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Gottes Reaktionen auf die Abweichungen des Menschen - Teil 1

von T. Austin-Sparks

Kapitel 1 - Das Neue, das wiederum alt ist

BEMERKUNG: Der Begriff «Reaktion», wie er in diesen Kapiteln verwendet wird, bedeutet ein Entgegenwirken von Seiten Gottes, wenn das, was ihn scheinbar repräsentiert, ihn nicht mehr repräsentiert, sei dies lebensmäßig oder angemessen. Er reagiert GEGEN das, was bloß scheinbar ist, und FÜR das, was wirklich lebendig und seinem Sinn gemäß ist.

Es sind zwei Dinge, die wir unbedingt sehr klar vor uns behalten sollten. Diese beiden Dinge, wie wir sie hinstellen, scheinen einander zu widersprechen oder zumindest paradox zu sein.

1. Die ganze Zeit, durch alle Zeitalter hindurch, hat Gott fortwährend etwas Neues getan.
2. Das, was vom menschlichen Standpunkt aus gesehen stets Gottes «Neues» gewesen ist, ist von seinem eigenen Standpunkt aus überhaupt nicht neu gewesen.

«Gott sind alle seine von Ewigkeit her bekannt» (Apostelgeschichte 15,18).
«Und doch waren die Werke seit Grundlegung der Welt beendigt» (Hebr. 4,3c).

In all seinen frischen Aktivitäten und Offenbarungen arbeitet Gott stets rückwärts zu einer ursprünglichen Position und zu einem Entwurf. Gott verlässt seinen ursprünglichen Ansatz niemals.

Das ist eine weit wichtigere Wahrheit und ein wichtigeres Gesetz, als man zunächst vermuten könnte. Sie enthält diese drei Dinge:
1. Gott hat die ganze Zeit die vollendete und vollständige Sache vor sich, und er weiß ganz genau, bis ins Detail, was er will.
2. Er muss und will das haben. Er kann nicht zulassen, dass es ihm verwehrt wird, er wird es nie aufgeben oder weniger annehmen.
3. Sobald davon abgewichen oder etwas davon zurückgenommen wird, wird eine göttliche Reaktion erfolgen, und Gott wird, irgendwo, irgendwie, aufs Neue beginnen. Ein schneller Überblick über diese Reaktionen durch die Geschichte hindurch wird sowohl die Tatsache erhärten, als auch die Natur und das Erscheinungsbild dessen zeigen, woran er sein Herz gehängt hat und wozu er entschlossen ist, es zu bekommen. Die früheren Ereignisse und Formen sind sehr einfach, doch die größeren Wahrheiten und Prinzipien sind bereits vorhanden, sowohl offensichtlich als auch latent.

Als die erste Abweichung - jene von Adam und Eva - stattfand, geschah die Reaktion Gottes durch Abel und dessen Altar. Der Altar steht dafür, dass sich Gott seine Rechte in der Schöpfung sichert - im Menschen und auf der Erde. Wenn Kain die Frucht der Erde und seiner eigenen Anstrengung opfert, dann ignoriert er den Fluch, der auf all dem ruht, und deshalb wird er mit seinem Opfer verworfen. Gottes Siegel ist auf der Weise von Abel. Die Elemente sind folgende:
1. Gott hat ein Recht auf alles.
2. Gott kann und will das nur ohne jede Spur des Fluches darauf haben.
3. Um den Fluch zu beseitigen, muss die verfluchte Sache durch Tod vernichtet werden, entweder in einer tatsächlichen oder repräsentativen Form; und ein neues Leben muss hervorgehen, über das der Tod keine Macht hat.
4. So, und nur so, ist Gemeinschaft mit Gott überhaupt möglich.


Von Abel bis zu Noah wird die Abweichung intensiver und willkürlicher. Die Erde - die doch dem Herrn gehört - wird vom Menschen für seine eigenen Zwecke in Besitz genommen. Gott reagiert darauf mit der Sintflut. Aus dem Gericht hervorkommend, baut Noah einen Altar und bringt Opfer dar, und indem er so handelt, erklärt er, sowohl mit der Absicht als auch der Wirkung: «Die Erde» (die erneuerte Erde) «gehört dem Herrn und ihre Fülle» (Ps. 24,1). Wiederum bekommt Gott seine Rechte - prophetisch gesehen - durch Tod und Auferstehung zurück. Aber nur allzu schnell setzt die Abweichung aufs Neue ein. Selbst Noah ist ein Teil davon und versagt.

Babel wird gebaut und verflucht, und unter diesem Fluch werden die Menschen in alle vier Himmelsrichtungen der Erde zerstreut. Henoch unterbricht eine lange Linie von Tod und Finsternis, als Reaktion Gottes. Dann, als es den Anschein hatte, als wäre das Zeugnis (Gottes) von der Erde verschwunden, vollzieht sich eine weitere göttliche Reaktion, und Abraham wird in Pflicht genommen. Auch wenn bei Abraham die alten Elemente wieder auftauchen, so erscheinen doch auch neue. Die Gesichtspunkte seines Lebens sind:
1. Offenbarung - Vision.
2. Ein Wandel des Glaubens - Beziehung.
3. Ein Land - das Werkzeug.
4. Ein Altar - die Basis.
5. Konflikt - die Herausforderung.
6. Ein Bund - die Zusage.
7. Eine Stadt - das letzte Ziel.
8. Tod und Auferstehung - die Methode.

Diese Faktoren sind elementar und ewig, und hinter allen historischen, typologischen, symbolischen oder irdischen Darstellungen bestehen geistliche Realitäten bis zu einer universellen Verwirklichung. Dann tritt Isaak auf, nicht als ein separater Einbruch Gottes, sondern um der Methode besondere Prominenz zu verschaffen, durch welche alles seine Erfüllung findet. In seinem eigentlichen Wesen verkörpert er Tod und Auferstehung, und als solcher der Weg, durch den menschliche Begrenzung zu einer universellen Ausdehnung und Verwirklichung verwandelt wird (Genesis 22,16-17). Es gibt aber noch andere Elemente in seinem Leben, welche die Absichten Gottes schattenhaft voraus werfen - wie zum Beispiel seine Heirat mit Rebekka.

Die nächste Reaktion Gottes kommt mit dem Aufwachsen von Jakob und Esau. Diese waren Zwillingsbrüder, und sie repräsentierten zwei Hälften eines einzigen Ganzen; zwei Entwicklungen von einem geistlichen Ursprung her; zwei Geschichten von einem einzigen Anfang. Esau schlägt den irdischen Kurs ein, den Kurs der Welt und des Fleisches. Himmlische Berufungen und Erbschaften werden durch zeitliche Interessen, Bestrebungen und Phantasien verdunkelt. Die Befriedigung des Seelenlebens in ihrer erdwärts gerichteten Beziehung ist die Begrenzung seines Horizonts. Jakob wird zum Typus für das, was die himmlische Berufung und Vision empfängt, und das durch die Erfahrung des schrumpfenden Fleisches hindurchgeht und zu einem geistlichen Instrument in Bezug auf einen himmlischen Vorsatz wird. Mit Jakob geschieht eine noch weitergehende Einführung göttlicher Elemente. Bis zu diesem Punkt hat der Altar die Grenzen des Fortschritts festgelegt. Dieser Faktor bleibt natürlich grundlegend, doch Jakob geht einen Schritt weiter. Bei Luz hat er einen offenen Himmel; eine Offenbarung von Gott; ein Bindeglied zwischen Himmel und Erde; er hört eine Stimme von Gott; und bestimmte Wahrheiten von Gott werden bei ihm hinterlegt. Kraft all dieser Dinge errichtet er eine Säule, salbt diese mit Öl und nennt diesen Ort «Bethel», «das Haus Gottes».

So tritt das Haus Gottes, ein bleibender himmlischer Gegenstand, ins Blickfeld, und es wird durch all jene Elemente definiert, die wir erwähnt haben. Eine «Säule» steht in der Schrift stets für ein Zeuge oder ein Zeugnis (Genesis 31,51; Jesaja 19,19-20; 1. Timotheus 3,15; und viele andere). All dies müssen wir noch vollständiger sehen lernen; in diesem Kapitel versuchen wir bloß, die Wahrheit anzuzeigen und unsere Tatsache zu etablieren, oder eher, eine festgesetzte Tatsache aufzuzeigen.

Wir machen einen großen Sprung und kommen zu Israel in Ägypten. Hier werden in dieser mächtigen Reaktion oder Intervention Gottes all die Elemente, die wir bisher erwähnt haben, zusammengefasst. Gott wirkt rückwärts auf seinen ursprünglichen Vorsatz hin. Die Elemente werden klar gesehen:
Der Altar; das himmlische Volk für ein Haus Gottes; eine Offenbarung; ein Zeugnis; ein Konflikt; ein Land, und eine Stadt in Aussicht, und so weiter. Dies alles stellt Gott sicher, auch wenn das bedeutet, ein mächtiges Imperium dem Gericht zu übergeben.

So beginnt also die lange und gescheckte Geschichte dessen, was an sich schon dazu bestimmt war, eine Offenbarung des Sinnes Gottes zu sein. Aber wieder und wieder liefen sie fort und wichen ab, und der Herr musste die Dinge von innen aufrollen. So haben wir jene Rückwärtsbewegungen zu Gottes ursprünglichem Gedanken unter Hiskia (2. Chron. 29,1-9), unter Josia (2. Chron. 35,17-19), und anderen. Aber in keiner von diesen wurde das Herz des ganzen Volkes wiederhergestellt. Es war nur eine teilweise Sache. Sobald der Führer abgetreten war, setzte die Apostasie und die Abweichung wieder ein und vertiefte sich. Es war nicht die allgemeine Neigung des ganzen Volkes, zurückzukehren, sondern bloß der starke Impuls einiger weniger, der sie eine Zeit lang beeinflusste - und dann wichen sie wieder ab oder kehrten zu ihrer Weltlichkeit und zu ihrem Götzendienst zurück. Es waren dies wunderbare Einbrüche der Sonne in Tagen vertiefter geistlicher Finsternis und vertieften Abfalls. Aber auf die Dauer hörten selbst diese auf; man konnte schwerlich einen Überrest von Treue unter dem volk finden, und so wurden alle in die Gefangenschaft geschickt. Babylon ist das Synonym für Verwirrung, verlorene Schärfe, verlorenes Zeugnis, geistliche Lähmung und ein falsches Leben. Aber selbst hier gibt Gott seine Absicht nicht auf, und so reagiert er auch in Babylon auf die Dinge in und durch eine kleine Gruppe von Männern: Daniel, Schadrach, Meschach und Abed-Nego. Sie halten allen Elementen des göttlichen Vorsatzes die Treue und halten ihren Gebetsblick fest auf Jerusalem gerichtet.

Schließlich bricht der Herr herein und reagiert aufs Neue. Dies geschieht bloß durch einen Überrest, aber dieser schwache und geschändete Überrest ist sein Instrument für eine Wiederbelebung und Fortführung seines Zeugnisses auf Erden. Dann folgen die herzerwärmenden Ereignisse in Esra und Nehemia, Haggai und Sacharja. Es ist eine große Epoche, aber ach... «die strahlende Trauer ist vorbei, sie hat zu schnell ihren Goldvorrat ausgegeben».

Noch mehr Apostasie, noch mehr Abweichung, bis wir bei den schrecklichen Zuständen anlangen, von denen in Maleachi berichtet wird, die schließlich zu der furchtbaren Ankündigung führen: «Ihr seid mit einem Fluch belegt worden». Wie schwarz und dunkel sind doch jetzt die Dinge! War es je schlimmer? Und doch - und doch - Gott ist noch nicht besiegt; doch mitten in und angesichts dieser Schwärze finden wir das, was - wegen dieser Finsternis - den seligsten Triumph darstellt.

«Da besprachen sich die miteinander, welche den Herrn fürchteten, und der Herr achtete darauf und hörte es, und ein Gedenkbuch wurde vor ihm geschrieben für die, welche den Herrn fürchten und seinen Namen hochachten. Und sie werden von mir, spricht der Herr der Heerscharen, als MEIN AUSERWÄHLTES EIGENTUM behandelt werden an dem Tage, den ich bereite; und ich will sie verschonen, wie ein Mann seinen Sohn verschont, der ihm dient» (Maleachi 3,16-17).

Maleachi endet, und während drei oder vier Jahrhunderten herrscht das Chaos. Gewiss hat jetzt das Zeugnis aufgehört, und die Treue ist verschwunden? Sicher hat Gott jetzt alles verloren?

Nehmt den neutestamentlichen Bericht zur Hand, wo Lukas versucht, seinem Freund Theophilus eine bestimmte Geschichte zu übermitteln versucht. Er kommt nicht sehr weit, und schon trifft er auf bestimmte Leute, über die er von unserem gegenwärtigen Standpunkt aus sehr bedeutsame Dinge zu sagen hat. Er spricht von einem gewissen Zacharias und seiner Frau Elisabeth, «die waren beide gerecht vor Gott, und wandelten in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig» (Lukas 1,5-6).

Dann redet er von Maria, zu der der Engel Gabriel sagte: «Du, die du mit Gnade bedacht wurdest, der Herr ist mit dir» (1,28).

Ein bisschen später spricht er von jemand anderem so: «Und siehe, es lebte ein Mann in Jerusalem, der Simeon hieß; und dieser Mann war gerecht und sehr fromm, und er wartete auf den Trost Israels: und der Heilige Geist war auf ihm. So wurde ihm durch den Heiligen Geist geoffenbart...» (2,25-26).

Und dann, noch ein bisschen weiter vorn: «Da war auch noch eine gewisse Anna, eine Prophetin... sie redete von ihm zu allen, die nach der Erlösung Israels Ausschau hielten» (2,36.38).

So sehen wir, dass noch immer, nach Hunderten von Jahren scheinbaren Todes, ein Rest der Getreuen übrig geblieben ist. Gott hält eine repräsentative Gruppe am Leben.

Dann kommt die Erweckung von Pfingsten - ganz sicher ein neuer Anfang Gottes. Es sind wunderbare Tage; doch wiederum stoßen wir, nur allzu schnell, auf Zeichen der Abweichung. An nicht wenigen Stellen des Neuen Testamentes finden wir Ausdrücke, die anzeigen, dass der allgemeine Zustand von traurigen Widersprüchen und Inkonsequenzen hinsichtlich des Zeugnisses gekennzeichnet ist. Judas, zum Beispiel, hat eine bedauerliche Aufgabe in seinem Brief; doch selbst dort finden wir das, was wahr ist, angedeutet durch die unterscheidenden Worte: «Ihr jedoch, lasst euch aufbauen auf euren allerheiligsten Glauben...» (Judas 20). Das ist die Kehrseite der Abweichung, auf die er sich bezieht.

Schließlich kommen wir zur Offenbarung, wo Teile der Gemeinde fast vollständig dekadent geworden sind. Schmerzliche Dinge müssen ihr zur Last gelegt werden. Was wird der Herr tun? Vielleicht muss er die Hauptsache beiseite legen, doch wird er niemals seinen Vorsatz aufgeben. Es gibt an jedem Ort solche, die treu sind, hungrig und unzufrieden mit den Dingen, wie sie sind, die mit dem Herrn vorangehen möchten. Diese sind das reagierende Instrument des Herrn. Diese sind die «Überwinder», die hören, was der Geist sagt. Diese sind Gottes neuer Anfang, durch die er zu seinem ersten Vorsatz zurückkehrt.

Wir haben so, sehr eilig, die ganze Schrift durchforstet, um die Methode Gottes zu offenbaren. Wir sollten sie durch die Zeitalter weiterverfolgen seit der Zeit des Neuen Testaments, aber das muss warten. Wir schließen diese einleitende Betrachtung mit der Feststellung, dass, was Gott stets getan hat, er immer wieder tun wird, und wenn das, was angeblich sein repräsentatives Instrument auf Erden ist, aufhört, genau dies tatsächlich und auf lebendige Weise zu sein, obwohl er es selbst eingerichtet, gebraucht und gesegnet hat, wird er innerhalb dieses allgemeinen Zustandes nach denen Ausschau halten müssen, die den Preis zahlen werden, und die ihm das vollere Maß dessen, wonach er immer sucht, geben werden.

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