Die zentrale und universelle Stellung des Kreuzes
von T. Austin-Sparks

Kapitel 4

DAS KREUZ UND DIE WIEDERKUNFT DES HERRN

Dies ist so wenig eine Abhandlung über des zweite Kommen Christi, wie das vorausgehende Kapitel eine Abhandlung über den Heiligen Geist war. Unser spezifischer Gegenstand ist es, die Verbindung zwischen dem Kreuz und der Wiederkunft aufzuzeigen. Dies wird sich als der vierte und letzte Unterabschnitt unseres Diagramms herausstellen.

Genauso wie aus der Errettung, Heiligung, dem Heiligen Geist ein Thema für sich gemacht und diese so zu isolierten Lehrsätzen wurden, losgelöst aus ihrer Bezogenheit auf alles übrige, und deshalb abnormal und unausgeglichen wurden, so erging es auch der Lehre bezüglich des zweiten Kommens des Herrn. Lange Zeit blieb diese Frage abseits liegen und wurde entweder vernachlässigt oder sogar verworfen. Dann aber ereignete sich diesbezüglich eine echte Erweckung, und sie erlangte wiederum ihren Stellenwert. Doch, wie bei jedem Pendelausschlag, degenerierte sie zu einer Abnormalität, oder wurde zu einem eigenen Thema. Im ersten Fall wird konkreter Schaden angerichtet: im zweiten Fall wird kein Schaden angerichtet, aber es kommt auch nichts Gutes dabei heraus.

Einige von uns haben lange genug gelebt, um viele Wiederkunftstheorien überlebt zu haben - und zwar nicht von Spinnern, Extremisten oder Fanatikern (obwohl es auch solche gegeben hat), sondern von ehrlichen, hingegebenen, und sonst ausgeglichenen evangelikalen Führern. Wie sicher waren sie sich, dass der deutsche Kaiser der Antichrist sein müsse. Wie viel wurde doch von Studenten der biblischen Endzeitprophetie publiziert und gesagt, der Einzug Allenby's in Jerusalem sei das Ende des Zeitalters der Heidenvölker! Dann nahm Hitler den Platz in der langen Reihe von Antichristen ein. Ein wohlbekannter evangelikaler Führer reiste mit der ausdrücklichen Absicht nach Rom, Mussolini zu sagen, er sei derjenige, den Gott in der Endzeit eingesetzt habe, um das römische Weltreich gemäß der biblischen Prophetie wieder aufzurichten, und Mussolini übernahm diese Idee. Nun, was soll das alles?

Wir distanzieren uns damit nicht von den «Zeichen der Zeit», denn es gibt zweifellos solche, doch betonen wir, dass der geistliche Aspekt der Dinge viel sicherer und wichtiger ist als der zeitliche, so faszinierend der letztere auch sein mag. SATAN KANN EBENSO SEHR DURCH AUS DEM ZUSAMMENHANG GELÖSTE WAHRHEITEN IN DIE IRRE FÜHREN ALS DURCH HANDFESTEN IRRTUM.

Vor seinem Abschied, um für immer beim Herrn zu sein, schrieb mir ein lieber Freund und Diener Gottes, der die Prophetie zu seinem lebenslangen Studium gemacht hat und der als Schriftforscher sehr bekannt war, und teilte mir mit, er sei gezwungen worden, seinen ganzen Standpunkt und viele seiner Interpretationen in dieser Sache zu ändern. Das ist traurig, wenn nicht sogar tragisch! Wir müssen uns auf sehr sicherem und festen Grund befinden.

Die Wiederkunft des Herrn ist im Kreuz verwurzelt

und sie ist sowohl die letztgültige Auswirkung als auch das Ergebnis davon.

«Du kommst; an deinem Tisch
sind wir Zeugen davon».

Der Tisch, der seinen Tod darstellt, verbindet seinen Tod mit seiner Wiederkunft - «bis er kommt».

Es ist unnötig hier zu zeigen, dass das Kreuz die Basis dieser gesegneten Hoffnung ist, aber es könnte wichtig sein, aufzuzeigen, inwiefern das so ist. Der Grund dafür ist der, dass nicht viele über die Vorstellung hinausgelangt sind - eine Vorstellung, die nie gründlich durchdacht wurde - dass das zweite Kommen Christi einfach ein isoliertes Ereignis sei, oder ein Geschehen, weil es im Programmheft oder im Fahrplan von Dispensations-Bewegungen steht, einfach passieren wird. Wenn die Uhr zwölf schlägt, dann wird der Herr kommen. Nun, «in seiner eigenen Vollmacht» mag der Vater die Zeiten und Zeitpunkte bestimmt haben, aber wenn wir an diese Sache rühren, sehen wir uns einem jener unausforschlichen Wege Gottes gegenüber. Es gibt verschiedene davon in der Bibel. Den freien Willen mit der Prädestination zu versöhnen liegt allein in der Weisheit Gottes beschlossen, wir schaffen es nicht. In gleicher Weise übersteigt es bei weitem unser Verständnis, dass ein bestimmter Zustand, der im Willensbereich der Christen liegt, sich zeitgleich mit einem festen Zeitpunkt für die Wiederkunft des Herrn einstellen wird. Und dennoch gibt es keinen Zweifel darüber, dass in beiden oben erwähnten Fällen die Aussagen der Schrift diesbezüglich klar und nachdrücklich sind. Der Herr wird zu einem Zeitpunkt kommen, der ihm allein bekannt und von ihm festgelegt worden ist, doch andererseits wird die Wiederkunft ebenso sehr eine geistliche Frage sein als bloß eine chronologische.

Es ist gerade diese geistliche Seite der Wiederkunft, auf der die Gemeinde und ihre Lehrer so schwach sind. Genauso wie der Knecht Abrahams, der ausgesandt wurde, um für Isaak eine Braut zu werben, den Heiligen Geist vorausdarstellte, der gesandt wurde, um für Christus eine Braut zu suchen, so geht es auch hier um ein geistliches Hinschreiten ihrerseits ihm entgegen, und darum, dass der Heilige Geist diese Dinge aufzeigt. Rebekka machte nicht einen plötzlichen Sprung von Mesopotamien nach Kanaan. Es war eine lange, anstrengende und prüfungsreiche Reise, und eine, die eine große Glaubensanstrengung erforderte. Da war die ganze Frage des Zurücklassens von allem und jedem, dessen Wurzeln in diesem Lande waren. Da war die Frage des spontanen Vertrauens im Knecht selbst. Da gab es zweifellos mehr als einmal die Frage, ob denn das Ende auch gesichert war. Und da war auch der ständige Kampf gegen die Reaktionen, die sich aus der Mühseligkeit und der Länge des ungewohnten Weges ergaben. Doch all dies übte einen notwendigen Effekt aus auf diese erwählte Braut, um sie für ihre große Berufung tüchtig zu machen, und um die Begeisterung für deren Verwirklichung nur um so größer zu machen. Das ist im besten Falle ein armseliges Bild von der geistlichen Seite der Vollendung der Vereinigung mit Christus bei seinem Erscheinen.

Tatsache bleibt, dass wir uns genauso sehr auf ihn zu bewegen müssen als er auf uns zu. Der Bruch mit allem hier, der durchs Herz geht, das Verlassen dieser Welt in geistlicher Hinsicht! die Beschäftigung mit den Dingen Christi, das geduldige Ertragen und das Wachstum des Glaubens sind unerlässliche und untrennbare Faktoren bezüglich seines Kommens und unseres Weiterschreitens mit ihm.

Wir wollen die Unterschiede in den Meinungen bezüglich einer mir-nichts-dir-nichts-Entrückung von Christen stehen lassen, auch die Frage, ob die ganze Gemeinde beim Kommen Christi entrückt werden wird; es ist nicht nötig, in solchen Dingen Theorien oder Lehrsätze zu formulieren. Man kann eine Auswahlentrückung annehmen oder auch nicht, aber von einem kann sich niemand dispensieren, denn Gott hat hier keinen Raum für Theorien gelassen: Ein geistlicher Zustand der Trennung, der Beschäftigung und der Erwartung ist unweigerlich damit verbunden, ob wir bei seinem Erscheinen von ihm angenommen werden oder nicht.

In unserem Diagramm gibt es zwei blaue Linien, und die blaue Farbe steht für himmlisches Wesen. Israel musste in der Wüste am Saum ihrer Kleider ein blaues Kennzeichen tragen. Das sollte anzeigen, dass sie - in Gottes Vorstellung - ein himmlisches Volk waren. Sie gehörten ebenso wenig zur Wüste, wie sie noch zu Ägypten gehörten. Es war ein Ort, wo sie ihr himmlisches Wesen - das himmlische Leben, himmlische Ressourcen und himmlische Führung etc. - erkennen und unter Beweis stellen mussten, und es wies stets auf ein himmlisches Heimatland hin, das in Wirklichkeit ihnen gehörte. Doch der Jordan war der Weg, da dazu hinführte, der Ort, wo man überqueren musste. Und der Jordan repräsentiert für immer das Kreuz Christi. Genauso wie das Rote Meer das darstellte, was Gott für sie tat, so war der Jordan das Sinnbild für jenes Werk, das in ihnen vollendet wurde.

«Der Epheserbrief» ist das Gegenstück zu «Josua»; er spricht von den « himmlischen Regionen in Christus», doch der Heilige Geist nahm das, was chronologisch zuerst kommen sollte - «den Thessalonicherbrief» - und platzierte ihn nach dem Epheserbrief, als wollte er damit andeuten, dass die Wiederkunft des Herrn (das Hauptthema der Thessaionicherbriefe) das Ergebnis der Ankunft der Gemeinde in ihrer himmlischen Position ist.

Mehr werden wir darüber sagen, wenn wir uns mit der Gemeinde im nächsten Kapitel befassen, doch hier wollen wir die göttliche Offenbarung unterstreichen, dass das Kreuz uns von dieser Welt, von diesem Fleisch, von Satans Autorität trennt und uns Christus hinzufügt, uns auf eine himmlische Grundlage stellt und aus uns ein himmlisches Volk macht, und für solche Leute wird der Herr wiederkommen. Als David durch den Usurpator Absalom und seinem Anhang aus seiner Stellung vertrieben wurde, übte er erhabene Weisheit und Glauben aus, indem er Abjathar mit der Bundeslade in die Stadt zurück schickte. Das war sein Rückhalt dort. Es war das, was ihm stets einen Platz einräumen würde, selbst wenn er sonst zurückgewiesen werden sollte. Dahin würde er zurückkehren. Es war sein Rückhalt uns sein Magnet. Der Herr wird nicht einfach wie selbstverständlich zurückkehren. Er wird zu etwas und für etwas zurückkehren. Es ist eine Frage der Liebe. Er will für seine Braut zurückkehren, aber das muss gegenseitig sein. «Die, die sein Erscheinen liebgewonnen haben». So ist das Kreuz ebenso ein Bestandteil der Vollendung wie bei der Initiation, und durch sein Operieren im Leben der Gläubigen als Prinzip und Kraft wird der Herr «für ein bereitetes Volk» zurückkehren. Diese Zubereitung bezieht sich auf einen Herzenszustand und nicht auf eine mentale Aneignung prophetischer Wahrheiten.

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