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«Gott hat Geredet»

von T. Austin-Sparks

Kapitel 6 - «Etwas Besseres»

In unserem letzten Kapitel gelangten wir zu der Frage der «Vollständigkeit» (bzw. Vollkommenheit) als dem beherrschenden Objekt des Glaubens von all denen, in Hebräer 11 aufgelistet werden. «Sie sollten nicht ohne uns vollkommen (vollstän-dig) gemacht werden». Nun greifen wir das neu auf im Zusammenhang mit der Klausel, die vorausgeht. «Weil Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat» (11,40). Wir haben aufgezeigt, dass dieses «vollkommen bzw. vollständig gemacht» mit der Rechtfertigung oder der Gerechtigkeit durch Glauben zu tun hatte. «... alle, obgleich sie durch den Glauben ein gutes Zeugnis empfingen», («Abraham glaubte Gott, und dies wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet»; «darum... wurde es ihm als Gerechtigkeit angerechnet» (Römer 4,3.22, etc.) ; so wurden sie zunächst einmal potentiell zu «gerechten Menschen» (Hebr. 12,23) erklärt, dann aber auch tatsächlich, als der Gegenstand des Glaubens, der Christus, gekommen war und das Werk der Gerechtigkeit vollendete. Wir müssen nun diesen Glauben über seine Ergebnisse hinausführen.

In einem früheren Kapitel haben wir uns mit der «Sohnschaft» als der erhabenen göttlichen Offenbarung beschäftigt, wie sie so deutlich in diesem Brief an die Hebräer herausgearbeitet wird. Wir müssen in unserer gegenwärtigen Darlegung für einen kurzen Augenblick darauf zurückkommen. Es ist ungeheuer beeindruckend, wie vieles von dem, worauf in Kapitel 11 Bezug genommen wird, sich direkt sowohl im Typus als auch in symbolischen Ausdruck auf Christus bezieht, und dann auch, welch großen Platz die Sohnschaft einnimmt.

Niemand wird den typologischen Faktor von Abel bezüglich des Blutes Christi bestreiten (12,24); oder von Isaak als den, der von den Toten auferweckt wurde; oder von Josef als den, der «zur Rechten der Majestät in der Höhe» erhöht wurde - drei Stufen in der Laufbahn von Christus. Doch die Sohnschaft liegt sowohl offen als auch verdeckt in so vielem. Wir werden das nicht im Detail aufgreifen, aber einzelne Ereignisse im Falle von Abraham und Isaak sind klar, ebenso von Jakob und Josef, von der Geburt Moses‘, etc. Der Punkt jedoch, (auf den es ankommt), ist der, dass Sohnschaft und geistliche Fülle ein und dasselbe sind, und das ist es, worum es diesem Brief insgesamt geht. Der Glaube wird als Basis für geistliche Vollständigkeit dargelegt, und darum führt er zur Sohnschaft.

Um etwas von der Natur dieser Sohnschaft anzuzeigen, greifen wir eine Person aus dem Kapitel 11 heraus - David. Ohne Zweifel wird David‘s Glaube dort mit der «Erlangung von Verheißungen» verbunden (Vers 33; s. 2. Samuel 7,11-12; 1. Chronik 22,9 - etc.). Diese Verheißungen hatten mit einem Sohn zu tun, einer, der von Gott unter vielen Söhnen ausgezeichnet wurde (1. Chronik 28,5). Dieser Sohn sollte im Typus das vollständigste Beispiel von Gottes Gedanken bezüglich der Sohnschaft werden, das die Bibel enthält. Doch gab es einen Punkt des Übergangs in David‘s Leben. Nach vielen Jahren der Züchtigung - der Kind-Erziehung - nach zahlreichen und unterschiedlichen Erfahrungen des Leidens und der Prüfung und Erweisung der Treue Gottes, wurde der Punkt erreicht, wo die einzige Passion seines Lebens unmittelbar ins Blickfeld trat. Dafür hatte er gebetet, danach hatte er sich gesehnt, und dafür hatte er geplant. Dafür war er auf der Suche, und es hatte ihn so sehr in Beschlag genommen, dass er sich entschloss, sein Bett nicht mehr zu betreten noch seinen Augen Schlaf zu gönnen, bis seine Suche erfolgreich endete. Wir können wahrhaft sagen, für David habe das Leben dieses Haus für Gott bedeutet. Und nun, endlich, eröffnete er Nathan, dem Propheten, was in seinem Herzen war. Nathan, der wusste, dass Gott mit David war, ermutigte ihn sogleich, alles zu tun, was er auf dem Herzen hatte, nur um wenig später auf Befehl des Herrn zu David zurückzukehren und ihm zu sagen, dass ihm nicht gestattet sei, sein Verlangen zu erfüllen und seine lebenslange Ambition FÜR DEN HERRN auszuführen! Was für ein Tiefschlag! Was für eine niederschmetternde Enttäuschung! Was für eine Gelegenheit, sich wegen des Herrn beleidigt zu fühlen! Und was für eine Gelegenheit auch für den Glauben, einzufrieren, und für die Verzweiflung, ihn zu überwältigen! Nicht er, sondern erst sein Sohn, sollte das Haus bauen dürfen. Wäre diese ganze Angelegenheit ein persönliches Interesse gewesen, hätte es seiner eigenen Befriedigung dienen sollen, hätte er sehr wohl verbittert sein und den Rest seines Lebens damit verbringen können, über seiner Enttäuschung zu brüten und sie ständig zu nähren. Doch nein! Dafür ist er ein zu großer Mann. Solange der Herr das Haus bekommt, spielt es keine Rolle, wer es baut, auch nicht, ob dem David erlaubt wird, irgendwie Hand daran zu legen oder nicht. Vielmehr war er bereit, von seinen eigenen Schätzen zu spenden, um das Werk voranzubringen. Welch großartiger Triumph über die Kleinlichkeit des Menschen!


David gelangt zur Sohnschaft

So gelangt David von der «Kind-Erziehung» durch den äußersten Test des Glaubens zur Sohnschaft; und kein Mensch denkt am Ende je an David ohne diese große Angelegenheit seines Lebens - den Tempel uns sein Dienst; und niemand denkt an Salomo ohne daran erinnert zu werden, dass er der Sohn Davids war. Und weiter, wie oft wird Christus als «Sohn David‘s» bezeichnet.

So können wir etwas von der Natur der Sohnschaft erkennen; es ist geistliche Statur, geistliches Maß, geistliche Größe. Es ist Fülle, die aus Disziplin geboren wird. Tragt dies nun in Hebräer 11 und 12 zurück. Geistliche Statur wird weitgehend durch eine (an anderen Dingen) desinteressierte Hingabe an die Interessen des Herrn bestimmt, dadurch, wie wenig wir ins Blickfeld treten, und inwiefern wir bereit sind, den Zielen des Herrn zu dienen, ohne dass wir dadurch befriedigt werden, ohne dass wir die Hand im Spiel haben. «Durch Glauben erhielt David ... die Verheißung».

Was wir oben gesagt haben, bildet einen passenden Rahmen für das, was wir in den Versen 1-3 von Kapitel 12 als Anwendungen der Botschaft finden.


Der Lauf, die Läufer, die Zeugen, der Anführer

Bevor wir weitergehen können, müssen wir einen möglichen Lehrirrtum richtig stellen. Der Apostel benutzt ein allgemein bekanntes Schauspiel als Illustration: Das Stadion, die Rennbahn, die Läufer, die Zuschauer, und der Anführer (Captain). Aber er möchte nicht, dass wir glauben, dies bedeute, dass «die Wolke von Zeugen» solche «mit Christus» sind, die um unser Leben in dieser Welt wissen und daran interessiert sind. Es gibt nichts in der Schrift, das diese Vorstellung unterstützt, und wir können nur glauben, es wäre nicht «viel besser», wenn sie alles über unseren schwankenden Glauben und unseren unausgewogenen Fortschritt wüssten! Versetzt euch in ihre Lage! Vielmehr möchte der Apostel, dass wir von ihnen als solche denken, die in ihrem Leben Zeugnis abgelegt haben, und dass dies irgendwie auf dem Weg des Glaubens mit uns in Verbindung gebracht wird, so dass ihre höchsten Interessen mit den unseren eins werden. Aber BEWUSSTE Beobachter unseres Laufes - Nein! Was sie sagen ist, dass der Glaube in allen Zeitaltern, nicht nur in diesem - das Gesetz und der beherrschende Faktor gewesen ist und sein muss. Der Glaube verbindet alle Zeitalter zu einem einzigen Ziel - zur Fülle. Nun denn, dies ist ein Lauf, den es zu laufen gilt, und alles, was dieses Laufen schwächt, mus zurückgewiesen werden.

Wir haben bereits aufgezeigt, dass im Kontext des ganzen Briefes das (hinderliche) «Gewicht» das gesetzliche System ist. «Sie binden nämlich schwere und kaum erträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schultern» (Mt. 23,4). Dies bezieht sich auf die endlosen Definitionen und Interpretationen des Gesetzes, wie sie von den Schriftgelehrten und Gesetzeslehrer produziert wurden, welche die Menschen unter den Lasten gesetzlicher Auflagen gefangen halten. Niemand kann sich unter Gesetzlichkeit frei bewegen, weder im Judentum noch im Christentum. Die «Sünde, die uns so leicht umstrickt», so haben wir gesehen, kann sehr wohl den Formalismus bedeuten, der leblos ist, für den die Religion so hartnäckig und leicht empfänglich ist.

Aber es mag noch eine weitreichendere Anwendung geben. Gewichte können alles sein, was uns niederdrückt. Wenn wir erkannt haben, dass es der GEIST ist, welcher der Gegenstand der Fülle ist, kann das Gewicht all das sein, was schwer über unserem Geist hängt. Es gibt viele Dinge von geistlicher Sorge und Mühe, für die Gott ein Heilmittel bereit gestellt hat, und dieser Brief bezieht sich auf einige davon. Eine allumfassende Einheit mit Christus bedeutet, «Ruhe für eure Seelen» zu finden. «Meine Last ist leicht». «So gibt es nun ... keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat uns frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes». «Wir, die wir geglaubt haben, gehen in diese Ruhe ein». Was belastet euren Geist so sehr, dass ihr nicht laufen könnt? Da gibt es etwas irgendwo im Worte Gottes, das euch davon befreit.

«Die leicht umstrickende Sünde». Ich finde, dass diese vier Worte im Deutschen nötig sind, um ein griechisches Wort zu umschreiben. Das Wort bedeutet: «rund um etwas herum stehen». In Verbindung mit der Rennbahn mag es die Leute oder Dinge meinen, die nicht eigentlich am Wettlauf teilnehmen, sondern die herumstehen und - weil sie nicht im Geschäft sind - denen im Weg stehen, die es sind. Sie sind in dem Sinn «Sünden», als sie den Glauben schwächen und den geistlichen Fortschritt verlangsamen. Was gibt es in unserem Leben, das einen Einfluss auf unseren geistlichen Fortschritt hat, und das nicht eigentlich zum Geschäft gehört? Jeder von uns muss diese Frage auf sich selbst bezogen beantworten. Das Wort des Herrn lautet: «Legt jede Bürde ab» und werft jedes Hindernis weg, das nicht dazu gehört, so wie ein Läufer die auf der Rennbahn oder um sie herum im Wege stehenden Leute wegfegt. Lasst euch nicht aufhalten oder zurückdrängen. Glaube ist der Test für alles. Was für eine Wirkung hat dies oder jenes auf den Glauben? Das wird darüber entscheiden, wie wir damit verfahren sollen.


Der Anführer (Captain)

Wenn der Apostel seine Leser auffordert, auf Jesus zu blicken, den Anfänger und Vollender des Glaubens, dann sagt er mehr und etwas anderes, als unsere Übersetzungen vermitteln.

Zunächst heißt es, wir sollen DARÜBER HINWEG oder VORAN auf Jesus blicken. In 11,26 wird von Moses gesagt, er habe DARÜBER HINWEG auf die Vergeltung oder Belohnung geblickt.

Dann heißt es «hin zu JESUS». Dies ist der Titel für seine Fleischwerdung und sein irdisches Leben, und seine Verwendung an dieser Stelle deutet an - wie die nächsten Worte zeigen - dass dieser Glaubenswettlauf in dem Einen aufgenommen und vollendet wurde, der «in allem versucht worden ist wie wir, ausgenommen die Sünde». Ein mensch in äußerster Abhängigkeit von Gott, der seine Gottheit nie zu seiner eigenen Unterstützung verwendet hat, hat den ganzen Glaubenswettlauf triumphierend absolviert; und insofern er es durch denselben ewigen Geist getan hat, wie er uns gegeben wurde - nicht mehr und nicht weniger - zeigt dies, DASS ES MÖGLICH IST, und es besteht keine NOTWENDIGKEIT für ein Versagen.

«Der Anfänger und Vollender des Glaubens». Es steht kein «unseres» im Urtext. Wörtlich heißt es «DER ANFÜHRER DES GLAUBENS». Es ist dasselbe Wort wie in 2,10 - «um den Anführer ihrer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen». «Vollkommen durch Leiden». Nun sind wir wieder bei unserem Wort «vollkommen» (vollendet) gelandet, und Der, der auf demselben Weg des Glaubens vollständig gemacht wurde, wie wir aufgerufen sind, ihn zu durchlaufen, ist unser «Vollender», d.h. der, der vollständig macht. In ihm wurde dieser Glaubensweg begonnen, und in Ihm wird er auch vollendet.

Nun denn, die Ermahnung ist so voller Lehre. Wenn wir auf den Weg oder auf die Schwierigkeiten, oder auf uns selbst blicken und anfangen, uns damit zu beschäftigen, werden wir den Lauf nicht vollenden; und selbst wenn wir es täten, so geschähe es nur langsam und ruckartig. Der entscheidende Punkt hier ist der, uns durch ihn mit dem triumphierenden Herrn zu verbinden, mit seinem vollkommenen Werk, und seinen Triumph als den unseren beanspruchen. Das ist nicht etwas Abstraktes und bloß Psychologisches, sondern es gibt einen klaren, göttlichen Gegenstand - eine lebendige Person - dessen Werk der Heilige Geist bereit ist, in uns wirksam werden zu lassen. Wenn der Apostel zu seinem Segen in 13,20 kommt, wird er die Wendung «mache euch vollständig in jedem guten Werk». Das lassen wir für den Augenblick beiseite, bloß mit dieser Bemerkung - der Glaube, der sich auf Jesus und auf seine Verkörperung eines vollkommenen Werkes stützt, ist die Basis, auf der «der Gott des Friedens» uns vollkommen macht.

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