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Wie es am Anfang war

von T. Austin-Sparks

Kapitel 5 - Christus und seine Gemeinde inkognito

«... die Welt kennt uns nicht, weil sie ihn nicht kennt» (1. Joh. 3,1)

Bei unserer Beschäftigung mit dieser Untersuchung hinsichtlich der Unterschiede zwischen dem, was jetzt ist und dem, was in den ersten Jahren des Christentums war, wollen wir ganz klar stellen, dass dies kein eitler Wunsch ist, einfach Vergleiche anzustellen und es dabei zu belassen. Es ist meistens sehr leicht, aber gewöhnlich unnütz, Vergleiche zu finden und vorzulegen, und es ist meistens unklug, das zu tun.

Bei unserer Nachforschung gibt es ein Ziel, das alles bestimmt: Wir wollen feststellen, ob die Unterschiede einen echten Gewinn oder Verlust bedeuten.

Möglicherweise finden wir, dass wir zu einer mehr als allgemeinen Schlussfolgerung bezüglich des Christentums als Gesamtheit geführt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass geistliche Probleme im Leben von einzelnen Christen ein Licht auf sie geworfen hat. Doch müssen wir mit dem grundlegenden Prinzip und mit dem Hauptunterschied beginnen. Dieser Unterschied ist leicht zu erkennen und in der Tat sehr groß.

Das Zitat aus dem Johannesbrief (dem noch viele weitere hinzugefügt werden könnten), enthält eine kategorische Feststellung: «Die Welt kennt uns nicht...», und es ist mit einer breiteren, drastischen und erschütternden Anklage und Erklärung verbunden: «weil sie ihn nicht kennt».

Dies ist die schlichte und klare Feststellung einer Tatsache; und zwar die Tatsache, dass sowohl der Sohn Gottes als auch die Gemeinde Gottes im engsten Kontakt mit den Leuten hier in dieser Welt sein können, mit allem Erstaunlichen und dem Wunder des göttlichen Vorsatzes, und doch befindet sich die Welt in einem Zustand der vollständigen Unfähigkeit, des Unvermögens, sie zu identifizieren - «weil sie ihn nicht kennen».

Das bedeutet nicht, dass er Welt ihre Anwesenheit entgangen wäre. Ganz im Gegenteil! Die Welt war weit davon entfernt, sie zu ignorieren. Sie musste überall mit ihnen rechnen. Aber was ihre wahre Identität und Bedeutung betraf, dafür konnte die Welt keine Erklärung geben. Von Zeit zu Zeit machte die Welt, die ja alles auf eine Formel, auf eine Bezeichnung, einen Namen reduzieren muss, den Versuch, diese Unergründlichkeit mit einem Wort oder einer Wendung oder einem Beinamen einzugrenzen. Sie prägt einen Begriff und tituliert sie mit «Christen», oder Volk «des Weges», oder «Sekte». Das ist die Art der Welt. Sie muss das Unendliche, das Ewige auf das Maß ihres eigenen Verstandes verkleinern.

Doch die Frage, die für uns entscheidend ist, ist die, ob diese Inkognito-Position Gewinn oder Verlust bedeutete. Wir bitten darum, ernsthaft zu bestätigen, dass es sowohl im Blick auf Christus als auch auf seine Gemeinde von unaussprechlichem Gewinn war, dass die wahre Natur, Tugend, Kraft und Bedeutung ihrer Gegenwart in dieser Welt gerade in der Tatsache bestand, dass es da ein Geheimnis gab, das jenseits von allem natürlichen Begreifen lag. So sehr sie auch wünschten, dass die Menschen auf einen Weg gebracht würden, der das Geheimnis auch für sie wahrmachen würde, so lag gerade in dieser Erkenntnis, dass ein göttliches Geheimnis dieser Erfahrung zugrunde lag, die Kraft Christi und der Gemeinde. Das Geheimnis machte neugierig, verblüffte, überwältigte, erzürnte die Welt oder machte sie nachdenklich. Fleisch und Blut konnten dieses Geheimnis nicht offenbaren, nur Gott, der Allmächtige! «Die Welt kennt uns nicht» war keine Beschwerde, kein Klageschrei der Niederlage und auch kein Bekenntnis dafür, dass irgend etwas mit ihnen nicht stimmte. Sie bedauerten die Welt, nicht sich selbst.

Ihre Kraft lag in diesem grundlegenden Unterschied. Dass die Zeit kam, und zwar allzuschnell, da dieser Unterschied aufgegeben und für einen «Gleichstand» mit der Welt eingetauscht wurde, zeigt die Bedeutsamkeit unserer Frage: Hat die Gemeinde oder das Christentum durch diesen Austausch wirklich gewonnen? Das Christentum nimmt jetzt zu jedem vorstellbaren Mittel Zuflucht, durch das es Position, Anerkennung und Prestige gewinnen und in dem sie es leicht verstehen kann. Denn wenn es wirklich Erfolg haben will, braucht es Namen, Titel, Bezeichnungen, Ehrungen, etc. Solange die Christen nicht «konform» gehen, nicht «dazugehören», nicht einen Namen annehmen und sich erklären, gelten sie als suspekt, als Außenseiter, und ohne jede «Stellung»; unabhängig davon, welches ihr geistlicher Wert sein mag. «Sekte» ist zu einem Beinamen geworden, zu einem Ausdruck des Spotts, wie in apostolischen Zeiten. Entlang dieser Linie hat sich das Christentum ausgebreitet, wurde es groß, doch die Frage, die sich vielen ehrlichen und ernsthaften Gemütern aufdrängt, ist die, ob der INNERSTE Wert einen Vergleich mit dem, was am Anfang war, standhält.

Ist es nicht beeindruckend, zu sehen, wie, sooft das, was einen starken, tiefen, reichen und effektiven Anfang nahm, sobald es von der Welt, besonders aber von der religiösen Welt, «akzeptiert» wurde, sich von selbst Anzeichen eines GEISTLICHEN Verlustes zu zeigen beginnen? Auf wieviele von Gott initiierte Dienste und Werkzeuge trifft das doch zu. Von etwas, das aus dem Himmel stammt, das eine tiefe und kostenreiche Geschichte hatte und das die Dynamik und den Impakt der göttlichen Gegenwart besaß, mit seiner späteren Entwicklung zu einer «Institution», die sich mit den Menschen gut stellte, mit all ihrer Größe und natürlichen Eindrücklichkeit, ist es zu einem bloßen Schatten seines Ursprungs geworden, was die Tiefe und die geistliche Kraft betrifft. Es gibt jetzt wenig oder nichts Geheimnisvolles mehr an ihm. Es hat nichts Unergründliches und Unerklärliches mehr an sich. Man kann es weitgehend menschlicher Fähigkeit zuschreiben.

Wir wollen uns beeilen, ein schützendes Wort einzufügen. Wir sagen NICHT, es sei falsch, wenn Christen als Privatpersonen Ehrungen, Grade, Titel oder Bezeichnungen geerntet haben. Wir wissen von einer ultra-esklusiven Bewegung, bei der, um Gemeinschaft, Anerkennung und Teilnahme am Tisch des Herrn haben zu können, verlangt wird, dass alle beruflichen, akademischen und anderen Bezeichnungen aufgegeben werden. Das haben wir entschieden nicht im Auge. IN IHREM BEREICH haben diese Dinge ihren Platz. Was wir aber sagen, ist dies, dass, wenn das Christentum Bestrebungen zeigt, diese Dinge zur Grundlage ihrer Kraft, ihres Appells, oder ihres Status zu erklären, es in die Irre gegangen ist und als Folge davon den Verlust seiner geistlichen kraft erleidet. «Die Welt kennt uns nicht», und jeder Versuch, die menschliche Wichtigkeit an die Stelle dieses übernatürlichen Geheimnisses zu setzen, wird sich als katastrophal erweisen. Wenn der Begriff «Institution» anfängt, im christlichen Vokabular einen breiten Platz einzunehmen, kann dies bedeuten, dass eine Veränderung stattgefunden hat, die nicht zum Besseren ist.

Die Herausforderung an viele Herzen ist die, ob sie bereit sind, in dieser Welt unverstanden, nicht anerkannt, unbesungen und unapplaudiert zu sein und einzig für ewige Werte zu leben. Vom Apostel Paulus wurde gesagt, er habe «nur mit ewigen Werten vor Augen» gelebt. Hatte er recht?

Ein Apostel sagt: «Die Welt kennt uns nicht... weil sie ihn nicht kannte». Ein anderer sagt: «Die sehnliche Erwartung der Schöpfung harrt auf die Offenbarung der Söhne Gottes» (Römer 8,19). Es wird einige Überraschungen geben, wenn das geschieht - auf beiden Seiten!

Nur der Geist der Sohnschaft, und diejenigen, die ihn haben, kennen die Söhne. Gott hat sie vor der Welt verborgen. Es ist schmerzvoll, nicht anerkannt zu werden, weil es unserer Natur zuwider ist - so wie sie ist.

Die Welt muss den Schmuck, die Ehren, Gewänder, Titel sehen, um von etwas Notiz zu nehmen. Am Anfang war das nicht so. «Sie erkannten sie als solche, die mit Jesus gewesen waren». Es gibt einen direkten Weg, wie die Welt uns kennen muss, und es ist der, dass sie weiß, dass wir hier sind, und dass wir etwas sind, das sie nicht verstehen kann.

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