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Geistliche Überlegenheit

von T. Austin-Sparks

Kapitel 2 - Aneignung durch Disziplin

Schriftlesung: Ps. 24,3; Offenbarung 14,1-5

Wir wollen geradeheraus sagen, was wir im Auge haben, so dass ihr sehen könnt, worauf wir hinarbeiten. Mit einem Wort ist es folgendes: Gott hat stets ein Volk in absoluter Überlegenheit im Sinn und im Auge gehabt. Ihr könnt das Wort «Überlegenheit» durch andere Wörter ersetzen, wenn ihr möchtet, wie zum Beispiel «Herrschaft», «Oberhand» und andere. Doch ist «Überlegenheit» ein sehr gutes Wort, und ich denke, es dient unserem Zweck; ein Volk in absoluter Überlegenheit.

Dieser Gedanke führt uns unmittelbar zu einem Schlüssel für die ganze Schrift. Er erklärt alles, was sich dort findet. Die Bibel ist nicht bloß der Bericht von verschiedenen Ereignissen, die Geschichte vieler Leben, oder etwas über viele Nationen. Nein. Alle diese Dinge haben ihr Zentrum in einer einzigen Sache, und das ist - ein Volk, das dem Sinn Gottes im Blick auf absolute Überlegenheit entspricht, und auch dem, was das geistlich bedeutet. Das ist gewiss eine Angelegenheit, die groß genug ist.

In diesem abschließenden Buch, an dem Punkt, von dem wir gelesen (Offenb. 14), haben wir eine Zuspitzung des göttlichen Vorsatzes. Wir finden die Frage der Überlegenheit in einem beantwortet, der «das Lamm» genannt wird, und mit ihm zusammen hundertvierundvierzig tausend. Die Frage bestand längst bevor David sie in dieser Form stellte - «Wer soll hinaufsteigen... wer darf stehen...?» Diese Frage ertönte von dem Tage an, da Adam diese ganze Angelegenheit der Überlegenheit in Bezug auf diese Welt in die Hände des Teufels fahren ließ, durch die Zeitalter herunter. Wer WIRD hinaufsteigen, wer WIRD die Herrschaft innehaben, wer WIRD alle überragen und wer WIRD stehen, wenn alles andere im Fall zerschmettert wurde? Diese Frage wird schließlich hier beantwortet, da die Stimme gehört wird als von vielen Wassern, als von einem großen Donner, als von Musikern, die auf ihren Harfen spielten, und da das Lamm und alle, die um es sind, auf dem Berg Zion erscheinen. Das ist, wie wir in einer früheren Betrachtung aufgezeigt haben, der Ort der endgültigen Uneinnehmbarkeit, was die Mächte der Finsternis angeht. Hier findet sich die Antwort.

Wiederum wird die Antwort in einer repräsentativen Gruppe gefunden. Indem wir dies feststellen, führen wir einen neuen Faktor in die ganze Situation ein. Warum versammeln wir uns als das Volk des Herrn? Ist es nur deshalb, weil wir eine Anzahl Christen sind, die den Herrn liegen und die Freude daran haben, von Zeit zu Zeit zusammen zu kommen, um einige Versammlungen zu erleben und Belehrung zu empfangen, und ganz allgemein einander zu helfen, bessere Christen zu werden? Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten von euch diese Frage mit Nein beantworten. Ihr habt erkannt, dass sehr viel mehr damit verbunden ist, dass wir zum Herrn gehören, als bloß dies, Christen zu sein, und zudem gute Christen. Ihr habt erkannt, dass Gott bezüglich seines Sohnes einen Vorsatz verfolgt, in den die Gläubigen berufen sind, und der bloß damit seinen Anfang nimmt, dass wir wiedergeboren werden. Dieser Vorsatz Gottes war die Ursache für eine intensive und unaufhörliche Feindschaft von seiten des ganzen Reiches des Bösen durch die Jahrhunderte hindurch. Es ist das Ziel, das am Ende des Christenlebens steht, auf welches diese Mächte des Bösen ihre Aufmerksamkeit konzentriert haben. Wenn sie gegen die Anfänge des Christenlebens in der Wiedergeburt sind, wenn sie gegen jedwede Phase des Christenlebens sind, und wenn sich jeder Gläubige, der sich entschließt, mit dem Herrn immer weiter voranzuschreiten, einer zunehmenden Intensität von Opposition gegenübersieht, dann geschieht dies alles wegen dessen, was diese Dinge hinsichtlich ihres Ergebnisses bedeuten. Die Angelegenheit wird nur deshalb individuell und persönlich, weil wir ein Teil des Ganzen sind; doch findet sich das Ganze nicht in irgend einem Individuum oder in irgend einer Anzahl von Individuen als solchen, sondern in einem einzigen Volk.


Israel als Illustration für geistliche Überlegenheit

Was immer uns in der Bibel geschichtlich berichtet wird, was immer wir dort in Bezug auf das finden, was sich konkret hier auf Erden abspielt, dem Fleische nach sichtbar, berührbar und bekannt, dazu gibt es ein geistliches Gegenstück. Es ist eine Repräsentation von etwas, das nicht sichtbar ist. Und unter all den Dingen, die diese Funktion ausüben, ist eines der größten die Nation Israels; bekannt in der Geschichte, sichtbar auf Erden, im Sinn Gottes jedoch eine große geistliche Absicht verbergend. Diese höchste Absicht in ihrer ganzen Fülle ist in einer kleinen Aussage in 5. Mose 28,1 und 13 enthalten: «Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, wirklich gehorchst und darauf achtest, alle seine Gebote zu tun, die ich dir heute gebiete... (dann wird) der Herr... dich zum Haupt setzen und nicht zum Schwanz; und es wird mit dir immer nur aufwärts gehen und nicht abwärts...» Das Geheimnis Gottes liegt in diesem Gefäß, das Gottes Gedanken illustriert. Derselbe Gedanke wird in geistlicher Realität an die Gemeinde weitergegeben, welche das geistliche Israel ist, und die eigentliche Erklärung für die Existenz der Gemeinde im Sinne Gottes ist genau dies - eine Nation über allen Nationen, ein Volk in absoluter geistlicher Überlegenheit. «Wer wird hinaufsteigen?» Die Antwort findet sich hier, im Gedanken und Sinn Gottes.

Diese Gedanke wird mit absoluter Sicherheit verwirklicht, doch zunächst wird er nur in einer repräsentativen Gruppe erreicht werden, deren Ausdruck diese Hundertvierundvierzigtausend sind. O, welch große Menge von Gottes Wort öffnet sich sofort, wenn wir diesen Schlüssel erhalten. Er bringt die ganze Geschichte Israels ins Blickfeld. Es beginnt mit Jakob, dem Mann, durch den die zwölf Stämme entstanden. Die ganze Geschichte Israels ist in die geistliche Erfahrung dieses einen Mannes hineingewirkt worden. Was war Jakob am Anfang, bevor er konkret unter die züchtigende Hand Gottes geriet? Nun, er war genau das, was die Nation an sich war: etwas Armes, Erbärmliches, Missratenes, Verächtliches. «Der Herr hat dich nicht erwählt, weil du etwa größer an Zahl als irgend ein anderes Volk gewesen wärst» (5. Mose 7,7). «Er erwählte dich nicht, weil du besser gewesen wärst als andere Völker». Nein, es war eine souveräne Wahl, und das ist alles, was ihr von Jakob sagen könnt. Wenn ihr irgend etwas möchtet, das den Mann empfohlen hätte, dann sucht ihr vergeblich; ihr werdet vielmehr vom Gegenteil finden. Doch dieser Wurm Jakob kam in die souveräne Hand Gottes, und aus diesem Jakob, dem Betrüger, dem winzigen, verachtenswerten Wurm, machte Gott einen Fürsten. Er änderte seinen Namen zu Israel - ein Fürst mit Gott - und er gab ihm zwölf Söhne, und was für eine Mischung waren sie doch! Wir wollen für den Augenblick nicht bei den Einzelheiten stehen bleiben. Doch haben wir hier zwölf Söhne, zwölf Stämme.

Israels zwölf Stämme - ein herrschendes Volk

Was bedeutet die Zahl zwölf? Zwölf steht in der Bibel stets für Regierung bzw. Herrschaft. Die zwölf Steine, die dem Jordan entnommen wurden, und die zwölf Steine, die mitten im Jordan aufgerichtet wurden (vgl. Josua 4,8.9), sprechen von der Überlegenheit über den Tod, von der Unterwerfung des Todes unter die Auferstehung. (Das ist in der eigentlichen Existenz des Volkes, über das wir nachdenken, eine absolute Angelegenheit). Elija baute auf dem Karmel einen Altar aus zwölf Steinen, von denen ausdrücklich gesagt wird, sie repräsentierten die zwölf Stämme Israels, und dieser Altar legte Zeugnis ab hinsichtlich der absoluten Überlegenheit Jahwes über sein Volk.

Viele Dinge widerfuhren den zwölf Stämmen. Dan verfiel dem Götzendienst und verlässt die Geschichte (s. Offenbarung 7), doch jemand anders nimmt Dans Platz ein, und so bleibt die Zahl zwölf in Offenbarung 21 erhalten. «Die heilige Stadt ... und sie hat zwölf Tore, und darauf Namen geschrieben, welches die Namen der zwölf Stämme der Kinder Israels sind». Die Zahl wird bis zum Ende durchgehalten. Ihr braucht jetzt nicht historisch zu denken; denkt geistlich. Zwölf bedeutet Herrschaft in Stellvertretung. Hundertvierundvierzigtausend (12 x 12 Tausend) werden auf dem Berg gesehen. Das spricht von vollständiger, absoluter, überlegener, transzendenter Herrschaft - ihr betretet ihr den Bereich der Superlative - durch das Lamm.

So könntet ihr weitergehen und alles aufsammeln und beobachten, wie der göttliche Gedanke in die eigentliche Struktur der Schrift einverwoben ist. Vom Beginn bis zum Schluss konzentriert sich alles auf die herausfordernde Frage: «Wer wird hinaufsteigen... ? Wer wird stehen... ? Wer wird schließlich die Herrschaft über Gottes Universum besitzen? Wer wird sein herrschaftliches Instrument und Gefäß sein zu Herrschaft über dieses Universums? Wer? «Du hast ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände gemacht» (Ps. 8,7). «Wir sehen Jesus... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt» (Hebr. 2,9). «Alles hast du seinen Füßen unterworfen» (Hebr. 2,8). «Er hat alles seinen Füßen unterworfen und hat ihn zum Haupt über alles der Gemeinde gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt» (Eph. 1,22.23). Vom Haupt aus geht die Herrschaft durch die Gemeinde, die sein Leib ist, hinaus ins Universum. Alles ist ein einziges Stück.


Israel verlor, was Gott beabsichtigt hatte

Welche Menge erklärt dies bezüglich der geistlichen Erfahrung! Ich werde hier innehalten, bevor ich weiterfahre. Dies stellt den großen Unterschied unter Christen dar, der Unterschied des Konzepts, was das Christenleben betrifft, wozu wir eigentlich da sind. Israel geriet in viele Versuchungen und Situationen, die diesem großen Schicksal entgegenstanden. Schließlich verfehlte Israel seine Bestimmung, und sie wurden unter die Nationen zerstreut und verloren so, was Gott mit ihnen vorhatte, zumindest was diese Heilszeit angeht. Das geschah nicht einfach so. Es gab dafür viele Gründe, und es sind genau dieselben Dingen, denen wir uns gegenübersehen und vor denen wir uns hinsichtlich dieser Berufung zu diesem Schicksal in Acht nehmen müssen. Denn auch wenn Gott am Ende sein Ziel erreichen wird, wird es in einer repräsentativen Gruppe erreicht werden, und nicht alle Christen werden dieses Ziel erreichen. Wäre es anders, warum dann dieser Konflikt, warum all die Ermahnungen, all dieses Flehen, dieses Drängen, diese Warnungen des Wortes Gottes an CHRISTEN? Warum gelangen wir nicht einfach automatisch dazu? Wozu all diese Schwierigkeiten, wenn es letztlich nicht darauf ankommt, da wir alle auf jeden Fall das Ziel erreichen werden? Seht ihr, wie absurd es ist, anzunehmen, dass ihr mir-nichts-dir-nichts, wenn ihr einmal Christen geworden seid, Gottes vollen Vorsatz erreichen werdet? Es ist nicht so! Israel widerfuhren Dinge, obwohl sie berufen waren und Gott auf ihrer Seite hatten, und jede göttliche Ressource zur Verwirklichung des Zieles ihnen zu Gebote stand, die sich ihnen als zu mächtig erwiesen, und durch die sie im Kampf überwältigt wurden. Wieder und wieder treten diese Niederlagen als Warnung an die Gemeinde auf. Die Dinge, die den Absturz bewirkten, sind auch die Dinge, deren wir uns voll bewusst sein müssen, und auch wenn es nicht angenehm ist, davon zu reden, es muss gesagt sein - in aller Treue.

Israels Torheit - es klebte am Buchstaben und
war nicht offen für den Geist

Einer der umfassendsten Feinde des großen Vorsatzes Gottes im leben Israels, und der schließlich zu seinem Sturz führte, war der: Dass sie alle Wahrheiten Gottes zu einem klar definierten, kompakten System von Aussagen und Praktiken zusammenstellten und sagten: «Das ist alles und damit hat sich‘s». Sie packten den ganzen Umfang göttlicher Offenbarung in Dosen und sagten: «Wir haben alles, und jetzt geht es nur noch darum, diese Aussagen und Formen zu bewahren». Sie fassten die ganze Offenbarung Gottes in eine formale Lehre und Praxis zusammen. Sie konnten nicht erkennen, dass die Substanz aller göttlichen Dinge göttliches Leben ist; dass ein großer Unterschied besteht zwischen dem Buchstaben und dem Geist; dass ihr alle Buchstaben und alle Formen haben könnt, und dennoch völlig tot seid und das Ganze euch keinen Deut nützt. Ihre Einstellung lief auf das hinaus: Sollte jemand behaupten, etwas mehr (als sie) von der Bedeutung des Herrn zu erkennen - nicht behaupten, eine frische Offenbarung vom Himmel bekommen zu haben, sondern etwas mehr von Gottes Bedeutung in dem gesehen zu haben, was bereits in seinem Wort gegeben worden ist, etwas, das eine Anpassung verlangte, einen neuen Fortschritt forderte, das vielleicht revolutionäre Schritte verlangte - dann wäre das unsicher, es wäre suspekt, es wäre etwas außerhalb von dem, was WIR festhalten, was UNS gelehrt wurde, was WIR glauben. So verschlossen sie sich all dem und verbarrikadierten so den Weg zu jeglichem geistlichem Fortschritt. Genau das tat Israel, und es war dies, wogegen der Sohn Gottes aufstand. Es war genau das, was den ganzen Vorsatz seines Kommens außer Kraft setzte und es zunichte machte, insofern es sie betraf.

Denkt an die Geschichte der Gerichtsverhandlung unseres Herrn vor Pilatus. Wo befinden sich unsere Sympathien, und wo unsere Abneigungen? Unsere Sympathien sind auf Seiten von Pilatus, dem Mann, der Wasser verlangte und seine Hände darin wusch: «Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten» (Mt. 27,24). Er war ein Mensch in einer Zwickmühle. Vielleicht verachtet ihr ihn wegen seiner scheinbaren Schwachheit, aber im Vergleich zu jenen, die sagten: «Gib uns Barabbas, und lass Jesus kreuzigen; sein Blut komme über uns und unsere Kinder» verlangt Pilatus unsere Sympathie, nicht jene andern. Wir fühlen mehr mit der Welt als mit der Gemeinde. Das ist eine starke Sprache. Ich meine, unsere Sympathie ist eher auf der Seite der Welt als auf der Seite jener, die beanspruchen, alles von der geistlichen Wahrheit zu wissen, alles zu besitzen. In ihrer Feindschaft gegenüber Christus ist die Welt nichts im Vergleich zu einem toten, fixierten, systematisierten Christentum... Hier liegt die Gefahr: alle Wahrheit zu haben, alle Glaubensartikel und Praktiken, und dennoch den Thron zu verlieren. Passt auf, «dass niemand eure Krone wegnehme» - etwa in dieser Richtung.

Das umfasst eine ganze Menge. Es ist nötig, dass wir noch einmal all die Dinge betrachten, die Israel zum Absturz brachten und es jenes großen und herrlichen Zieles beraubten, das Gott ihnen vorgesetzt hatte. «Der Herr, dein Gott, wird die hoch über alle Nationen dieser Erde erheben» (5. Mose 28,1). Satans Antwort darauf lautet: «Wenn ich es verhindern kann, niemals!»; und er greift zu jedem Mittel und zu jeder Methode, um zu erreichen, dass kein Same zu letzgültiger geistlicher Überlegenheit gelangt. Keine Gemeinde wird zu ultimativer Herrschaft gelangen, wenn er es verhindern kann.


Überlegenheit - erlangt durch herausfordernde Erfahrungen

Es ist dieser Thron, der das Zentrum des Universums bildet, es ist jener glorreiche Thron im Himmel, der herrscht, der regiert. Er beherrscht die Erfahrung jedes Gläubigen. Das heißt, er bestimmt unsere Versuchungen, die Angriffe, denen wir begegnen. Als Glieder des Leibes Christi sind unsere Prüfungen und Leiden nicht etwas für sich. Sie sind Teil des Unheils, das der Feind in uns angerichtet hat, indem er unsere geistlichen Fähigkeiten benebelt und unsere Augen geblendet hat, so dass wir die Dinge, die uns widerfahren, als persönliche Dinge betrachten. Es ist etwas vom Verheerendsten, unsere Leiden als persönliche Dinge zu betrachten. Wenn wir das tun, berauben wir sie nämlich ihres Zwecks und ihrer Bedeutung. Sobald wir anfangen, in uns hineinzublicken und unsere Leiden als gegen uns gerichtet ansehen, indem wir die ganze Sache zu einem persönlichen Problem machen, haben wir den Weg zum Thron verloren. Wenn ihr eine Person seht, die sich ständig mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, die ständig in ihren eigenen Leide kreist, eine, die aus dieser ganzen Angelegenheit der Disziplin und Züchtigung, der Prüfung, dem Test und der Bewährung des Glaubens vollständig eine persönliche Sache gemacht hat, so könnt ihr sofort ausmachen, dass eine solche den eigentlichen Lebensnerv der göttlichen Absicht in seinen Prüfungen und Leiden durchgeschnitten hat; sie ist eine besiegte Person. Wenn wir bloß die Prüfungen, die Widrigkeiten, die Leiden, die Probleme, die über uns kommen, nehmen und sie im Licht des großen Zieles sehen könnten, als Sprengel einer Leiter, auf denen unsere Füße den Thron erreichen werden! Es ist die Leiter des Leidens, die uns zum Thron führt. Es ist das LAMM, das auf dem Thron sitzt, es sind Leiden und Opfer, die uns zum Berg Zion bringen. Und dennoch machen wir (immer wieder) aus diesen Trübsalen eine persönliche Angelegenheit und verfehlen das Ziel, indem wir das tun.

Lasst euch nicht vom Selbstmitleid verzehren. Seht, was es ausrichtet. Es liefert dem Feind den Grund, den er braucht, um euch in der Niederlage festzuhalten. Ihr taugt zu überhaupt nichts mehr; eure Phrasen den Sieg betreffend sind nichts wert. Solange wir unsere Trübsale und Leiden nicht ergreifen und sagen: «Diese Sache soll mich höher hinauf bringen, ich muss sie unter meine Füße kriegen: Gott hat mir eine gute Gelegenheit geschenkt, dadurch Überlegenheit zu lernen»; solange wir nicht eine solche Einstellung hegen, wirken unsere Trübsale und Leiden genau in der entgegengesetzten Richtung zu dem, was Gott eigentlich beabsichtigt.

«Diese sind es, die aus der großen Trübsal kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und weiß gemacht in dem Blut des Lammes» (Offenb. 7,14). Das wird von einer anderen Gruppe in diesem Buch gesagt, und auch wenn es eine andere Gruppe ist, so ist das Prinzip dennoch dasselbe. Wenn Gott dort, auf dem Thron, eine repräsentative Gruppe bekommt, dann wird dies nicht kraft eines souveränen Aktes sein, der sie aufgreift und dorthin versetzt, sondern kraft gewaltiger Wehen; doch werden dies keine Wehen sein, in denen sie sich in Selbstmitleid gewälzt haben, sondern in denen sie sich durch die Gnade Gottes erhoben und die Überlegenheit erlangt haben.

Nehmt diese Dinge nicht dem bloßen Buchstaben nach, wenn wenn ihr das tut, entstellt ihr sie. Legt die buchstäbliche Vorstellung eines Berges, eines Thrones und einer Schar von hundertvierundvierzigtausend und Kronen und Älteste und was noch immer beiseite. Erkennt, dass es sich hier um eine symbolische Sprache handelt, in der geistliche Prinzipien enthalten sind. Es ist alles geistlicher Natur und geistlichen Wesens; und geistliche Überlegenheit, oder das auf den Thron Gelangen, ist etwas, das in unserem Innern bewirkt wird, nicht zu irgend einem zukünftigen Zeitpunkt, sondern jetzt. Jeder einzelne Tag im Leben eines Kindes Gottes wird genügend Material liefern, das drüber entscheidet, ob er oder sie auf den Thron gelangt oder nicht. Wartet nicht auf den großen Tag, da Satan vom Himmel herab geworfen wird und es für ihn keinen Platz mehr geben wird. Wir wollen vielmehr den Herrn bitten, dafür zu sorgen, dass dies, wenigstens bis zu einem gewissen Maße, heute geschieht. Die Himmel mögen einen geographischen Ort haben, aber sie sind auch eine geistliche Wirklichkeit. Das ist es, was wir vor uns haben, das ist es, worauf der Herr hinaus will: Er möchte nicht bloß eine Anzahl Christen haben, und so gute Christen wie nur möglich, sondern er möchte ein Volk haben, das an den Platz gelangt, wo auf die Frage und die Herausforderung - «Wer wird hinaufsteigen?» - die vollständige und endgültige Antwort gegeben wird.

Beides - Notwendigkeit und Herausforderung - erfüllt
durch ein gezüchtigtes Volk

In einer früheren Betrachtung haben wir Hiob erwähnt, und wir werden für den Moment mit einer weiteren Bezugnahme auf ihn schließen. Hiob erlebte einen gewaltigen Aufstieg aus einer kotigen Situation, heraus und hinauf an den Ort der Rechtfertigung, wo der Herr auf eine neue Weise auf ihn zeigen und sagen konnte: «Dieser Mann ist der Schlüssel zur Antwort auf eure Gebete, und ihr werdet überhaupt keine Gebetserhörung erleben, es sei denn, er stelle sich in den Riss: eure geistlichen Interessen und euer Schicksal hängen von ihm ab!» Das ist ungeheuer: dass ein Mensch einen bestimmten Punkt erreicht haben soll, wo das Schicksal von vielen andern von ihm abhängt, und Gott es so beschlossen und mit so vielen Worten auch gesagt hat - «Euer geistliches Wohlergehen hängt von diesem Manne ab; ich habe ihn um euretwillen in diese Position bringen müssen». Es war ein Aufstieg; und was für ein Auf- und Ausstieg war dies für Hiob!

Was hat Gott in all dem getan? Er hat auf eine Herausforderung der Hölle reagiert. Im Effekt, wenn nicht in Worten, lautete die Herausforderung Satans so: «Wer wird hinaufsteigen? Wer wird (dort oben) stehen? Lass mich Hiob anfassen, und du wirst sehen, ob er steht oder nicht, du wirst sehen, ob er hinauf gelangt oder nicht». Und Gott sagte: «Ich will auf diese Herausforderung durch diesen Mann antworten». Die Herausforderung wurde beantwortet. Kann es nicht sein, dass dies genau das ist, was der Herr durch die Gemeinde tut? Warum wurde Satan erlaubt, durch all die Jahrhunderte hindurch fortzufahren? Warum wurde seine Existenz nicht ausgelöscht, als Christus seine Macht auf Golgatha zerstörte? Warum musste die Gemeinde durch die Jahrhunderte so leiden, wie sie es tat? Warum ist heute das Volk Gottes so unterdrückt und betrübt? Gott antwortet dem Feind, und in jener Gruppe auf dem Berg Zion mit dem Lamm wird die vollständige Antwort gefunden. Diese sind hinaufgestiegen, und diese werden feststehen. Natürlich bleibt uns noch zu erkennen, was für dieses Feststehen und diese Überlegenheit grundlegend ist. Das ist geistliche Geschichte, doch haben wir hier die Tatsache, worauf Gott hinaus will, was es ist, das seine Absichten von Anfang an allein befriedigen wird. «Wer wird hinaufsteigen? Wer wird stehen?» Der Berg Zion und was er geistlich bedeutet, wird die Antwort sein. Und der Apostel sagt: «Ihr seid gekommen zum Berg Zion... zur Gemeinde der Erstgeborenen» (Hebr. 12,22.23). Es ist ein und dasselbe.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.