkeit erhöht wurde, der Heilige Geist spontan vom Himmel herab kam, ist der Beweis dafür, dass von Gott her nichts mehr zu tun blieb, um diese Freisetzung zu bewirken. Der Herr hatte für alles gesorgt. Andererseits ist ein solches spontanes Aufquellen und Ausfließen der Wasser des Geistes dennoch nicht so allgemein bekannt unter Christen wie es sein sollte. Wir haben die Absicht, eine Erklärung für diese Begrenzung zu suchen.

Der Brunnen ist da; für die Quelle ist gesorgt. Wenn wir an Christus geglaubt haben und wirklich zu ihm gehören, dann ist sein Geist als die Quelle im Inneren gegenwärtig. Daran kann es keinen Zweifel geben, wenn wir echte Gläubige sind. Doch haben wir vielleicht einen durchnässten Fleck gesehen mit allen Anzeichen von Wasser, aber ohne Frische und ohne Strömung, und haben entdeckt, dass, obwohl eine Quelle existiert, ihr Wasser durch irgend einen Stein oder ein anderes Hindernis in seinem Fluss aufgehalten wurde. Das kann im menschlichen Leben geschehen. Die Quelle das Geistes mag vorhanden sein, doch liegen verschiedene Behinderungen schwer auf ihr und verhindern den Ausfluss mit einem deutlichen Verlauf.

Abraham wurde bekannt für die Brunnen, die er grub. Er war ein Mann des Glaubens, und der Glaube gräbt immer Brunnen. Die Philister jedoch verstopften sie wieder mit Müll, nachdem er gestorben war, so dass Isaak, sein Sohn, sie wieder freilegen musste. Isaak spricht von der Kraft eines auferstandenen Lebens in Verbindung mit dem Himmel, und das liefert uns einen klaren Hinweis auf die Bedeutung der geöffneten Brunnen. Der alttestamentliche Typus findet seine Erfüllung im Herrn Jesus, dem, der größer ist als Isaak, der in der Kraft seiner Auferstehung, Erhöhung und des himmlischen Lebens aufs Neue jene Quellen des Geistes geöffnet hat, die durch viele Dinge verstopft und erstickt worden waren, welche dem Willen Gottes widersprachen. Die Quellen sind in seiner Auferstehung wieder eröffnet worden. Der Geist wird nun frei mitgeteilt. Doch wir müssen dafür sorgen, dass keine Hindernisse geduldet werden, die den Fluss hindern. Vielleicht wird es uns helfen, genau das zu tun, wenn wir ein paar der Hindernisse betrachten, die beseitigt werden müssen, wenn die Quelle im Innern freigelegt und dem Wasser erlaubt werden soll, frei zu fließen.

Hindernisse im Bereich des Verstandes

Zuerst gibt es Hindernisse im Bereich des Verstandes. Es wurde uns gesagt, dass der Mensch völlig unfähig ist, mit den geistlichen und himmlischen Dingen Gottes klar zu kommen. Aus diesem Grunde hat Gott den Heiligen Geist als den Geist der Wahrheit, der Offenbarung und der geistlichen Erkenntnis zur Verfügung gestellt. So müssen offensichtlich Hindernisse für den freien Fluss des Geistes auftreten, wenn wir versuchen, die Dinge von uns aus verstandesmäßig zu begreifen, statt auf die vom Geist inspirierten Schriften zu achten. Wenn wir versuchen, die Dinge von uns aus durchzudenken, dann werden wir in alle möglichen Probleme und Fragen verstrickt. Es wird uns speziell gesagt: «dass der natürliche Mensch die Dinge des Geistes nicht aufnehmen kann... er kann sie nicht erkennen, weil sie geistlich beurteilt werden müssen» (1. Kor. 2,14), eine Tatsache, die von den Christen selbst, aber auch von der Welt um uns herum akzeptiert und zur Kenntnis genommen werden muss. Es werden immer wieder Momente der Krise und Erfahrungen der Perplexität und der scheinbaren Widersprüche auftauchen, auf die die einzige Antwort lautet, dass wir Gott vertrauen müssen. Wenn wir uns entschließen, die Sache mit dem Verstand zu lösen, oder wenn wir uns an andere Menschen für Erklärungen wenden, werden wir die Wege Gottes nie verstehen. Sein Wort ist unsere einzige Quelle des Lichts. Es wird zuweilen hart sein, zu verstehen. Vielleicht wird es sogar schwierig oder sogar unmöglich sein, etwas zu erklären. Doch wenn wir ihre Botschaft beachten, werden wir befreit vom törichten Argumentieren der Menschen, und wir werden eine ganze Ladung Müll weggehoben haben, welche die Quelle im Innern blockiert hatte.

Das sind Dinge, die sich einer Analyse oder einem Argument entziehen, denn die Wege Gottes sind unergründlich. Der wahre Test besteht darin, ob wir Gott vertrauen, wenn wir seine Wege nicht ergründen können; ob wir bewusst und positiv eine Position des glaubensvollen Vertrauens in seine Treue einnehmen. Selbst das wird uns nicht unbedingt eine Antwort verschaffen, die unseren Verstand befriedigt und alle unsere intellektuellen Probleme einbezieht, aber es wird uns jenen gesegneten Frieden vermitteln, der denen verheißen ist, deren Sinn auf den Herrn gerichtet ist. Das ist genau das Gegenteil vom Sinn des Mannes, der sich auf sich selbst und seine Schwierigkeit konzentriert. «Du wirst den in vollkommenem Frieden bewahren, dessen Sinn auf dir ruht; denn er vertraut auf dich» (Jes. 26,3 – engl. Übersetzung). Es heißt nicht, sein Herz werde im Frieden sein, weil er die Antworten auf alle Fragen kennt. Nein! Die grundlegende Sache ist eine Glaubenseinstellung gegenüber Gottes Treue. So zu handeln bedeutet, einen großen Stein zu beseitigen, und ich wage zu sagen, dass es den Weg für eine neue Freude, einen neuen Friede und eine neue Kraft freimachen wird. Der Heilige Geist war innerlich gestaut, blockiert, gehindert, aufgehalten durch unaufhörliches Räsonnieren des natürlichen Verstandes. Er wird aber freigesetzt durch die schlichte Ausübung des Glaubens, der sich vom Wort Gottes nährt und auf seine Treue vertraut.

Hindernisse im Bereich des Herzens

Es gibt noch einen anderen möglichen Bereich von Hindernissen für das Aufquellen des Geistes, und das ist der Bereich des Herzens. Der Heilige Geist ist auch der Geist der Liebe. Wenn gegenüber dem Herrn Kälte herrscht, ein Mangel an wahrer Hingabe an ihn, dann ist das wie ein schwerer Stein, der das Leben eher einem Sumpf als einer frischen Quelle ähnlich macht. Jede Reserve, die wir haben, nicht den Willen Gottes zu kennen, sondern ihn zu tun, wird unweigerlich den Fluss der Kraft des Geistes eindämmen. Es ist stets das Werk des Feindes Gottes, unser Leben zu hemmen, indem er bei uns eine Liebe zu uns selbst oder zu der Welt einsickern lässt, es eine harte Entschlossenheit ist nötig, den angesammelten Müll zu beseitigen und den Brunnen in Reinheit der Hingabe an Christus aufs neue auszugraben.

Es kann aber auch sehr wohl sein, dass die Hindernisse von einem Mangel an Liebe zu unseren Mitgläubigen herrühren. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Heilige Geist nie einen freien Fluss in und durch uns hat, wenn wir lieblose Gedanken gegenüber andern Gotteskindern hegen, ganz zu schweigen, dass wir solche Gedanken in die Tat umsetzen. Er ist der Geist der Gemeinschaft, so dass wir, wenn wir auf diesem Gebiet versagen, wir in der Angelegenheit der Liebe versagen. Es ist so leicht, zuzulassen, dass unwürdige Überlegungen unsere brüderliche Liebe ersticken, durch innere Ressentiments gehemmt zu werden oder auf falsche Weise durch unsere Empfindlichkeiten oder verletzten Gefühle beeinflusst zu werden. Und mehr noch, wir finden es die leichteste Sache von der Welt, unfreundliche Dinge über andere zu sagen oder zu hören, Dinge, die sie in ein schlechtes Licht rücken und uns irgendwie das Gefühl der Selbstgerechtigkeit vermitteln. Wir dürfen solche nicht als unwichtig abtun, denn obwohl sie an sich sehr klein scheinen mögen, werden sie doch zu Ablagerungen, die sich vereinigen, um die Quelle des Geistes in uns zu hemmen.

Diese Angelegenheit der persönlichen Beziehungen ist etwas, worin wir uns entschieden engagieren müssen, um den irdischen Sinn wegzuschaufeln, der die Quelle des Geistes verstopft. Wir müssen uns weigern, von jenen kritischen Berichten über andere Gläubige zu reden und darauf zu hören, welche sie nur verletzen würden, wenn sie sie hörten, und sie verletzen auch den Heiligen Geist, der stets gegenwärtig ist und immer hört. Mehr als das, wir sollten aktiv sein im positiven Kultivieren von Gemeinschaft. Für einige ist es völlig natürlich, unabhängig zu sein. Sich auf andere einzustellen bedeutet für sie bereits eine Hauptschwierigkeit. Manchmal mögen sie bewusst andere ignorieren oder verachten, doch manchmal bevorzugen sie es einfach, die Sache allein zu tun, und sie denken nie ernsthaft an Beziehungen unter einander und an das Abhängigsein von einander.

Das Wort Gottes jedoch drückt sich sehr deutlich aus, wenn es uns auffordert, uns gegenseitig zu achten, uns einander zu unterordnen und mit einander zu leben und zu arbeiten. Der Heilige Geist verlangt, dass das Volk Gottes in einer teammäßigen Ordnung lebt, dass es von einem familiären Geist beherrscht werden sollte. Alles, was von einer isolierten oder abgesonderten Natur ist, was es versäumt, den Familiengedanken Gottes anzuerkennen oder völlig zu akzeptieren, stellt ihn in Frage. Wenn es uns nicht gelingt, Gemeinschaft zu pflegen, dann dämpfen wir den Geist. Es ist nicht nur eine Frage, dass wir irgend einen Anstoß vermeiden, sondern dass wir aktiv Gemeinschaft pflegen. Vielleicht fragen sich einige, warum so wenig von der inneren Quelle in ihnen aufquillt, wenn sie sich in einer falschen Haltung von Bescheidenheit zurücklehnen und es versäumen, ihren eigenen persönlichen Beitrag zum Gemeinschaftsleben und zum Dienst zu leisten. Unfreundlichkeit ist nicht das einzige Hindernis auf diesem Gebiet. Schüchternheit und mangelndes Selbstvertrauen können ebenso wie ein Stein auf dem Fluss des Geistes lasten. Das einzige, was wir tun können, ist, es aufzugraben und zu beseitigen. Gebt euch hinein, gebt euch ohne zu Zögern hinein, und lasst euch selbst los! Wählt nicht immer den Rücksitz, weil ihr lieber allein gelassen werden möchtet, sondern tretet im Namen des Herrn vor und gebt dem Heiligen Geist einen freien Lauf in eurem Leben. Er ist sehr wohl imstande, euch zu stellen, wenn ihr zu selbstsicher werdet, doch kann er sehr wenig tun, wenn eure Quelle durch Furcht und Hemmungen verstopft ist.

Hindernisse im Bereich des täglichen Lebens

Es gibt noch ein weiteres Lebensgebiet, in dem sich dieses hindernde Werk finden lässt, und das bedeutet, dass der Fluss des Geistes durch unkonsequentes Verhalten im täglichen Leben beeinträchtigt werden kann. Die Frage, der wir uns ständig gegenüber sehen, ist, ob wir wirklich den freien Fluss der Quelle im Innern kennen wollen oder nicht. Möchten wir das Aufquellen des lebendigen Wassers, von dem der Herr Jesus sprach? Möchten wir, dass, wie Er verheißen hat, Ströme lebendigen Wassers aus unserem inneren Leben hervorströmen? Wenn ja, dann müssen wir immer ernsthaft auf alles achten, das uns zur Blockade werden kann. Jeder Ungehorsam, ja, jede Reserve gegenüber dem Gehorsam unsererseits wird mit Sicherheit den Fluss von Gottes Seite her hindern, es wird als Abschreckungsmittel für den Heiligen Geist in unserem Leben dienen. Wir können nie das Aufquellen des Brunnens und das Fließen des Stromes kennen lernen, wenn wir an irgend einem Punkt, wo Gott seinen Willen geoffenbart hat, in der Frage des Gehorsams versagen.

Diese Quelle wird durch Ungehorsam dem bekannten Willen Gottes gegenüber verstopft. Sie wird auch durch inkonsequentes Verhalten in unserem Wandel erstickt und blockiert. Der Herr möchte mehr als nur mentale Zustimmung zu seinem Wort; Er erwartet, dass es im praktischen Leben verwirklicht wird. Er will wissen, wie wir unsere Zeit verbringen, wie wir unsere finanziellen Dinge handhaben, wie wir uns allein und vor andern verhalten. Er beobachtet uns zu Hause und bei der Arbeit, aber auch bei unseren Aktivitäten in der Gemeinschaft; stets hält er Ausschau nach einem Wandel, der des Evangeliums würdig ist, an das wir glauben und das wir predigen. Es ist nicht so, dass er möchte, dass wir ein sehr enges Leben führen. Weit davon entfernt! Der Geist ist gekommen, um uns Bereicherung und Erfüllung zu bringen! Gottes Gebot an uns jedoch ist, dass wir den Geist nicht dämpfen und ihn nicht betrüben sollen; mit andern Worten, dass wir nicht zulassen, dass irgendwelche Felsblöcke, Steine oder Müll sich ansammelt und das Aufquellen des Brunnens verhindern. Wir müssen auf den praktischen Ausdruck unseres täglichen Lebens achten und so einen Sumpf des Unter-drückens verhindern, wenn doch Gott für eine Quelle gesorgt hat, die ins ewige Leben quillt.


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