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Glaube zur Ausweitung durch Widerwärtigkeit

von T. Austin-Sparks

Kapitel 4 - Glaube in Bezug auf das Leben

Schriftlesung: Römer 4,16-25.

Wir sind geführt worden, den Glauben in Beziehung zu drei Dingen zu betrachten.

Erstens, den Glauben in Beziehung zur Ausweitung. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der von Gott an sein Volk geoffenbarte Gedanke die Ausweitung zu seiner eigenen Fülle ist. «Die ganze Fülle Gottes» ist das Wort, das Gottes Gedanken im Blick auf sein Volk anzeigt. Doch jede frische Bewegung in Richtung Ausweitung, oder jede Phase in der Ausweitung, kommt durch eine frische Herausforderung zum Glauben zustande - wobei der Glaube auf eine neue, bisher noch nicht bekannte Weise auf die Probe gestellt wird - und durch den Triumph des Glaubens geschieht eine weitere Ausweitung. Die Schrift zeigt von Anfang bis Ende, dass es bei Gott auf keinem anderen Weg Erweiterung und Vermehrung gibt.

Zweitens sehen wir den Glauben in Beziehung zur Festigung. Wir haben den Gedanken Gottes erkannt, das er die Dinge in einem Zustand der Stabilität, der Dauerhaftigkeit, der Beständigkeit, der Zuverlässigkeit haben möchte; es muss etwas Substantielles, etwas tief Gegründetes, Verwurzeltes und Unbewegliches sein. Gott wirkt entlang dieser Linie, er versucht stets, all jene Elemente in uns zu eliminieren, die schwach, unzuverlässig, unfähig sind, ein Gewicht zu tragen oder Verantwortung zu übernehmen; er möchte uns an einen Ort bringen, wo wir in Christus gefestigt werden. Doch jedes Stück von diesem Werk des Bestätigens, Festigens, Verwurzelns und Gründens ist mit einer weiteren Prüfung und Erprobung des Glaubens verbunden. Jeder frische Sturm schickt unsere Wurzeln tiefer hinunter und bewirkt, dass wir einen festeren Halt gewinnen. Es ist entlang der Linie der Glaubensprüfung, dass wir gefestigt werden. Wo kein Test, keine Erprobung stattfindet, wo keine Widerwärtigkeiten auftreten, sind wir schwach und unzuverlässig. So sehen wir also durch die ganze Schrift hindurch, wie Gott sich darauf zu bewegt, die Dinge erledigt und gefestigt zu bekommen, genau seiner Natur entsprechend: ewig, bleibend, dauerhaft für immer. Die ganze Bibel zeigt, dass dies durch Glauben zustande kommt.

An dritter Stelle sehen wir den Glauben in Beziehung zum Leben. Dies soll uns diesmal beschäftigen, wobei wir ein abschließendes Wort zum Abschluss anfügen möchten.


Glauben in Beziehung zum Leben

Es ist wohl kaum nötig, dass ich euch durch die ganze Bibel hindurch lotse, um euch begreiflich zu machen, wie diese beiden Dinge zusammen gehen. Vieles wird euch in den Sinn kommen, während wir fortschreiten. Ich erinnere euch einfach an die vertraute Tatsache, dass diese Angelegenheit des Lebens die ganze Bibel durchdringt. Die Bibel beginnt mit dem Baum des Lebens, und sie schließt mit dem Baum des Lebens, und das ist das große Thema von Anfang bis Ende. Von einem bestimmten Gesichtspunkt aus dreht sich die Bibel, wie wir früher schon bemerkt haben, vollständig um diese Frage des Lebens als Gegensatz zum Tod. Wir finden darum, wie im Falle der anderen beiden Dinge - Ausweitung und Festigung - dass Gott uns in keinem Zweifel darüber gelassen hat, wie er diesbezüglich denkt. Er hat vollkommen deutlich gemacht, dass sein Gedanke Leben ist, und zwar Leben in Fülle. Und zwar so sehr, dass der Herr Jesus bei seinem Kommen in die Welt, wo er mit der einen Hand zum Anfang zurückreicht und mit der andern Hand in die Zeitalter der Zeitalter hinein, die noch kommen werden, erklärt, dass er sich auf einem einzigen Grund und mit einem einzigen Vorsatz in dieser Position befindet: «Ich bin gekommen, dass sie Leben haben, und dass sie es in Fülle haben» (Joh. 10,10).


Ausweitung hängt vom Leben ab

Nun, diese beiden Dinge, von denen wir gesprochen haben - Ausweitung und Festigung - sind untrennbar mit dieser Frage des Lebens verbunden.

Alle Ausweitungen Gottes geschehen aufgrund von Leben. Wir sehen ein Gleichnis dafür im Werk der Schöpfung. Von allem Anfang an finden wir Gott dabei, den hohlen Raum, die Öde, die Leere zu füllen, welche der anfängliche Zustand dieser Welt gewesen war - wir sehen, wie Gott sie in jedem Bereich mit Begriffen von Leben füllt. Seine wachsende Fülle geschah entlang der Linie des Lebens. Das ist ein Gleichnis für Gottes Weg. Zunahme und Fülle im Christenleben, im Volk Gottes, geschieht stets in Form von Leben. Wenn Gott hinzufügt, ist es immer zusätzliches Leben. Das ganze Werk Gottes hat zum Ziel, dass mehr Leben gegenwärtig ist, als je zuvor vorhanden war. Und so bewegt sich Gott - durch Krisen und Phasen - mit seinem Volk Schritt für Schritt vorwärts - sofern sie ihn lassen, sofern sie nicht im Unglauben schwankend werden - in Richtung seiner letzten Fülle auf der Grundlage eines ständig zunehmenden Lebens.

Festigung hängt vom Leben ab

Dasselbe trifft auf die Festigung zu - auf das Werk des Bestätigens, das die Dinge stabil, solide und tief macht. Auch dies geschieht stets in Beziehung zum Leben: Im Leben bestätigt werden, stark werden im Leben. Das entscheidende Element in diesem Leben ist seine Ewigkeit. Eine Zunahme an Leben ist stets ein Hinweis dafür, dass im Herzen etwas Tieferes geschehen ist, das Hervorkommen durch den Sieg des Glaubens aus einem Zustand der Ungewissheit, aus irgend einer Schwierigkeit, irgend einer dunklen Erfahrung, aus einer Krise. Dieses Hervorkommen fügt ganz einfach mehr Leben hinzu - das ist alles. So ist es jedes Mal: Wir stellen fest, dass wir mehr Leben erfahren und uns dessen freuen. Leben ist die Basis dessen, dass wir gefestigter werden.

Es gibt viele Leute, die meinen, es seien andere Dinge, die zu Kosolidierung und Festigung, zu Sicherheit und Gewissheit führen. Aber es geht nicht auf diese Weise. Ihr werdet nicht gefestigt durch mehr Belehrung, oder durch zusätzliche Information, selbst über göttliche Dinge. Ihr werdet nicht einmal geistlich gefestigt, wenn ihr eure Bibel besser kennen lernt. Das will nicht heißen, dass ihr nicht bestrebt sein solltet, sie besser kennen zu lernen, doch wahre Festigung ist jene, die durch das Leben, das wir in uns selbst kennen, kommt. «Und das Zeugnis ist dies: dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat» (1. Joh. 5,11). Das Zeugnis ist nicht eine Form der Lehre, eine Interpretation von Wahrheit, ein System der Lehre oder eine bestimmte Art, Dinge zu tun. «Und das Zeugnis ist dies: dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat», und gefestigt zu werden bedeutet, dieses Leben in ständiger Vermehrung zu kennen.


Der Beweis für Gott ist Leben

Wir wollen nun einen Blick auf das werfen, was wir «Beweise für Gott» nennen möchten. Wir wollen sogleich betonen, dass der umfassende Beweis für Gott einfach das Leben ist. Der Beweis für Gott - der Nachweis, das Zeugnis für Gott, und das Zeugnis für das, was von Gott ist - ist Leben. Lasst uns zum ursprünglichen Kriterium im Symbolismus des Anfangs zurückkehren: zum Baum des Lebens. Es ist vollkommen klar, dass dieser Baum des Lebens, und das, was er repräsentierte und symbolisierte, die ganze Frage enthielt, ob Gott mit dem Menschen weitergehen konnte oder nicht, ob der Mensch mit Gott weiterging oder nicht, ob ihre Beziehung intakt bleiben wird. Der «Beweis» für Gott hat hier sein Zentrum.

Nun, dieser Baum repräsentierte offensichtlich ein anderes Leben als das, welches der Mensch bereits besaß. Gott hatte die lebendigen Dinge eingeführt. Die Wasser schwärmten von lebendigen Kreaturen; die Luft schwärmte von lebendigen Vögeln; die Erde war voller lebendiger Kreaturen und lebendiger Vegetation. Dann wurde der Mensch erschaffen, der «Atem des Lebens» wurde in seine Nase gehaucht (1. Mose 2,7), und er war zu einem belebten Wesen geworden. Er hatte, was wir alle von Natur aus haben - dieses natürliche Leben. Es war nach der Mitteilung dieser Art von Leben, und nachdem er Mensch eine lebendige Seele geworden war, dass Gott auf den Baum des Lebens hinwies und ihn zu einer Frage von Leben und Tod machte, weil der Mensch dieses Leben nicht verwirkte, das in ihm war, als er ungehorsam wurde. Der Baum repräsentierte und symbolisierte offensichtlich ein anderes Leben als das, welches Gott ihm bereits eingehaucht hatte - ein vollständig anderes Leben.


Das göttliche Leben verwirkt

Der Tod würde folglich zwei Dinge bedeuten. Zuerst gewann er die Bedeutung einer Veränderung im Menschen, so wie er war. Obwohl er als ein belebtes Wesen für eine Reihe von Jahren weiter existieren würde, so hatte sich doch in ihm etwas verändert. Wir wollen uns nicht dabei aufhalten, diese Veränderung zu analysieren, aber durch Ungehorsam wurde er selbst in seinem eigenen natürlichen Wesen anders. Zweitens verwirkte er sein Recht auf dieses andere und zusätzliche und wirklich echte Leben, wie es vom Baum repräsentiert wurde. Er erbte es nie, er besaß es nie. Es wirft etwas Licht auf die Worte von Johannes an den Herrn Jesus, dass «so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben» (Joh. 1,12). Ihr stellt fest, dass die ganze Frage des Glaubens mit dem Recht in Verbindung gebracht wird. Es ist mit andern Worten das Recht auf dieses andere, göttliche Leben, das wir dadurch bekommen, dass wir von Gott gezeugt werden. Das Recht auf dieses Leben wurde von Adam durch Ungehorsam bzw. Unglauben verwirkt. Das Recht auf dieses Leben wird aber durch Glauben an den Herrn Jesus zurück gewonnen.

Nun sagte Satan: «Hat Gott gesagt, ihr würdet gewiss sterben? Ihr werdet mit Sicherheit nicht sterben!» Was für eine kategorische Aussage. Beachtet bitte: Abgesehen von seinem bewussten Unterbruch der Gemeinschaft mit Gott durch seinen Ungehorsam aufgrund von Unglauben, war sich Adam wahrscheinlich gar nicht bewusst, was geschehen war. In der Tat, ein Stirnrunzeln und ein Schatten kam über das Angesicht Gottes; das Licht und die Klarheit der Gemeinschaft existierte nicht mehr; doch der Mensch lebte weiter. Er fiel nicht auf der Stelle tot um und ging zugrunde. Er lebte lange Zeit weiter, er wuchs weiter, entwickelte sich und wurde immer größer. Wenn ihr die ungeheure Ausweitung nach seiner Art betrachtet, die von diesem einen Menschen ausging - seine Kinder, seine Familie, sein Stamm, sein Geschlecht - so sieht es ganz so aus, als habe der Teufel Recht bekommen. «Ihr werdet mit Sicherheit nicht sterben». Gott lag falsch, der Teufel hatte Recht.

Die Irreführung durch ein falsches Leben

Aber was ist geschehen? Es ist eine tiefe und schreckliche Täuschung in den Menschen eingedrungen - die Illusion eines falschen Lebens, in deren Zentrum eine dicke Lüge liegt. Und das hat sich ganz gewiss ausgewirkt, und es wirkt sich noch immer aus. Es mag vielleicht tagelang oder auch viele Jahre lang zunehmen; es findet eine Entwicklung und Ausweitung nach seiner Art statt, in der Art dieser Welt; aber im Herzen von allem steckt Bitterkeit und Enttäuschung. Und schließlich herrscht am Ende höchstens Leere, Desillusionierung. Wozu ist das alles geschehen? Wozu das Ganze?

Und die unzufriedensten Leute sind noch immer die, die am meisten haben. Das ist so, nicht wahr? Die Leute, die am meisten haben, die aber den Herrn nicht kennen, sind die unzufriedensten Leute in dieser Welt. Der Beweis dafür liegt auf der Hand. Wie ich bei einer früheren Gelegenheit schon gesagt habe, war ich vor ein oder zwei Jahren in einem Teil der Welt, wo die letzte Schrulle bis zur Fülle gesättigt ist. Alles, wonach die Seele des Menschen lechzen oder verlangen könnte, scheint erhältlich zu sein. Im südlichen Kalifornien seht ihr Morgen (acre) für Morgen (acre) und Meile um Meile der wunderbarsten Frucht. Ich habe Säcke voll der wunderschönster Grapefruits und Orangen aufgelesen, die ihr je gesehen habt. Doch mein Freund, auf dessen Früchtefarm ich wohnte, sagte: «Wisst ihr, es ist so verschwenderisch, dass, um den Markt dafür überhaupt aufrecht zu erhalten, Tonnen um Tonnen dieser wunderbare Frucht in eine Grube geworfen werden, Säure darüber geschüttet wird, damit niemand sie abholt und versucht, daraus ein Geschäft zu machen». Arme Leute, die daraus einen kleinen Zustupf herausholen könnten, werden daran gehindert, um irgend eine Art von Markt aufrechtzuerhalten.

Und so verhält es sich nicht bloß bei natürlichen Produkten, sondern auch beim Vergnügen. Schon das Wort «Hollywood» ist zum Inbegriff des Höchsten in Sachen Befriedigung menschlicher Wünsche geworden. Ihr könnt alles dort ausgebreitet sehen. Doch ach! Diese Fieberhaftigkeit, die Ruhelosigkeit, die Ungewissheit, die Angst! Das größte Spital der Welt befindet sich dort in Los Angeles, und viertausend Fälle werden Tag für Tag dort behandelt, in einem Land wie diesem, wo jede mögliche Hilfe zur Gesundheit vorhanden ist. Was soll das alles? Es ist die Anstrengung, mit dem Leben fertig zu werden. Draußen in einer sehr schönen Vorstadt sah ich im Vorbeigehen Haus für Haus zum Verkauf oder zum Vermieten angeboten, und ich fragte meinen Freund: «Was bedeutet denn das?» «O, jeder im Umkreis von Meilen von dieser Stadt lebt, als stünden wir am Rande eines Vulkans wegen dieser Atombomben-Sache. Sie ziehen alle aus, so weit sie nur können, weil sie glauben, an jedem beliebigen Tag könne eine Atombombe über Los Angeles abgeworfen werden». Mit allem nur Vorstellbaren, um das Leben auszufüllen, leben die Leute unter Anspannung, Stress und Angst. Ich habe das Bild nicht übertrieben, weil ich das gar nicht kann.

Ich habe dies als Illustration für die Wahrheit herausgegriffen, dass, je mehr die Menschen haben, desto unbefriedigter sie sind. Je mehr ihr diesem Leben gebt, desto mehr nimmt es euch - und kann es euch nehmen - und desto mehr wird es fordern, und desto unbefriedigter ist es. Es laugt uns in kürzester Zeit aus. Das Ganze hält nicht an, es ist nicht dauerhaft - und dies ist das Leben, das der Teufel anstelle jenes anderen Lebens vermittelt hat. Ihr und ich, wir mögen sehr wenig in dieser Welt besitzen - überhaupt nichts im Vergleich zu kalifornischen Verhältnissen - und doch haben wir den Herrn Jesus in unseren Herzen und sind vollkommen befriedigt. Der Unterschied besteht in etwas höchst Praktischem. Der Teufel sagte: «Ihr werdet mit Sicherheit nicht sterben», und der Mensch schluckte es ganz einfach; er glaubte, Gott hätte Unrecht, und der Teufel habe Recht. Und das ist es, wozu dies geführt hat - ein falsches Leben, hohl, bis ins Mark, nie und nimmer die wahren Bedürfnisse des Menschen befriedigend; letztlich ein Gespött, eine schön aussehende Frucht, die aber vom Baum fällt, bevor sie überhaupt reif ist.

Doch in jenem anderen Leben, das durch den Baum des Lebens repräsentiert wird, ist es ganz anders. Dieses Leben hat überhaupt nichts mit Dingen zu tun; es hat mit einer Person zu tun. Dieses Leben laugt nicht aus; es dauert unendlich - es überlebt alles. Es muss nicht, wie das andere, durch künstliche Beatmung und Stimulanzien in Gang gehalten werden - und wie künstlich sind diese Dinge! Dieses Leben wird von einer lebendigen Quelle lebendig erhalten.

Das geht einem sehr nahe. Es ist sehr, sehr wichtig, sich dessen zu vergewissern, dass dies bei jedem neuen Bekehrten stattgefunden hat: dass darüber keine Irreführung und keine Illusion besteht, sondern dass sie wirklich, entschieden und mit Sicherheit , Empfänger dieses anderen Lebens geworden sind - dieses Leben das keine ständige Aufeinanderfolge von Stimulanzien von außerhalb benötigt, sondern das, wenn alle äußeren Dinge aufhören, stets weitergeht. Das wird der entscheidende Test sein.

Nun, diese Illusion kann sich in die Religion einschleichen, und das ist genau der Ort, wo der Teufel sie mehr als irgendwo sonst haben will. Der Herr hatte in dieser Sache der Gemeinde in Sardes etwas zu sagen: « Du hast einen Namen» - einen Ruf - «dass du lebest, dabei bist du tot» (Offenb. 3,1). Einen Ruf, zu leben - und doch tot! Die Flammenaugen durchschauen die falsche Situation - die falsche Reputation, den falschen Namen. Es wäre nicht schwierig, sich vorzustellen oder zu porträtieren, was das für eine Gemeinde sein würde. Wir brauchen uns nicht dabei aufzuhalten. Es gibt viele Dinge, die den Anschein haben, sie würden leben - die wie Leben aussehen - zumindest was die Leute Leben nennen - und doch sind sie kein Leben. Sie benötigen äußerliche Stimulanzien, die immer neu angewandt werden müssen, um die Sache in Gang zu halten. Was der Herr Leben nennt, ist etwas ganz Anderes.

Kennzeichen des göttlichen Lebens

a. Frische

Einer der Gedanken im Zusammenhang mit diesem göttlichen Leben ist Neuheit, oder Frische. «Damit wir... in Neuheit des Lebens... wandeln sollen» (Röm. 6,4). Dem Wort «neu» in unserer deutschen Bibel liegen zwei griechische Wörter zugrunde. Das eine bedeutet etwas, das es noch nie zuvor gab; das andere birgt den Gedanken von etwas, das jung und frisch ist. Dieses göttliche Leben ist natürlich etwas, das noch nie zuvor jemand besessen hat, außerhalb von Christus, aber sein besonderes Kennzeichen, sein Charakteristikum, ist seine Frische - seine Freiheit von jegliche Erdgeruch. Diese Erde ist eine verfluchte Erde; sie liegt im Tod, sie steht unter Gericht, und alles, was zu ihr gehört, ist ebenfalls dem Gericht verfallen; was immer diese Erde berührt, das bringt sie mit dem Tod in Berührung. Dieses Leben, von dem wir sprechen, ist vollständig frei von jeglichem Erdgeruch, und auch frei von der Berührung durch das, was der Mensch von Natur aus ist. Es ist daher frisch, und für seine Frische fordert es, dass es von dieser Erde frei, und auch frei von der Berührung durch den Menschen gehalten wird.

Das war schon die ganze Zeit der entscheidende Punkt. Das Leben Gottes tritt auf, und es ist beherrschend und wunderbar frisch und wunderschön; und was dann? Irgendwie muss der Mensch in den Griff bekommen, muss es in seine Form gießen, muss es seinen Vorstellungen entsprechend verlaufen, er muss es organisieren und eine Maschinerie dafür auf die Beine stellen, und es geht nicht lange, bis die Frische verschwunden ist. Etwas hat es berührt, das ihm seine Blütenfrische raubt; im Laufe der Zeit ist es alt geworden; und - vielleicht erlaubt man mir, das zu sagen, als einem, der selber nicht mehr jung ist - Gott hat kein Interesse an irgend etwas, das alt ist. Gott interessiert sich nur für das Leben in uns, das von ihm stammt, und sein Interesse gilt dem, dass es frisch erhalten bleibt. «Selbst bis ins Alter... und bis zum grauen Haar» ist die Frische vorhanden, wenn das Leben Gottes das Prinzip ist, aufgrund dessen wir leben.

Ja, aber wir müssen die Hände davon lassen und müssen den Erdgeruch fernhalten. O wie schrecklich ist doch die Gewohnheit des Menschen, das Leben Gottes in den Griff zu kriegen und es zu managen. Sie hat mehr Werke Gottes zerstört als irgend etwas sonst, sie hat wunderbaren Bewegungen des Geistes ein Ende bereitet. Der Mensch hat seine Hand darauf gelegt, hat die Dinge in seinen Rahmen eingefügt, hat es unter die Kontrolle und Leitung seines Komitees gebracht. Seht gut; der Herr zieht sich zurück, und die Frische seines Lebens ist nicht mehr aufzufinden. Frische, Neuheit ist das Kennzeichen von Gottes Leben.

Die Gemeinde ist seine neue Schöpfung. Die Gemeinde ist seine neue Schale, um auf die Elisha und die fallende Frucht von den Bäumen von Jericho Bezug zu nehmen, weil dieses entscheidende Element im Wasser fehlte. «Bringt mir eine neue Schale», sagte er, «und tut Salz hinein» (2. Könige 2,20). Die Wasser wurden geheilt. Und Pfingsten ist das Gegenstück dazu. Die Gemeinde ist die neue Schale mit dem Leben darin, um allem Tod in dieser Welt entgegen zu wirken: da ist Neuheit des Lebens vorhanden, und auch ein neues Gefäß. Der Herr legt seinen Finger genau auf jenes Prinzip, wenn er sagt: «Kein Mensch» (er hätte hinzufügen können: «und noch viel weniger Gott») «füllt neuen Wein in alte Weinschläuche» (Mk. 2,22). Das wäre verrückt. «Wenn ihr das tut, dann verliert ihr alles», sagte er. «Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf ein altes Gewand» (V. 21); ebenso wenig tut Gott so etwas. Er muss alles neu und frisch haben. Wir sind Bürger des neuen Jerusalems (Offenb. 3,12; 21,2); und so könnten wir weiterfahren. Wenn ihr die Wörter «neu» und «Neuheit» nachschlagt, werdet ihr staunen, wie vieles sie im Neuen Testament abdecken. Alles ist neu, wo dieses Leben ist.

b. Produktivität

Der zweite Gesichtspunkt dieses Lebens ist seine Fruchtbarkeit oder Produktivität. Das ist Gottes Methode des Wachstums. Es besteht ein riesengroßer Unterschied zwischen dem Überstülpen, dem Hinzufügen, des Anhäufens von außen, und dem Wachstum von innen. Das ist Gottes Prinzip, das organische Prinzip der Zunahme und der Vervielfachung durch Leben von innen, und es geschieht tatsächlich auf diese Weise. Leben produziert Leben, und Leben produziert Organismen nach seiner Art; der Samen hat des Leben in sich selbst, um zu reproduzieren, um sich hundertfältig zu vervielfachen.

Das ist ein Zeugnis, aber es ist auch ein Test und eine Herausforderung. Wo kein Wachstum vorhanden ist, dann stimmt etwas nicht mit der Angelegenheit des Lebens. Wenn wir, ihr und ich, keine Frucht bringen, wenn wir uns nicht auf dem Weg des Wachstums befinden, dann müssen wir uns einmal diese Angelegenheit unseres Lebens ansehen. Denn Frucht ist unvermeidbar, sie ist spontan. Wenn Produktivität stattfinden soll, muss Leben vorhanden sein: und wo Leben ist, da ist auch Reproduktion - es sei denn, wir behindern das Leben oder wir gehen quer durch das Leben hindurch. Wenn wir irgendwie die Brunnen verstopfen, dann hört unsere Fruchtbarkeit auf.

c. Unerschöpflichkeit

Ferner wird dieses Leben auch durch Unerschöpflichkeit charakterisiert. Es gibt kein Ende davon, es ist unerschöpflich; es geht immer weiter. Wie wir bereits gesagt haben, es wird nicht alt. Wir können alt werden, doch dieses Leben in uns wird überhaupt nie alt. Es geht immer weiter, es ist unerschöpflich.

d. Unverderblichkeit

Und dann, weil es Gottes Leben ist, ist es unverderblich. Leben wird in der Bibel durch Salz symbolisiert. Das Symbol der neuen Schale und des Salzes entspricht ganz einfach dem Gefäß Gottes, welches das Leben Gottes in sich hat. Die Gegenwart dieses Lebens ist das Gegenmittel zur Gegenwart der Korruption, wo immer sie vorhanden ist.

Das kann man sehr deutlich in der ersten Kapitel der Offenbarung sehen, welche den Aufruf und die Botschaft an die Gemeinden enthalten. Es war ganz klar eine Zeit des geistlichen Zerfalls. Doch gehen wir weiter und sagen, eine Zeit der geistlichen Korruption. Das ist eine starke Sprache, aber sie ist gerechtfertigt. «Du duldest das Weib Isebel» (2,20); «Du hast solche... welche die Lehre des Bileam festhalten, der Balak beibrachte, einen Stolperstein vor die Kinder Israel zu legen» (2,14). Hier liegt Korruption vor, und die Herausforderung für diesen Korruptionszustand wird in erster Linie durch die Ankündigung des Herrn selbst angezeigt. «Ich bin... der Lebendige; ich war tot, doch siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit» (1,17-18). Es ist, als wollte er sagen: «Ich messe dich am Standard dieses unverderblichen Lebens, aufgrund des Prinzips dieses unverderblichen, todlosen, todesüberwindenden Lebens; Ich fodere dich in deiner Verdorbenheit heraus». Der Nachdruck der Botschaft liegt darauf: «Diese Zustände der Korruption sind auf etwas zurückzuführen, das das Leben aufgehalten hat. Hättest du das vibrierende, herrschende, triumphierende Leben, gäbe es überhaupt keinen von diesen Zuständen».

Der entscheidende Punkt für die Überwindung, das Beseitigen von aller Korruption ist der des Lebens. Das Korrektiv für falsche Lehre - für Heteredoxie - ist nicht Orthodoxie. Das heißt, lasst uns die Worte verändern: Das Korrektiv für den Irrtum ist Leben. Das ist es, was die Schrift aufzeigt. So war es bei den sieben Gemeinden. Johannes, der die Offenbarung schrieb, schrieb fast zur gleichen Zeit auch seine Briefe, und auch diese behandeln Falschheit, Irrtum, Niedergang, Zerfall, Korruption, den Antichrist und den ganzen Rest - einen schlechten Zustand, der über die Gläubigen kommt; und das große Wort von Johannes in der Offenbarung und in seinen Briefen, ebenso auch in seinem Evangelium, ist Leben. Das geht aus dem elementarsten Studium seiner Schriften hervor.

Johannes beginnt sein Evangelium mit: «In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen» (1,4), und das ist die Schlüsselnote durch das ganze Evangelium hindurch. Auch seine Briefe folgen diesem Ton. «Das Zeugnis ist dies, dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat auch das Leben nicht» (1. Joh. 5,11-12). Am Anfang der Offenbarung findet ihr dieses: «Ich bin der Lebendige» (1,17-18); dann geht ihr weiter zu den «vier Lebewesen» (4,6), zu ihrem Zeugnis und ihrem Einfluss; und ihr beendet die Offenbarung mit dem «Baum des Lebens» und dem «Strom von Wasser des Lebens» (22,1-2). Immer geht es um das Leben. Und das alles wird in Tagen der Korruption präsentiert. Die Antwort auf Korruption sind nicht Argumente, sonder es ist göttliches Leben.

e. Intelligenz: Leben nimmt Leben wahr

Dieses Leben ist etwas, das nur von denen geschätzt und verstanden wird, die es haben. Jene, die es nicht besitzen, können zwar seine Wirkungen und seine Frucht wahrnehmen, aber sie verstehen es überhaupt nicht. Sie mögen sagen: «Nun, diese Leute haben etwas bekommen, von dem ich nichts wisse: ich verstehe es überhaupt nicht, ich weiß nicht, was es ist. Sie scheinen damit glücklich zu sein, aber ich stehe all dem fremd gegenüber». Oder vielleicht berührt es sie absolut nicht. Sie mögen in etwas geraten, wo überströmendes Leben vorhanden ist, und gehen unberührt wieder weg. Sie verstehen und schätzen es ganz einfach nicht. Aber diejenigen von uns, die dieses Leben haben, verstehen und schätzen es. Wir können es niemand anderem erklären, genauso wenig, wie wir natürliches Leben erklären können. Niemand kann erklären, was Leben ist. Doch wenn wir geistlich lebendig sind, wirklich geistlich lebendig, und wir unter andere Kinder Gottes geraten, dann spüren wir etwas. Vielleicht verspüren wir Tod, einen Mangel an Leben, etwas, das hier nicht lebendig ist; irgend ein Check hinsichtlich des Lebens findet hier statt. Andererseits verspüren wir möglicherweise die Gegenwart von Leben. Nun, diese Fähigkeit, einzuschätzen und zu verstehen ist der Führer des Volkes Gottes. Es ist eine sehr intelligente Fähigkeit - sie ist in der Tat unsere «Intelligenz» in mehr als einem Sinne (Anmerkung: «intelligence» hat im Englischen auch die Bedeutung von «Nachrichtendienst», «Spionage», «Geheimdienst»). Warum sagen wir: «Etwas ist hier falsch», weil wir kein Leben spüren; da ist etwas, das nicht lebendig ist. Wir sind wach für die Tatsache, dass etwas falsch ist.

Ich glaube, dies ist genau das, was Paulus erkannte, als er jene Jünger in Ephesus antraf. Sie hatten einiges an wunderbarer Bibelbelehrung durch Apollos, der ein Mann war «mächtig in der Schrift»; doch musste Paulus sagen, als er zu ihnen herabkam: «Ihr habt hier eine Menge Bibellehre, und ihr bekennt euch als Jünger des Herrn - doch was ist mit euch los? Etwas fehlt hier. Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet?» (Apg. 19,2). Der Heilige Geist registrierte als der Geist des Lebens in Paulus, dass hier das Leben abwesend war: Es war kein Zeugnis des Lebens, selbst bei aller Bibellehre und bei diesem Bekenntnis. Der Geist befähigte Paulus, seine Finger auf die Situation zu legen und sie aufzuklären.


Leben durch Glauben

Nun, der ganze Fortschritt des Herrn mit uns, oder wie wir gesagt haben, die Ausweitung des Herrn, die Festigung des Herrn verläuft entlang dieser Linie des Lebens. Doch dieses Leben wird vollständig vom Glauben beherrscht. Wir denken oft an Abraham, und wir haben noch etwas zu ihm zu sagen. Bei ihm ging jede frische Bewegung in Richtung Ausweitung, Konsolidierung und Wachstum des Lebens mit einer frischen Glaubensprüfung einher. Alles beruht hier auf dieser Angelegenheit eines erprobten und bewährten Glaubens.

Wenn wir, ihr und ich, in eine Zeit hinein gelangen, da unser Glaube ernsthaft auf die Probe gestellt wird, wenn wir da wirklich hindurch müssen, dann wollen wir den Herrn bitten, dass er uns hilft, uns auf folgendes einzustellen: Das ist nicht zum Tode, sondern zum Leben. Das ist nicht vom Herrn zugelassen worden, um zu einem Ende im Tod zu führen. Vielmehr ist es seine Absicht, dass es uns in ein ausgeweitetes Leben hinein bringen soll. Wenn wir nur in dieser Gewissheit ruhen könnten, würde es die dunklen und schwierigen Zeiten ihrer Tödlichkeit berauben, und es würde sie zu dem eigentlichen Grund machen, auf dem wir zu einer Neuheit des Lebens gelangen durch frische des Sieges im Glauben. Glaube ist der Weg des Lebens durch Trübsal, Prüfung, Leiden und Widerwärtigkeit.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.