Austin-Sparks.net

Das Christentum - ein Prozess der Verwandlung

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Jul-Aug 1969, Vol. 47-4. Originaltitel: "Christianity - A Process of Transformation". (Übersetzt von Manfred Haller)

Schriftlesung: 1. Korinther 2.

«Wir werden verwandelt in dasselbe Bild»
(das heißt: «Wir gehen von einer Gestalt zu einer andern»)
(2. Korinther 3,18).

Während ich unter vielen Christen in vielen Teilen der Welt umhergereist bin, hat sich ein wachsender Eindruck bei mir immer stärker festgesetzt. Angesichts eines großen Maßes an Konfusion unter Christen und vieler Komplikationen in der Christenheit ist das Gefühl immer stärker geworden, dass die Christen es wirklich nötig hätten, zu wissen, was das Christentum ist, und das zu kennen, worin sie sich als Christen befinden. Das klingt vielleicht ziemlich drastisch, doch bin ich ganz sicher, dass ein großer Teil der Schwierigkeit - und ich glaube, alle stimmen damit überein, dass es im Christentum allgemein eine ganz große Menge von Schwierigkeiten gibt - dem Unvermögen zuzuschreiben ist, zu verstehen, was das Christentum eigentlich ist. Es mag seltsam erscheinen, dass ich so zu euch, die meisten von euch erfahrene und reife Christen, über die wahre Natur des Christentums sprechen sollte. Nun, wenn ihr das Gefühl habt, das sei anmaßend und schwerlich gefragt, dann habt Geduld, denn ich denke, wir werden nicht sehr weit kommen, bis ihr dasselbe empfindet wie ich: dass wir, obwohl wir eine schöne Menge über das Christentum wissen, wie es im Neuen Testament gelehrt wird, uns sehr oft in Schwierigkeit befinden, aus dem einfachen (oder profunden) Grund, dass wir das, worin wir sind, gar noch nicht richtig begriffen haben. So oft, wenn wir über eine bestimmte Situation betrübt und darüber verwirrt sind, dass es so hatte kommen müssen, habe ich gefunden, dass es genau das ist, was das Wort sagt, dass es geschehen würde.

Darf ich euch sagen (und ich bin sicher, dass ihr mir nach einem Augenblick des Überlegens zustimmen werdet), dass der größere Teil des Neuen Testaments, womit ich all die Briefe meine, die den größten Anteil des Neuen Testamentes ausmachen, sich ganz mit dieser einen Sache befasst: die Christen dazu zu bringen, dass sie verstehen, was das Christentum ist. Wenn das stimmt, und all diese Briefe WURDEN an Christen geschrieben, müssen wir daraus schließen, dass selbst die neutestamentlichen Christen es nötig hatten, dass man ihnen das Christentum erklärte, und dass schon damals die Notwendigkeit bestand, die wahre Natur dessen zu definieren, worein sie gekommen waren.

Beginnen wir mit dem Brief an die Römer. War der für Christen nötig? Er wurde an Christen geschrieben, aber wozu wurde er geschrieben? Um sie in Sachen des Christentums zu korrigieren! Offensichtlich waren sich diese Leute über ihre Position nicht im Klaren, welche Bedeutung das, worein sie durch den Glauben an Jesus Christus gekommen waren, in ihrem Leben und in ihrem Herzen hatte.

Dann geht, wie wir das gleich tun werden, weiter zu den Briefen an die Korinther, und was sind sie? Angesichts eines Hintergrundes von echtem Durcheinander und echtem Widerspruch in Korinth, wurden diese Briefe im Grunde geschrieben, um den Christen das Verständnis dafür beizubringen, was das Christentum eigentlich ist. Und so, immer weiter durch das ganze Neue Testament, ist dies der Gegenstand: Wir und alle, die an den Herrn Jesus glauben, sollten ein wirkliches Verständnis dafür haben, was es ist, was der Name bedeutet, den wir tragen, was die Bedeutung dessen ist, was wir glauben und in was wir durch die Gnade Gottes gekommen sind. Wir können alles mit dieser einen Feststellung zusammenfassen: Das ganze Christenleben ist eine Erziehung für das, was das Christentum ist. Trifft das zu? Steht ihr nicht manchmal einer Situation, einer Schwierigkeit, einer Prüfung, gewissen Schwierigkeiten, einer gewissen Verwirrung, einer Erfahrung gegenüber und sagt: «Was bedeutet das alles? Ich bin ein Christ. Ich habe meinen Glauben und mein Vertrauen in den Herrn Jesus gesetzt. Ich bin sein, aber dennoch verstehe ich nicht, was das alles bedeutet. Warum diese Erfahrung? Warum gehe ich diesen Weg? Warum ist mir dies passiert? Warum ist mein Leben so, wie es ist? all diese vielen Dinge sind so voller Geheimnisse und Verwirrung. Wo bin ich da bloß hinein geraten? Ist dies das Christentum? Ist es wirklich das, was ich zu erwarten und zu akzeptieren habe? Wenn ja, dann benötige ich Verständnis und Erleuchtung, und ich brauch als Christ Hilfe, denn diese Sache ist mir vollständig zu hoch».

Nun, das ist das Umfeld - aber stimmt das? Sollte es jemanden geben, der noch nie in diese Lage gekommen ist, der noch nie einen Augenblick wie diesen erlebt hat, und dessen Weg bisher so nett und sanft gewesen ist, alles so richtig und korrekt und ohne jede Schwierigkeit, dann seid ihr entschuldigt, wenn ihr nicht weiterlest, denn dann habe ich euch nichts zu sagen.

Nun gut, auf welchen Punkt richten sich diese Worte in 2. Korinther 3,18 aus? «Wir werden verwandelt...» - dabei wird die aktive Gegenwartsform verwendet: «Wir werden jetzt gerade verwandelt»; «wir befinden uns im Prozess des Verwandeltwerdens, indem wir von einer Form zur andern wechseln». In einem gewissen Sinne berührt dieses Fragment, dieser in die wenigen Worte kondensierte Vers, das Herz des ganzen Neuen Testamentes und erklärt alles.

Nachdem wir das gesagt haben, kehren wir zum 2. Kapitel des 1. Korinterbriefes zurück. Dieser Brief (wie tatsächlich alle Briefe, wobei dieser ein sehr gutes Beispiel dafür ist) ist um zwei sich entgegenstehende Worte aufgebaut, und sie befinden sich in diesem 2. Kapitel. Diese zwei einander kontrastierenden Wörter beschreiben zwei verschiedene Arten von Menschheit, zwei unterschiedliche Menschentypen, und zwischen diesen beiden ist, fest und quer zu ihnen, das Kreuz aufgerichtet. Betrachtet dieses Kapitel nochmals im Licht dieser letzten Feststellung! «Als ich zu euch kam, war ich ENTSCHLOSSEN, nichts unter EUCH zu wissen als Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt», und alles, was nachher kommt, beruht auf der Unterscheidung zwischen diesen beiden Typen, die das Kreuz trennt, und sagt: «Dies gehört zu einer bestimmten Kategorie von menschlichen Wesen, und das gehört zu einer anderen Kategorie». Es besteht eine Kluft zwischen diesen beiden durch das Kreuz des Herrn Jesus Christus, das die beiden trennt sie zu zwei verschiedenen Arten von Menschen erklärt. Diese Wahrheit zieht sich durch den ganzen Brief hindurch. Lest ihn mit diesem Gedanken in eurem Sinn durch. Der Apostel spricht hier über ein Fundament und ein Gebäude. Er sagt: «Jeder möge zusehen, wie er darauf baut. Denn ein anderes Fundament kann niemand legen außer dem, das gelegt ist, nämlich Jesus Christus», und dann treibt er den Keil des Kreuzes mitten in die Überstruktur und redet von einer Art des Werkes oder von Werken, die das Produkt von einem Typus von Mensch ist, und von einer andern Art des Werkes oder von Werken, die das Produkt einer andern Art ist. Die erste wird in Flammen aufgehen und wird in der Ewigkeit nicht gefunden werden. Sie ist für immer verschwunden. Die zweite wird bleiben. Sie wird das Feuer des Gerichts und den Test der Zeit überdauern und wird sich in der letztendlichen Struktur oder im Bauwerk Gottes wieder finden.

Seht ihr, Paulus wendet dieses Prinzip der Trennung zwischen zwei Arten von christlichen Leuten an, und auf die zwei Arten von Werken oder Früchten, die aus jedem entsprechend hervorgehen, und auf das Bauwerk; von diesen sagt er, darüber, was ihren ewigen Wert angeht, bestimme, wer es produziert, welche Art von Mensch oder welcher Menschentyp sie produziert. Welche von beiden produziert dieses Bauwerk? Denkt darüber nach! Das sind keine Nicht-Christen. Was für eine immense Menge wird doch auf Christus gebaut, das letztlich in Rauch aufgehen wird! Das Werk jedes Menschen wird durchs Feuer auf die Probe gestellt, und sein wahrer Wert und seine Beständigkeit wird dadurch bestimmt und ist davon abhängig, woher es stammt, das heißt, von welcher der beiden Arten von Menschheit.

Nun fragt ihr euch sicher, welche beiden Worte es sind, welche die beiden Menschentypen definieren. Lest das Kapitel: «der natürliche Mensch... der geistliche». Da sind die beiden Wörter: Die natürlichen und die geistlichen CHRISTEN. Es sind nicht unbekehrte Leute, keine Nicht-Christen. Ist es denn notwendig, dass ich all die Detail einsetzen muss, um zu bestätigen und zu ratifizieren, was ich sage? Darf ich euch daran erinnern, dass der Apostel Paulus zwei ganze Jahre mit diesen Leuten in Korinth verbracht hat! Ich weiß nicht, was ihr denkt, aber wenn der Apostel Paulus bei euch zwei ganze Jahre lang ein und aus gegangen wäre, ihr hättet wohl auch genügend Grund, nachdenklich zu werden! Er WAR dort unter ihnen für zwei volle Jahre, er ging ein und aus, er lehrte sie möglicherweise jeden Tag, und dann zog er fünf Jahre weg. Dann hörte er Dinge, die ihm vom Haushalt der Chloe berichtet wurden. Ich wünschte, jeder würde tun, was der Apostel tat! Er akzeptierte den Bericht nicht, ohne Nachforschungen anzustellen. Er empfing den Bericht, und sogleich schickte er einen verlässlichen Sendboten, um Nachforschungen anzustellen, um entweder herauszufinden, dass nichts an der Sache war, oder dass sie eben zutraf. Der Bote ging hin und kehrte zurück, und er bestätigte: «Es stimmt alles, und die Zustände sind sogar schlimmer als der Bericht». Die Abweichung von fünf Jahren!

Vielleicht seid ihr dadurch entsetzt und schockiert, und ihr sagt: «Wie kann das sein?». Nun, denkt an die Botschaften an die selben Gemeinden in Asien in der Offenbarung, und wie all diese Gemeinden begannen. Es geschahen wunderbare Dinge in jenen Gemeinden am Anfang. Lest nur die Geschichte von den Anfängen der Gemeinde in Ephesus, und was für eine Geschichte ist das doch! Diese Leute gingen klar aus solch gewaltigen Gegnerschaften und Feindschaften hervor; sie brachten alle ihre Zauberbücher, deren geschätzter Preis angegeben wird (und das ist nach menschlichen Wertbegriffen eine ungeheure Summe!), stapelten sie auf offener Straße, vielleicht war es auch die Marktzone oder sonst ein offener Platz, und setzten sie in Brand! Das ist eine tiefgreifende Trennung! Wo aber befindet sich diese Gemeinde in der Offenbarung? «Du hast die erste Liebe verlassen. Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße» (Offenb. 2,4-5). Was mag geschehen sein? Nun, ich merke dies an, um zumindest die Möglichkeit einer Abweichung zu betonen. Warum dieser Niedergang in Korinth, warum in Ephesus, und warum in den andern Gemeinden? Geht zurück zu den beiden Menschen, zu den zwei Menschen anstatt dem einen, zu den beiden Menschen anstatt zu jedem Einzelnen. Es geht nicht um die Teilung einer Gemeinschaft in diese oder jene Kategorie, sondern um die beiden in einer einzigen Person. Ihr wisst ja, dass wir alle, wenn wir dem Herrn angehören, in einem bestimmten Maß natürlich und geistlich sind. Könnt ihr dem zustimmen? Es geht nicht um die Frage, ob wir ganz vollkommen sind und ob es nichts Natürliches mehr in uns gibt. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt, um den es geht, ist der: Wer herrscht und regiert? Welcher von beiden, der natürliche oder der geistliche. Hier in Korinth, wie wir es durch diesen Brief sehen, besitzt der natürliche Mensch die Kontrolle sowohl in den Männern als auch Frauen, und er hatte die Überlegenheit über den geistlichen Menschen gewonnen.

Die beiden Worte also sind «natürlich» - und ihr habt nicht nötig, dass ich euch noch sagen muss, dass das griechische Wort «seelisch» lautet - und «geistlich»; der Mensch der Seele und der Mensch des Geistes befinden sich immer in Konflikt. Wer wird die Oberhand, die Meisterschaft, in jedem von uns gewinnen? Die beiden stecken in jeder Person.

Intellektualismus

Nun, was ist mit dieser natürlichen Kategorie, mit dieser natürlichen Art? Nehmt euch den Brief noch einmal vor. Zuerst einmal ist sie die Vorherrschaft, die Überlegenheit, die Kontrolle des Intellektualismus, der Weisheit dieser Welt. Das ist es, was als Teil des Problems in Korinth gekennzeichnet und unterstrichen wird; die Kontrolle des Intellektualismus, die natürliche Vernunft, der natürliche Sinn, die Vorstellung, dass ihr die Lebensprobleme auf intellektuelle Weise lösen könnt. Wollt ihr mir etwa sagen, das sei heute keine Gefahr für das Christentum? Oh, es ist überall! Es schreit euch aus der religiösen Presse entgegen. Vielleicht lest ihr nicht allzu viel davon, aber meine Aufgabe ist es, mich vertraut zu machen mit dem, was in der christlichen theologischen Welt geschieht, und ich sage euch, Freunde, dass, wenn ich gewisse theologische Magazine lese, ich darin nur TOD finde. Sie wirkend ermüdend auf den Geist. All diese schrecklichen Anstrengungen, die Probleme des Christentums durch den menschlichen Intellekt lösen zu wollen; die Forschungen, Argumente, Diskussionen und Debatten, Dissertationen etc.; ein philosophisches Christentum, das versucht, geistliche Probleme zu lösen; was für ein Überdruss ist das! Manchmal muss ich diese Papiere weglegen! Ich kann sie nicht zu Ende lesen, denn sie sind so tot, so äußerst leblos! Und diese Art von Dingen findet ihr überall. Es herrscht die Vorstellung, dass wenn ihr mit einem klugen Kopf zu unseren Lehrstühlen und gelehrten Seminare geht, und wenn ihr imstande seid, ein überzeugendes Argument vorzubringen, ihr dann hinausziehen könnt, um Seelen zu retten. Es hat nie einen größeren Trugschluss gegeben!

Dieser Brief an die Korinther sagt genau das. Lest dieses 2. Kapitel noch einmal, und ihr könnt feststellen, dass Paulus das sagt. Paulus war ein gebildeter Mann, und zwar so sehr, dass während zweitausend Jahren die besten Gelehrten feststellen mussten, dass er sie besiegt hat, und sie meistern ihn auch heute noch nicht. Kommt zu den religiösen Buchhandlungen und seht euch bei den Regalen der Auslegung des Neuen Testamentes um, und ihr werdet merken, dass Paulus das Feld beherrscht. Ich habe von einem der führenden Theologieprofessoren an den Universitäten ein Buch bekommen, das den Titel trug: EIN PORTRÄT VON PETRUS. Ich öffnete das Buch und stellte fest, dass die ersten paar Seiten sich vollständig mit Paulus beschäftigten! Er kam nicht zu Petrus durch, weil Paulus im Weg stand, und das Ergebnis seines Versuchs war: «Nun, Petrus war ein großartiger Mann, doch Paulus war um sehr viel größer!» Ja, dieser Mann, Paulus, war ein gebildeter Mann, ein intellektueller Mann, ein gelehrter Mann. In dieser Beziehung könnt ihr Paulus keinesfalls in Misskredit ziehen, denn er wird euch auf diesem Gebiet jedesmal schlagen - doch hört zu! «Ihr Korinther, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit Vortrefflichkeit der Rede oder der Weisheit, sondern mit Furcht und mit vielem Zittern. Ich hatte mir vorgenommen, dass ich unter euch intellektuellen Korinthern nichts anderes wissen wollte als Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt». Was war Paulus‘ Schlussfolgerung? Es nützt gar nichts, wie viel ich auch von den Schulen mitbekommen habe, was immer ich weiß, wie sehr ich auch imstande sein Mag, mit den Korinthern oder den Athenern auf dem Marshügel zu argumentieren, ich werde auf diese Weise hinsichtlich einer geistlichen Situation wie dieser nichts ausrichten. Ich habe mich diesbezüglich entschieden». Es ist Teil des natürlichen Menschen, zu glauben, dass man imstande sein könne, etwas durch intellektuellen, gelehrten, wissenschaftlichen Scharfsinn zu bauen. Tatsache ist, dass, was der Intellekt aufbauen kann, er auch wieder abreißen kann.

Kraftmeierei

Dann seht euch das vorherrschende Wort «Kraft» an. Ihr findet es auch in diesem Kapitel: Weisheit ... Kraft; und in Korinth wurde die natürliche Kraft, die Fähigkeit, etwas durch natürliche Stärke zu besiegen, geradezu angebetet. Ihr könnt es «Powerismus» nennen, denn es handelt sich da um einen «-ismus». Macht Druck durch eure überlegene Stärke, auferlegt den Leuten etwas Starkes, Machtvolles, und ihr werdet gewinnen. Seid nur stark genug, und ihr könnt alle Probleme lösen und alle Situationen ändern. Kraftmeierei ist die Vorstellung des natürlichen Menschen, wie etwas geschehen soll.

Gefühlsseligkeit

Dann hat aber auch die Gefühlsseligkeit einen großen Platz bei diesen Korinthern. Einzufangen, gefangen zu nehmen und zu meistern und euer Ziel durch die Kraft des Gefühls zu erreichen, indem ihr die Gefühle der Leute anstachelt, auf ihnen spielt, auf sie einwirkt, bis sie beinahe hysterisch reagieren. Wenn ihr das gut und gründlich tut, werdet ihr einige Christen gewinnen! Der Apostel sagt: «Absolut nicht». Es ist offensichtlich, dass diese Korinther sehr emotionale Leute waren.

Torheit

Was stellt der Apostel diesen drei Aspekten des natürlichen Menschen gegenüber? Der Weisheit setzt er «Torheit» entgegen. Im ersten Kapitel spricht er von der «Torheit der Predigt». Ihr stellt fest, dass beim Apostel Paulus die «Torheit» eine große Sache war! «Wir sind Narren um Christi willen» (1. Kor. 4,10). Was meinte er damit? Nun, er meinte sicher nicht: «Seid Einfaltspinsel», was wir automatisch annehmen, dass töricht sein bedeute. Was Paulus mit Torheit meinte, war die Verneinung, dass der Intellektualismus Gott finden könne. «Die Fürsten dieser Welt und die Weisheit dieser Welt haben Gott nicht gefunden», sagte Paulus, «und sie konnten ihn auch nicht finden. Sie konnten überhaupt nichts finden, das irgend etwas mit Gott zu tun hatte». «Der natürliche Mensch nimmt die Dinge nicht an, die von Gott stammen; denn sie sind für ihn Torheit, und er kann sie nicht kennen». Torheit ist die Verneinung, dass alle Weisheit und alle Philosophie der Griechen dort in Korinth, wo sie sich dieser Dinge so sehr rühmten, die Barriere durchbrechen und zu Gott durchdringen könnten; und dass all diese Kraft des Verstandes und des Willens, auf irgend eine Weise projiziert und bestätigt, gegen die Barriere aufkommen werde und nicht durchkomme, Gott nicht finden werde, noch die Dinge Gottes. Es wird alles als Torheit abgeschrieben, wenn die Suche nach Gott entlang dieser Linie erfolgt. Wie töricht ist das doch! Und Paulus gibt ein wunderbares, fast verblüffendes Beispiel dafür: «Gottes Weisheit... die keiner der Fürsten dieser Welt kennt; denn hätten sie sie erkannt, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt». Eine solche Weisheit macht nicht viel Sinn, nicht wahr? Es liegt darin nicht viel Logik oder Philosophie!

So stellt Paulus, was er «Torheit» nennt, ihrer Weisheit gegenüber, und meint damit eine positive Verneinung, die durch das Kreuz des Herrn Jesus registriert wird, dass bloßer Intellektualismus Gott und die Dinge Gottes finden könne. Er kann es nicht, der natürliche Mensch ist dazu nicht imstande!

Schwachheit

Im Gegensatz zur Kraftprotzerei dieser Mentalität des natürlichen Menschen schwelgt der Apostel fast in der Benutzung des Wortes «Schwachheit». Er sagt, dass sogar Christus durch Schwachheit gekreuzigt wurde, und er redete stets über, und rühmte sich seiner, Schwachheit. Was meint er damit? Die Verneinung, dass diese Art menschlicher Kraft, menschlicher Bestimmtheit irgend etwas in der geistlichen Welt vollbringen könne. Was für ein Bauwerk reißen wir damit nieder!

Wie ihr wisst, war dies von Anfang an der Test des Menschen. Bedeutete es nicht für Abraham einen Test, selbst das loszulassen, was Gott ihm in Isaak geschenkt hatte? Der Test für das echte geistliche Wesen dieses Mannes war die Fähigkeit, loszulassen. Traf das auch auf Jakob zu? War er nicht ein zäher Bursche, ein Mann der Bestimmtheit, ein Mann, der um jeden Preis das bekam, was er wollte, auch auf Kosten der Annehmlichkeit und des Wohlbefindens anderer? War es nicht das, worum es in Pniel oder am Jabbok ging? «Ich lasse dich nicht!» Das ist Jakob! Er war sein ganzes Leben lang so gewesen, hartnäckig an dem festhaltend, was er wollte, was er hatte oder was er haben wollte. Doch der Finger Gottes rührte an sein Hüftgelenk, und danach könnt ihr feststellen, dass er sich duckender Mann war. Seht, wir er seinem Bruder Esau begegnete!

Ob ihr nun Abraham oder Jakob oder irgend einer der andern seid, die wir erwähnen könnten, ihr werdet mit Gott nicht durch eure eigene natürliche Entschlossenheit und Hartnäckigkeit zu Rande kommen. Eine der großen Lektionen des Christenlebens ist es, zu lernen, die Dinge für Gott loszulassen. Oh, all die Ermahnungen, stark zu sein im Herrn, auszuhalten, seine Sache als Mensch gut zu machen und stark zu sein, bedeutet nicht, dass dies mit der natürlichen Kraft bewerkstelligt werden soll. Es ist eine andere Art von Kraft, eine sehr andere Art, eine Kraft, die sich nur durch unsre Fähigkeit zeigt, andere Leute manchmal ihren Weg gehen zu lassen, um das zu bekommen, hinter dem sie her sind und uns dabei übergehen. Sie halten Dinge fest in ihrer Hand, im Griff, bleiben dabei zu unserem Nachteil, und unsere eigentliche Kraft liegt in unserer Schwachheit. Der Apostel Paulus hat dies in Worte gefasst. Lest das zweite Kapitel des Philipperbriefs: «Christus Jesus, der, obwohl er in der Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern entleerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an... und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz». Nun, hat es sich als das Richtige erwiesen? «Wir werden verwandelt...». Könnt ihr den Punkt jetzt sehen?

Gleichgewicht

Also, dem Intellektualismus gegenüber - Torheit; der Kraftmeierei gegenüber - Schwachheit; der Gefühlsseligkeit gegenüber - was? Die Verneinung, dass die Suche, das Begehren, die Sensationsmache euch dahin bringen wird. Denn ich glaube, dass dies das Wesen der korinthischen Lust war, ihr übermäßiges Verlangen, das Streben der Seele nach geistlichen Gaben. Es ist beeindruckend, dass zu den Korinthern, mehr als zu irgend einer anderen Gemeinde im Neuen Testament, so viel über geistliche Gaben gesagt wird. Diese Demonstrationen, diese Zurschaustellung, diese Dinge, die ihr sehen und deren ihr euch rühmen könnt, weil man sie sehen kann, entstammen alle dem Sensationalismus. Ich bin aufgrund dessen, was wir lesen, ziemlich sicher, dass, wenn ihr in jene Zusammenkünfte in Korinth gegangen wäret, ihr einiges an hysterischem Verhalten gesehen hättet, während sie diese geistlichen Gaben, wie SIE meinten, zur Grundlage und Natur ihrer Spiritualität machten - dabei waren sie eine der ungeistlichsten Gemeinden von allen. Also gegenüber Unausgewogenheit, Einseitigkeit in der christlichen Gemeinde besteht die Notwendigkeit des Gleichgewichts.

Beachtet ihr ein Charakteristikum dieser Christen, einen Defekt, der so klar und breit hier in diesem Brief beschrieben wird? Es herrscht ein Mangel an geistlichem Unterscheidungsvermögen, der geistlichen Wahrnehmung, der geistlichen Intuition, die uns warnt: «Geht gerade aus weiter! Lasst euch nicht entführen! Lasst euch nicht aus eurem Gleichgewicht gebracht werden! Diese Sache mag, an ihrem Ort und unter richtiger Kontrolle, ganz in Ordnung sein, aber seid seid vorsichtig! Es gibt in jeder geistlichen Gabe einen Fallstrick, und wenn ihr die GABE zur Hauptsache erklärt und nicht die geistliche Bedeutung der Gabe, dann wird diese Sache, die an sich völlig in Ordnung sein mag, euch in Schwierigkeiten bringen». Ich beziehe mich dabei auf ein schönes Stück Geschichte, wenn ich das sage. Möglicherweise eines der größten Probleme, mit dem einige von uns sich bei Leuten befassen mussten, war das Ergebnis dieser unausgewogenen Suche nach der Manifestation des sensationellen Aspekts des Christentums.

Nun, vielleicht sind einige von euch nicht imstande, all das zu verstehen, aber dies ist die Situation hier in Korinth, und ich sage dies nur, um zu zeigen, dass es diese zwei Ordnungen gibt, diese zweit Kategorien, die ich (unterschiedliche) Arten von Menschheit genannt habe, die ihren Wohnsitz in einer einzigen Hülle des menschlichen Körpers haben: Seele und Geist. Sie sind da, und der Apostel schreibt diesen selben Leuten - denn der zweite Brief ist nur die Fortsetzung des ersten - «Wir werden von einer in die andere Form verwandelt». Was geht hier vor? Worin besteht der Prozess des Geistes Gottes im Gläubigen? Was bedeutet das alles, dass der Herr zulässt, dass diese Disziplin, diese Widrigkeiten, diese Prüfungen, diese Leiden, diese Schwierigkeiten, diese «seltsamen Dinge» unseren Weg kreuzen? (um Petrus‘ Worte zu benutzen, denn es kommt uns seltsam vor, dass sie von Gott kommen oder von Gott zugelassen worden sein sollten)? Was bedeutet das alles? Es soll die Verwandlung herbei führen, die Transformation von einer Art in die andere, von einer Art von Menschheit in die andere. Es gibt etwas in jeder Prüfung, in jeder Widrigkeit, jedem Leiden, das unter der Souveränität Gottes, durch ihn dazu dienen soll, einen Unterschied in uns zu bewirken. «Wir werden verwandelt».

Es ist ganz gewiss nicht falsch, eine Seele zu haben! Sie ist DAS, was gerettet werden muss. Im Verlaufe dieser Errettung aber besteht die große Lektion darin, die Seele unter der Kontrolle des Geistes zu halten. Das ist es, was mit «geistlich sein» gemeint ist. Das bedeutet wirklich «ihr, die Geistlichen».


In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.