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Menschen, deren Augen den König sahen

von T. Austin-Sparks

Kapitel 5 - Aus Gott Geboren

«Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden» (Lk. 1,35).

«Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er das Anrecht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; die nicht aus dem Blut, aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind» (Joh. 1,12.13).

«Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist» (Joh. 3,6).

«Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Darum erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleich gestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist» (1. Joh. 3,1-2).

«Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt» (1. Joh. 5,4).

Wenn ich all diese Schriftstellen zusammenstelle, diejenige über die Geburt des Herrn Jesus und jene über die Geburt der Gläubigen, dann ist mir ein großer Unterschied nicht entgangen. Man muss sich stets in Acht nehmen bei dieser Angelegenheit der Person des Herrn Jesus. Er war Gott vom wahren Gott; «Gott, geoffenbart im Fleisch»; «Immanuel, Gott mit uns». In dieser Hinsicht steht er allein, einzigartig; es gibt keinen andern wie ihn. Seine Geburt war sogar anders als die Geburt von jedem Kind Gottes: Sie war von anderer Art, und sie unterschied sich auch im Grad.

Die Übereinstimmung zwischen der Geburt Christi
und der unseren

Dennoch gibt es Faktoren in seiner eigenen Geburt, welche auch der Natur der Geburt von jedem Gläubigen zugrunde liegen. Abgesehen von der Gottheit - die Gottheit bleibt bei ihm - gibt es dennoch etwas in diesen Abschnitten über die Neugeburt der Gläubigen, das seiner Geburt entspricht. Wir wollen einigen dieser Gesichtspunkte nun unsere Aufmerksamkeit schenken. Ich hoffe, dass ihr die beiden Dinge an keinem Punkt durcheinander bringen werdet, was die Frage seiner Einzigartigkeit betrifft. Gleichzeitig hoffe ich auch andererseits, dass ihr erkennen könnt, was Johannes sagte, dass das. was auf ihn in seinem eigenen Bereich, und nach seiner eigenen Art, zutrifft, auch für uns gilt (1. Joh. 2,8). Und in dieser Angelegenheit der Geburt und des neuen Lebens der Kinder Gottes werden wir imstande sein, besser zu verstehen, wenn wir einige dieser Gesichtspunkte bei der Geburt des Herrn Jesus erkennen. Denn diese Geburt enthält, wie ich gesagt habe, alle Faktoren, die ein echtes Kind Gottes ausmachen.

Die neue Geburt - eine göttliche Intervention

Das erste, das ganz offensichtlich ist, ist dies, dass die Geburt des Herrn Jesus eine göttliche Intervention im menschlichen Leben war: und das trifft auch zu auf die Neugeburt jedes Gläubigen; es ist nichts Geringeres als eine göttliche Intervention im menschlichen Leben. Wir halten uns nicht bei jedem kleinsten Detail von Jesu Geburt auf, aber es ist auf diese Weise vollkommen klar, dass aus dem Himmel ein himmlischer Besucher hervorkam, der eine Ankündigung machte; und aus dem selben Himmel kam der Heilige Geist in das menschliche Leben und intervenierte, und er tat etwas - etwas, das wir, so hoffe ich wenigsten, in wenigen Minuten sehen werden. Der Punkt, um den es geht, ist der, dass hier der Himmel in das menschliche Leben einbricht.

Vielleicht fragt ihr euch, warum dies so betont werden sollte, und warum ein solcher Nachdruck darauf gelegt wird. Doch wollen wir uns darüber im Klaren sein, dass dies nicht das ist, was weitgehend über die neue Geburt gedacht und gelehrt wird. Selbst mit den besten Absichten wird die neue Geburt so oft der menschlichen Seite zugeordnet - es ist das, was der Mensch tut. Der Mensch muss etwas tun - entweder seine Hand erheben, irgend eine Aussage machen, irgend ein Dokument unterzeichnen, oder eine Entscheidung treffen, ein Bekenntnis ablegen, gewisse Dinge akzeptieren, die genannt werden, und so weiter. Vielleicht glaubt man, diese Dinge würden Gott den Weg bahnen; doch, selbst wenn wir das zugestehen, so bleiben die Leute mit dieser Vorstellung zurück, es sei etwas, das sie getan haben. Sie haben Christus angenommen; sie haben das Christentum angenommen; sie haben eine Bewegung vollzogen; sie haben etwas gemacht; sie sind durch das, was sie getan haben, Christen geworden, also durch ihr eigenes Handeln.

Nicht aus dem Willen des Menschen,
sondern aus Gott geboren

Nun, obwohl wir völlig großzügig und keineswegs kritisch sein wollen, ist es sehr wichtig, anzuerkennen, dass die neue Geburt nie notwendigerweise durch irgend etwas zustande kommt, was wir tun. Sie wird nie durch irgend eine Handlung aus unserem eigenen Willen oder aus unserem Gefühl, oder aus unserem Verstand heraus bewerkstelligt - überhaupt nicht. «Die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes geboren sind...» - wobei der Mensch der springende Punkt ist, oder der andere, er es zustande bringen möchte - «... sondern AUS GOTT». Wenn Gott nicht im menschlichen Leben oder in der menschlichen Geschichte interveniert; gleichsam vom Himmel her einbricht; wenn der Heilige Geist nicht überschattet und selber neues Leben hervorbringt, dann handelt es sich nicht um eine neue Geburt; dann fehlt etwas ganz Bestimmtes.

Vielleicht wundert ihr euch, warum diese Botschaft gegeben wird. Ich werde euch sagen, weshalb. Mit einer wachsenden Sorge - und Sorge ist ein schwaches Wort - ist, wenn man so in der Welt herumkommt und Berührung hat mit verschiedenen Christen und mit dem Christentum im Allgemeinen, das eine, das sich einem schwer auf das Herz legt, und zwar überwältigend, manchmal sogar bis zum Punkt der Verzweiflung, die dringende Notwendigkeit, dass diejenigen, die den Namen von «Christen» tragen, die wahre Natur dessen kennen lernen sollten, was es bedeutet, ein Kind Gottes zu sein. So viele von ihnen scheinen einfach etwas von außen übernommen zu haben, durch ihre eigene Entscheidungskraft, durch Wahl und eine bestimmte Handlung, und so viele haben wirklich nicht die geringste Ahnung, was es heißt, vom Himmel geboren zu sein. Und bei aller benötigten Arbeit der Wiederherstellung, in jedem Abteil des göttlichen Vorsatzes zu dieser Zeit, ist eine der Notwendigkeiten die - ein Zurückgewinnen der wahren Bedeutung der neuen Geburt, was es bedeutet, von oben geboren zu sein, ein Kind Gottes zu sein.

Der kommende Test für unseren Standort

Manchmal habe ich mich gefragt - vielleicht fälschlicherweise - ob es dem Feind nicht sehr gefällt, zahllose Scharen von Leuten in eine falsche christliche Position zu versetzen, da er weiß, dass der Tag kommen wird, an dem die Winde (des Gerichts) sie wegfegen werden; und die Tatsache, dass ein Christ abfällt, ist für den Herrn eine größere Schmach als sonst irgend etwas. O, wie nötig haben wir es, unsere Wurzeln tief hinunter zu treiben; wie nötig haben wir es, in der Wahrheit gegründet zu sein, besonders in der Wahrheit unserer eigentlichen Natur als Kinder Gottes. Darum kommen wir auch zu dieser Botschaft. Der Tag wird kommen, an dem unser Standort als Christen tief und schrecklich auf die Probe gestellt wird - es wird eine große Erschütterung stattfinden. Der Prophet Hesekiel ist sehr aktuell; Ich glaube, diese Worte werden noch eine weit größere Erfüllung in einer nicht allzu fernen Zukunft erfahren, als sie sie schon hatten, als Hesekiel sie aussprach: «Zu Trümmern, Trümmern, Trümmern mache ich es... bis der kommt, dem das Recht gehört» (Hesekiel 21,32). Es wird eine große Zertrümmerung dessen stattfinden, was nicht echt ist - was falsch ist. Und dieses Gericht muss am Hause Gottes beginnen. So versteht ihr vielleicht diesen gegenwärtigen Nachdruck.

Wir beginnen hier. Wie es bei Christus war, so muss es bei jedem Kind Gottes sein: Sie müssen, von allem Anfang ihres Christenlebens an, das Resultat einer göttlichen Intervention in der menschlichen Geschichte, in ihrer eigenen menschlichen Geschichte, in ihrem menschlichen Leben, sein. Das ist eine große grundlegende Tatsache. Gott sei Dank gibt es viele, die das verstehen, und die wissen, was es bedeutet. Sie sind imstande zu sagen: «Gott intervenierte in meinem Leben; Gott brach in mein Leben ein; Gott kam gleichsam aus dem Himmel hervor in mein Leben». Wenn wir die Erfahrung haben, kennen wir die Wahrheit; aber manchmal ist es hilfreich, wenn es uns definiert wird. Hier ist es: Als wir, ihr und ich, gerettet wurden, brach Gott aus dem Himmel hervor - nichts Geringeres als dies. Es war, als träte Gott selbst aus seinem Himmel hervor in ein menschliches Leben hinein; als bräche er in diese Welt ein und unterbräche ihren Lauf und ihre Geschichte. Die Dinge konnten nachher nie mehr gleich sein.


Nicht nur eine Neuheit, sondern ein Unterschied

Das ist im Falle des Herrn Jesus vollkommen klar, nicht wahr? Ein Engel kündigte diese Intervention des Heiligen Geistes vom Himmel her an - und es ist, sowohl im Prinzip als auch tatsächlich, bei jeder neuen Geburt nichts Geringeres. Doch das nächste, das im Falle des Herrn Jesus ebenfalls klar ist, ist dies, dass es bei ihm doch etwas anders war; es war nicht nur etwas Neues, das nie zuvor geschehen wir, es war etwas Anderes. Diese Geburt ist verschieden von allen andern Geburten. Wir können uns nicht zu sehr bei den Details des Berichtes aufhalten, doch das ist es, worauf es hinausläuft. Der Engel machte es vollkommen deutlich, und Maria wusste es; das war ihr Problem, ihre Verwirrung, ihre Frage - Wie? wie? Es war auch die Verwirrung von Nikodemus, auch seine große Frage - Wie? Dies enthält ein tiefgründiges Geheimnis, einen gewaltigen Unterschied. Es ist nicht das allgemeinde, es ist nicht das Gewöhnliche; ihr könnt dies nur hier finden, nirgendwo sonst; es ist anders.

Und das, was aus dieser Intervention resultiert, enthält diesen fundamentalen Unterschied schon in seiner Konstitution. Oh, wären doch alle, die den Namen eines Christen tragen, alle, die Kinder Gottes sind, sich dessen voll bewusst! Ich meine, hier liege die Schwachheit bei so vielen, und es wird uns nicht verletzen, obwohl wir es sehr wohl wissen, wenn wir daran erinnert werden, uns dieser Tatsache aufs neue zu stellen. Es ist etwas, das wir ständig in unserem Bewusstsein behalten müssen. Unsere neue Geburt ist verschieden von allen anderen Geburten, und durch die neue Geburt werden wir grundsätzlich und konstitutionell anders als alle anderen Wesen. Ihr kennt es vielleicht bis zu einem gewissen Grade aus der Erfahrung. Die Geburt des Herrn Jesus war so offensichtlich eine andere Art von Geburt. Es geschah nicht auf die gewöhnliche, natürliche Weise; die Natur hatte nichts damit zu tun; der Wille, die Wahl, die Entscheidungsfähigkeit des Menschen hatten nichts damit zu tun. «Und das, was geboren wird, soll HEILIG genannt werden»: Könnt ihr DAS irgendwo in der Natur finden? Es ist von einer anderen Art und von einer anderen Ordnung von Wesen - es ist das, was in seinem Wesen, HEILIG ist. Das ist der Kontrast zu jeder anderen Kreatur und jeder anderen Geburt. Der Psalmist ruft: «Ich wurde in Sünde geboren, geformt in Ungerechtigkeit» - und das trifft auf uns alle zu.


Die neue Geburt bringt uns in ein
himmlisches Königreich

Nun, wenn ich sage, dieses Prinzip erweise sich in jeder neuen Geburt, dann ist diese Erklärung nötig. Wir wissen sehr wohl, dass nicht unsere Körper wiedergeboren werden; darum sind sie nicht heilig. Wir wissen auch, dass es nicht unsere Seelen sind, die wiedergeboren werden: Wenn unsere Seelen aus unserem Verstand - unserer Fähigkeit, zu argumentieren, unsere Gefühle und unsere Wahlfähigkeit - bestehen, nun, dann sind sie nicht verschieden. Es ist das Problem unseres ganzen Christenlebens, dass wir noch immer so vieles in uns haben, in unserem Versand, Herz und Willen, das nicht heilig ist. Es ist der Bereich unserer Konflikte, unserer Kämpfe, unseres Kummers. Dennoch, irgendetwas ist irgendwo geschehen, etwas ist herein gekommen, das überhaupt nicht aus diesem (irdischen) Königreich stammt, sondern das von einem anderen, himmlischen Königreich kommt; und DAS, was aus Gott geboren ist, ist heilig. Wisst ihr das? Auch wenn es euch noch nie erklärt oder definiert wurde, kennt ihr es dennoch aus der Erfahrung. Ihr wisst, dass es in euch etwas gibt, das gegen Sünde und Unheiligkeit revoltiert. Ihr wisst, dass es eine der größten Segnungen eures Leben ist eine innere Fähigkeit zu reagieren ist, wenn die Dinge nicht richtig, nicht gut sind. Je mehr wir weiterkommen, werden wir mehr und mehr empfindsam gegenüber dem Bösen, gegenüber der Sünde in dieser Welt. Manchmal stehen wir in Gefahr, ihre Gegenwart zu akzeptieren; sie einfach hinzunehmen, weil sie da ist.

Nun, wir befinden uns in einer Welt wie dieser, aber dennoch trifft es auf jedes Kind Gottes zu, dass es ein Gefühl dafür gibt - etwas wie eine ungeheure innere Revolte und Reaktion gegenüber der Sünde, dem Bösen, der Unheiligkeit. Was für ein Schutz ist das doch! Was für eine Gabe Gottes ist es doch, dies zu haben! Gott behüte, dass wir je unsere Empfindsamkeit in diesem Bereich verlieren sollten, oder aufhören sollten, uns von der Sündhaftigkeit der Sünde bewegen zu lassen.

Die Notwendigkeit für eine Empfindsamkeit
bezüglich dieses Unterschieds

Passt auf, ihr jungen Leute, dass ihr die Schärfe eurer Neugeburt nicht dadurch abstumpft, indem ihr euch an die Wege dieser Welt, ihre Formen, Traditionen und Annehmlichkeiten anpasst und das alles als unausweichlich hinnehmt. Bittet den Heiligen Geist, dass er euch sehr empfindsam gegen die Sünde, gegen das Böse bewahren möge; dass er diesen UNTERSCHIED lebendig erhalte, das euer Geburtsrecht ist - ja, ein eigentlicher Bestandteil eurer Geburt. Wenn ihr ein echtes Kind Gottes seid, kennt ihr etwas von dem Unterschied, wenn ihr in die Welt hinauszieht, nicht nur in Sachen Sünde, sondern auf jede andere Weise. Ihr seid anders; etwas ist mit euch geschehen.

An einem gewissen Punkt sollte dieser Unterschied euch ganz klar geworden sein, so dass ihr ihn kennt - und zwar nicht nur, weil man es euch gesagt hat, nicht nur, weil eure Eltern Christen sind und nicht gern sehen, wenn ihr bestimmte Dinge tut und ein bestimmtes Gewissen entwickelt habt, das im Grunde das Gewissen eurer Eltern ist, nicht euer eigenes - sondern in eurem eigenen Herzen, in euch selbst, habt ihr dieses Bewusstsein erlangt, dass ihr anders seid, grundlegend anders im Vergleich zu denen, die nicht dem Herrn angehören. Sollte dies nicht zutreffen, sollte diese Krisis in eurem Leben nicht eingetreten sein - nicht alle erleben es als einen gewalttätigen Einbruch wie im Falle von Paulus auf dem Weg nach Damaskus - dennoch sollte an einem bestimmten Punkt dieses Bewusstsein auftauchen: «Ich bin ein Kind Gottes; ich bin anders; etwas ist geschehen; irgendwo, tief innen, ist ein großer Unterschied entstanden; ich bin nicht mehr derselbe; und ich bin nicht mehr so wie diejenigen, die keine WIEDERGEBORENEN Kinder Gottes sind».

Doch ebenso ist es die Natur des geistlichen Wachstums, dass dieser Unterschied mehr und mehr an Schärfe gewinnt. Er ist das bestimmte Etwas, das diese Welt für uns mehr und mehr «seltsam und fremd» werden lässt - sie ist nicht mehr unser Zuhause, nicht mehr unser Platz - und das mehr und mehr «den Himmel» zu unserem Zuhause werden lässt. Nun, ich kann euch nicht sagen, wo der Himmel ist; aber dies eine weiß ich: Was immer auch der Himmel bedeutet, da gehöre ich hin. Und mehr und mehr entdecke ich, dass ich dorthin gehöre, und dass ich nicht mehr hierher gehöre.

Die Trennung der neuen Geburt

Ich spreche besonders zu jungen Christen, dass dies die wahre Natur eurer neuen Geburt ist, und dass es mehr und mehr so sein muss. Und fürchtet euch nicht davor; rebelliert nicht dagegen; akzeptiert es einfach. Es ist der Beweis für etwas, für die größte Sache, die Gott in der menschlichen Geschichte tut - dass er (in sie) einbricht und diesen gewaltigen Unterschied bewirkt. Auf diesem Grund wird die große Trennung aufgerichtet werden. Wir haben die gedanklichen Bilder des Gerichts vor uns; nun gut, wir wollen nicht über die materielle Seite davon argumentieren. Doch ich weiß das eine, dass dieses Gericht bereits begonnen hat, und es geht weiter (1. Petr. 4,17), und sein Abschluss wird hier stattfinden: Es wird solche geben, die hierher gehören, und es wird solche geben, die dorthin gehören, und es wird keine Zweifel geben, zu welchem Bereich diese Leute gehören werden. Die große Trennung wurde vorgenommen. Der Herr ist bestrebt, das jetzt zustande zu bringen. Doch, welch eine Tragödie vieler Christen, und vieler junger Christen, die immer noch versuchen, diese Kluft zu überbrücken - diese beiden Enden zusammen zu halten; statt dass sie erlauben, dass sich diese Kluft vertieft, während sie auf der Seite stehen, wo sie sich weiter und weiter von einer gerichteten Welt entfernt bewegen.

Eine innewohnende Kraft zu überwinden

Das nächste, was in dieser Sache der Geburt Christi, und der Geburt der Kinder Gottes, erscheint, ist dies, dass durch diese Geburt eine innewohnende Fähigkeit, eine innewohnende Kraft in uns hinein kommt. Nun, der Herr Jesus sagte: «Seid getrost; ich habe die Welt überwunden» (Joh. 16,33b). Und Johannes sagt: «Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt» (1. Joh. 5,4). In Christus, im wiedergeborenen Gotteskind gibt es eine innewohnende Kraft und Fähigkeit, welche die Welt überwinden wird. Sie ist dort, in der eigentlichen Natur der Dinge, in der eigentlichen Konstitution des neuen Lebens: Sie wird überwinden. Wir mögen versagen, wir mögen sogar häufig versagen; wir mögen im Kampf fallen; es mag Tote geben; es mag einige dunkle Flecken geben; es mag sogar solche geben, die weggehen. Aber es ist äußerst bemerkenswert und etwas, das das Herz entzückt, zu sehen, wie dieses Leben bestehen bleibt.

Manchmal muss ich lächeln. Da sagen mir Leute, sie würden alles aufgeben; sie könnten nicht länger so weitermachen; dann gehen sie weg, und ihr seht sie für kurze Zeit nicht mehr. Aber sie kommen wieder zurück. Und das geschieht hundert und ein Mal. Wie viele haben schon zu mir gesagt, und das erst kürzlich: «Ich gebe alles auf; ich bin erledigt; ich gehe». Und soweit sie sich selber kannten, meinten sie es ernst. Aber sie schaffen es nicht; sie gleichen den Mücken um die Lampe herum - sich können sich nicht entfernen; sie kommen wieder zurück, und, ja - zerknirscht und beschämt! Wisst ihr, wäre dies natürlich, so würden sie so etwas nicht tun; ich würde es nicht tun; schon nur, um mein Gesicht zu wahren, würde ich nicht zurückkehren und mein Gesicht wieder zeigen. Aber da ist etwas anderes, etwas mehr, das stärker ist als unsere Schande, stärker als unser Selbstvorwurf, stärker als unsere Verzweiflung, stärker noch als unsere ständige Fehlbarkeit: Es ist eine Beharrlichkeit vorhanden, die uns immer wieder heraufholt und zurückbringt. Das ist die Geschichte der meisten Kinder Gottes. «Was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt».

Es war auch bei Jesus so. Wie überwand er? Nicht durch physische Kraft; nicht durch einen entschlossenen Willen, auch nicht durch die Kraft der Gedanken, des Verstandes und der Argumente. Er hätte auf diese Weise nie die Welt unter seine Füße gebracht. Nein, es geschah durch die schiere Kraft des göttlichen Charakters; durch die Art von Mensch, die er war; durch die göttliche Natur in ihm überwand er. Und so ist es auch mit jedem Kind Gottes: vielleicht in einem viel geringeren Maße als in seinem Falle; um so viel niedriger im Ausdruck und in der Manifestation; dennoch ist es da. Jedes wahre Kind Gottes weiß sehr wohl, dass es, wäre nicht dieses innere Ergriffensein von etwas, von jemandem, und nicht sie selbst es gewesen, so wären sie nicht da, wo sie heute sind, immer noch auf der Suche nach den Dingen Gottes. Nein! Es es inwendig in dem, was von Gott geboren wurde, um zu überwinden!


Der unausweichliche Antagonismus
gegen den Himmel



Das nächste ist natürlich der unausweichliche Widerstand. Es ging nicht lange nach der Geburt des Herrn Jesus, bis er ausbrach. Das Königreich Satans wusste, wer er war, und was er war. Dieses Königreich hatte viele machtvolle Instrumente und Mittel zur Hand, und Herodes war nur eines davon. Wir wissen nicht, was während der dreißig Jahre seiner Kindheit und des Mannesalters geschah, das wird übergangen. Es würde nicht überraschen, wenn es selbst dann viele Gelegenheiten von knappem Entrinnen gegeben hätte. Doch was wir wissen, ist dies, dass von dem Moment seines Hervortretens nach seiner Salbung am Jordan an, um dieses Werk, die «anderen Schafe», noch andere Söhne zur Herrlichkeit zu bringen, aufzunehmen, die ganze Hölle ihm auf den Fersen war. Sooft er an irgend einem Ort auftauchte, wurde die Atmosphäre mit Widerstand aufgeladen. Vielleicht kennen auch wir etwas von diesen atmosphärischen Spannungen, doch wie unendlich viel schlimmer muss es für unseren Herrn gewesen sein, mit seinem sehr empfindsamen Geist, ständig um diesen furchtbaren Hass und diese Feindschaft der bösen Mächte ihm gegenüber zu wissen, die durch Menschen am Werke waren. Oh, welch konstante, fast monotone Wiederholung: «Sie suchten ihn zu vernichten... sie suchten ihn zu vernichten... sie überlegten, wie sie ihn vernichten könnten». Das war die Atmosphäre, in der er lebte. Warum?

Nun, man könnte es auf viele Gründe zurückführen, doch die grundlegende Ursache war folgende: Er gehörte zum Himmel, und die Bestimmung des Himmlischen und der Himmlischen ist es, diese Welt in Besitz zu nehmen und über sie zu herrschen, und zwar durch die endgültige Zerstörung ihres Fürsten und seines gesamten Königreiches. Und das wissen sie. Sagten sie doch: «Ich weiß, wer du bist, der Heilige Gottes» (Mk. 1,24). Und in diesem Sinne kennen sie jeden, der heilig ist. Es besteht ein unausweichlicher Antagonismus in der geistigen Welt. Oft lässt er sich nicht auf irgend eine physische, materielle oder zeitweilige Ursache zurückführen, auch nicht auf gewisse Menschen; es liegt einfach in der Luft. Wir wissen etwas von diesen Antagonismen geistlicher Art, denen sich der Christ in dieser Welt gegenüber sieht, ohne diese willkürlich, bewusst oder wirklich, durch Worte oder Handlungen zu provozieren. Wenn ihr wiedergeboren seid, dann wird so oder so das Bewusstsein lebendig, dass wir ein gesprenkelter Vogel sind, ein gezeichneter Mann oder eine gezeichnete Frau. Und so sagt Johannes von denen, die aus Gott geboren sind: «Darum kennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannte» (1. Joh. 3,1b). Sie KENNT uns nicht. Es liegt eine tiefere Bedeutung in dem Wort «kennt» als bloß dies, dass sie sich unser bewusst ist oder dass sie weiß, wer wir sind. Es bedeutet die Fähigkeit, uns einzuordnen; uns zu erklären, uns zurückzuverfolgen, was wir sind, und woher wir stammen. Für die Welt gibt es etwas in uns, dass sie nicht herausfinden kann; und das verursacht einen Antagonismus.

Lasst mich nochmals einen Appell an die jungen Christen richten. Versucht nicht, diese Art von Antagonismus herauszuschneiden. Seid vorsichtig, nicht unnötig Anstoß zu erregen; versucht, «euch jedem Gewissen der Menschen vor dem Angesicht Gottes zu empfehlen» (2. Kor. 4,2b); tut die Dinge auf ehrbare Weise vor allen Menschen (Röm. 12,17b). Gebt ihnen keine Gelegenheit, euch als Christen mit Recht anzuklagen. Doch wenn ihr all das getan habt, glaubt nicht, ihr würdet diesem Antagonismus nicht mehr begegnen - wenn ihr wirklich ein Kind Gottes seid, wird es trotzdem geschehen. Ihr könnt es nicht verhindern. Versucht nicht, es zu beseitigen; anerkennt, dass dies ein Teil gerade der Tatsache ist, ein wunderbarer Beweis für die Tatsache, dass ihr euch in der Gesellschaft von Jesus Christus befindet. Die Welt kannte ihn nicht; darum kennt sie auch uns nicht.

Die neue Geburt geschieht ganz aus Gnaden

Zum Abschluss wollen wir für einen Augenblick über Maria nachdenken, weil sie irgendwie charakteristisch ist für ein Gefäß der neuen Geburt. Bei wem, zu welchem Zweck, und aufgrund von was wird die neue Geburt stattfinden? Hier gibt es eine Übereinstimmung zwischen der Geburt des Herrn Jesus und der Neugeburt jedes Gotteskindes. Natürlich müssen wir die göttliche Souveränität der ewigen Erwählung berücksichtigen: «in Christus erwählt vor Grundlegung der Welt». Lasst uns das akzeptieren und es für den Moment auf sich beruhen lassen. Wir kommen in die Operation und Aktivität Gottes in der Zeit. Auf welchem Grund in der Zeit, in unserem eigenen Leben, wird uns dies widerfahren? Gibt es bestimmte Ursachen, gibt es bestimmte Gelegenheiten, gibt es bestimmte Bedingungen, die stets vorhanden sein müssen, wo Gott auf diese Weise aktiv wird?

Ja, immer. Eines der wunderschönen Dinge im Blick auf Maria als einem charakteristischen Gefäß für die Neugeburt war das, was der Engel zu ihr sagte: «Sei gegrüßt, du Begnadigte; der Herr ist mit dir!». Die Randlesart kommt dem Sinn vielleicht näher: «Sei gegrüßt, die mit Gnade bekleidete». Das ist der Anfang von jeder Neugeburt - MIT GNADE BEKLEIDET. Wenn es eine Person in jenem kleinen Land in jenen Tagen gab, die sich - und das kommt so deutlich zum Vorschein - bewusst, wie wunderbar das ist, wie sehr Gott sich dabei herabneigt, wie unwürdig sie selbst ist, dann war das Maria. «Wie soll das alles möglich sein?» Bevor diese wunderbare Sache mit uns geschehen kann, müssen wir oft an den Punkt gebracht werden, wo das einzige Wort, das der Situation in unserem Bewusstsein gerecht wird, GNADE ist; es ist Gottes Gnade; es ist alles aus Gnaden. «Du bist mit Gnade bekleidet».

Das ist einfach, ich weiß, doch so ist nun mal der Anfang von allem für das Christenleben, für dieses wunderbare Wunder von Gott: dass wir sehen und tief beeindruckt sein müssen, wie sie es war, von unserer äußersten Unwürdigkeit in dieser Sache; dass dies nie mit uns, in uns selbst, in unserem eigenen Zustand, geschehen könnte, wenn wir der bestimmende Faktor wären. Es ist nur Gottes unendliches Erbarmen, Gottes unendliche Gnade. Das ist ein demütiger und zerknirschter Geist, und da ist Gott dabei. Doch die Neugeburt ist bloß ein Anfang. Das, was von Gott und vom Himmel stammt, muss wachsen und wachsen; mehr und mehr muss er zunehmen; aber alles geschieht auf derselben Basis - dass wir uns selbst entäußern, dass wir alles, was an uns selbstsüchtig ist, ausschütten, um für die Gnade Gottes einen Weg frei zu machen.

Unterwerfung und Einfalt

Das nächste im Zusammenhang mit Maria ist ihre Einfalt und ihre Bereitschaft, sich zu unterwerfen. Es ist etwas Wunderbares an ihrer Einfalt, nicht wahr? Wir sind oft zu kompliziert in diesen Dingen. Wir machen das Christenleben zu einer viel zu komplizierten Angelegenheit - indem wir unsere Mentalität und unsere Argumente, unsere Auseinandersetzungen und Forderungen nach Erklärung und was nicht alles in es hinein projizieren - und wir stehen uns selbst im Licht, wenn wir das tun. Der Herr kommt nicht voran; das alles ist Unrat auf dem Weg. Er braucht ein Herz wie das von Maria (und dabei stelle ich Maria nicht als Gegenstand der Anbetung dar): ein Herz, das in diesem Sinne einfältig ist, dass nichts Argumentatives, Quengeliges, Hässliches daran ist. Es ist ein offenes Herz: Verwirrt, ja vielleicht; manchmal verständnislos; sich fragend, wie das alles sein kann, und so redend. Dennoch, wegen dieser Einfalt, Ehrlichkeit, Reinheit des Herzens gelangt sie dahin: «Mir geschehe nach deinem Wort» - zu einer absoluten Unterwerfung, selbst unter das Geheimnis, und unter das, was es mit sich bringen würde. Das Problem bei vielen von uns ist dies, dass wir so langsam sind im Unterwerfen, im Einwilligen, im Nachgeben, im Loslassen. Wir wollen argumentieren; wir verlangen eine Erklärung. Wir bewegen uns ständig in diesem ewigen Kreis und kommen nirgends hin, weil wir nicht los lassen können - wir wollen einfach nicht loslassen; und so kommen wir immer wieder an den Punkt zurück, bei dem wir schon tausend mal angefangen haben. Maria legte ihr ganzes Leben da hinein: «Mir geschehe nach deinem Wort». Und der Engel verabschiedete sich. Genau das wollte er nämlich erreichen.

Für Maria brachte das Leiden mit sich - es führte sie unmittelbar in das Leiden hinein. Und dann, vierzig Tage nach der Geburt, sagte Simeon zu ihr: «Ein Schwert wird durch deine Seele dringen, damit die Gedanken vieler Herzen offenbar werden». Ich denke, hier ist etwas sehr Hilfreiches. Wenn das Kreuz in einem Leben wirksam wird, fangen die Leute an, sich selbst zu verraten; ihre Gedanken fangen an, anzuklagen, Schuld zuzuweisen; sie sagen: Das ist so, weil der und der... Wenn es jemandem nicht gut geht, kommen die Gedanken zum Vorschein: Die Leute plaudern aus, was sie vom Betreffenden denken oder fühlen - einige zeigen ihre Sympathie, andere widerstreitend. «Ein Schwert wird durch deine Seele dringen, damit die Gedanken vieler Herzen offenbar werden». Es war nötig, dass die Leute am Tag des Kreuzes sich selbst offenbarten, dass sie zeigten, wo sie standen; Marias Leiden war ein Teil davon.

Das mag uns wie ein Geheimnis erscheinen. Doch der Punkt ist der, dass das, was ihr widerfuhr, und was auch uns widerfährt, uns ins Leiden einführt. Es lässt uns an der Schmach des Kreuzes teilhaben; es bringt uns viele Missverständnisse ein, sogar viel Ächtung. Der Engel verließ sie. Sie wusste, was dies damals für sie bedeutete. Doch später sagte ihr Simeon, was noch kommen würde in Verbindung mit diesem Kind. Worauf das alles hinausläuft, is dies: Dass es nichts Gewöhnliches ist, ein Kind Gottes zu sein. Es ist etwas Ungewöhnliches, etwas Anderes, etwas von Gott. Es ist das Ergebnis einer Intervention von Gott vom Himmel her.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.