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Der Beständige Vorsatz Gottes

von T. Austin-Sparks

Kapitel 7 - Der Bote muss die Verkörperung seiner Botschaft sein

Nun kommen wir zu den Prophetien Hesekiel zurück. Es gibt einen großen Abschnitt in diesem Buch, mit dem wir uns nicht im Detail befassen können, so benötigen wir einen umfassenden Weg, damit zu verfahren. Ich denke, dieser Weg wird der sein, dass wir die drei verschiedenen Titel anschauen, mit denen Hesekiel benannt wurde. Vielleicht habt ihr bemerkt, dass Hesekiel in diesen Prophetien drei verschiedene Titel trägt, und diese drei Titel fassen in sich selbst diesen breiten Abschnitt des Buches zusammen - 1. «Menschensohn», 2. «Wächter», 3. «Ich bin euer Zeichen».

«Menschensohn»

Der erste dieser drei Titel lautet: «Menschensohn». Werft einen Blick auf Kapitel 2 und 3:
Und er sprach zu mir: «Menschensohn...» (2,1);
Und er sprach zu mir: «Menschensohn...» (2,3);
Und er sprach zu mir: «Menschensohn...» (3,1);
Und er sprach zu mir: «Menschensohn...» (3,3);

Und so geht es weiter durch das ganze Buch hindurch. Dies einer der Haupttitel des Propheten. Vielleicht möchtet ihr direkt durchs Buch gehen und schauen, wie oft der Titel «Menschensohn» vorkommt.

Wir merken uns denn gleich zu Anfang, dass dieser Titel eine Eigentümlichkeit des Propheten Hesekiel war. Kein anderer Prophet wird auf gleiche Weise mit diesem Namen benannt. Es kennzeichnet Hesekiel auf spezielle Weise. Nun wissen wir, dass der Herr Jesus als bevorzugten Titel für sich «Menschensohn» wählte; aber wir dürfen nicht denken, er habe für Hesekiel dieselbe Bedeutung. Hesekiel war, was diesen Titel betrifft, unter den Propheten einzigartig, doch Jesus war als Menschensohn einzigartig unter den Menschen. So wollen wir aufpassen, dass wir diese beiden Anwendungen des Titels «Menschensohn» nicht durcheinander bringen. Wenn es irgend eine Beziehung oder Ähnlichkeit zwischen den beiden gibt, dann betrifft es die Funktion, nicht die Person. Das ist es, was wir im Moment betrachten möchten.

Wir haben gesehen, dass sich auf dem Thron oberhalb die Ähnlichkeit eines Menschen befand, und wir haben auch gesehen, dass das vorherrschende Merkmal der Cherubim der Mensch war. Darum merken wir uns diesen Platz des Menschen in diesem Buch; es ist eine ganz besondere Idee. Auch wissen wir, dass der Mensch Repräsentation und Reden für Gott bedeutet. Der Mensch ist nicht nur eine Person, er ist eine göttliche Idee. Da ist ein Mensch auf dem Thron, und auch wenn der Mensch eine Person ist, so ist er nicht nur eine Person, sondern eine göttliche Idee. Die Idee in Gottes Sinn, als er den Menschen schuf, war die, dass er Gott repräsentieren sollte. «Lasst uns einen Menschen machen in unserem Bild, in unserem Gleichnis». Der Mensch ist Gottes vollster und auch Gottes endgültiger Gedanke.

Bei der Schöpfung endete Gott mit dem Menschen, und er fasste alle Dinge im Menschen zusammen. Als Gott einen solchen Menschen gewonnen hatte, spricht er sein Urteil und geht in seine Ruhe ein. Als er den Menschen seiner Absicht entsprechend hat, sagt er von allem: «Es ist sehr gut»; und dann geht Gott in seine Ruhe ein. Gott findet seine Ruhe, wenn er seinen Menschen hat, seinem Sinn entsprechend.

Doch das ist nicht das Ende von allem. An diesem Punkt trachtet Gott nach Nachwuchs. Er sagt zu dem Menschen: «Seid fruchtbar und mehrt euch, und füllt die Erde». Und das Gesetz der Schöpfung lautete, dass sich alles «nach seiner Art» reproduzieren sollte. Es war nie die Absicht, dass die Dinge ihre Form verändern, sondern allem wurde eine deutliche und unterschiedliche Form gegeben. Es war eine Art der Schöpfung, und alles sollte sich nach seiner Art reproduzieren.

Seht ihr, Gott hat den Menschen gemacht, und bevor der Mensch fiel, sagte Gott: «Seid fruchtbar und mehrt euch». Gottes Vorstellung war, dass der nicht-gefallene Mensch sich vermehren sollte, dass der nicht-gefallene Mensch die Erde füllen sollte. Doch wissen wir, dass der Mensch fiel, und die Erde wurde mit einer Art von Mensch angefüllt, die Gott nie beabsichtigte. Darum setzte Gott seinem Leben eine Grenze; er legte die Zahl seiner Jahre fest, damit der Mensch nicht unendlich lange weiterlebt. Ich denke, ihr seht daraus, dass Gottes Idee ein Mensch nach seinem Sinne war. In einer vollen Weise war der Herr Jesus genau dies; darum ist er der «Menschensohn», und in einem gewissen Sinne können wir sagen, der sei der EINZIGE Menschensohn.

So wurde für das Volk Gottes das Prinzip des Menschseins aufgegriffen, und genau hier tritt Hesekiel auf. Es ist nicht die Person, sondern die Funktion; es ist das Prinzip, so dass «Menschensohn» von zwei Dingen spricht. Es bedeutet, dass Gottes ursprünglicher Gedanke und sein ursprüngliches Muster anschaulich gemacht wird. Es war ein Prinzip, das der Herr in Israel realisiert haben wollte. Israel ist ein Mensch in Gottes Augen, doch ist Israel in diesem Buch nicht der Mensch, den Gott beabsichtigte. Israel ist in diesem Buch ein Mensch, der verdorben worden war, und Gott bewegt sich gemäß dem Prinzip des Menschseins, um diese Idee in Israel wieder herzustellen. Später stellen wir fest, dass es ihm nicht möglich war, dies in Israel als ganzem Volk zu erreichen, und darum versuchte er es, in einem Überrest zu verwirklichen. Das Alte Testament allerdings schließt damit, dass diese Vorstellung in Israel vollständig gescheitert ist.

Wenn wir zum Neuen Testament weitergehen, befinden wir uns in der Gegenwart des einen neuen Menschen, das heißt, des gemeinschaftlichen Menschen, welcher die Gemeinde ist. Doch werden wir uns heute Morgen nicht darüber auslassen, es geht uns lediglich um das Prinzip. Im Prinzip bedeutet «Menschensohn», dass in Beziehung zum ursprünglichen Gedanken und Muster Gottes gesprochen wird. Ihr müsst dies als den Schlüssel zum Ganzen dieser Prophetien erkennen. Worum geht es überhaupt? Was bedeutet dieses ganze Buch in all seinen Teilen? Nun, dieser Titel «Menschensohn» ist über das ganze Buch verstreut, und das bedeutet, dass der beherrschende Gedanke Gottes dieses Konzept des Menschen gemäß Gottes Sinn ist. Wenn Gott diesen kollektiven Menschen in die Gefangenschaft schickt, dann heißt das, dass dieser Mensch vor Gott nicht mehr bestehen kann. Gott muss eine andere Art von Mensch haben. Die große Illustration dafür ist natürlich das Tal der Totengebeine - dass aus dem Grab Babylon ein neuer Mensch hervorgeht mit einem neuen Herzen und einem neuen Geist.

Nun, ich glaube, das genügt, um die Bedeutung dieses Titels anzudeuten. Gott bewegt sich im Blick auf die Wiederherstellung seines ursprünglichen Gedankens. Dieser Gedanke ist verloren gegangen. Das ist es, was Paulus meinte, als er zu Timotheus als dem «Mann Gottes» redete; das heißt, Gottes Mensch - das ist es, wonach Gott aus ist.

Wir müssen dies im Hinblick auf unseren Dienst aufgreifen, und das führt uns zu folgendem: Wozu sind wir hier? Welche Bedeutung hat unser Dienst und unser Werk? Einfach deshalb, damit Gott gemäß seinem eigenen Sinn diesen gemeinschaftlichen Menschen bekommt. Das ist die Bedeutung von Epheser 4:

«Bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens, und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu einem erwachsenen Menschen, zum Vollmaß der Gestalt, die zur Fülle Christi gehört».

Gott arbeitet auf diesen gemeinschaftlichen Menschen hin. Wir dürfen nicht vergessen, dass Gottes Idee der Mensch ist. Ich möchte dies betonen, denn es sieht so aus, als glaubten viele, Gottes Idee sei irgend eine Organisation, irgend eine Institution, irgend eine Sache, die man «Kirche» bzw. «Gemeinde» nennt, eine bestimmte Weise, die Dinge zu tun, eine bestimmte Lehre - ein ganzes System - doch Gott ist nicht nach dem aus. Gott trachtet nicht nach der Gemeinde, einfach weil es die Gemeinde ist. Der Zweck der Gemeinde im Sinne Gottes ist der, dass sie ein Ausdruck von Christus sein soll! Die Gemeinde ist der Leib Christi. Sie ist kein Lehrsystem. Sie ist keine spezielle Form von Praxis. Sie ist ein Mensch, und dieser ist Christus in einem gemeinschaftlichen Ausdruck! Wir werden etwas später in diesem Buch Hesekiel darauf zurückkommen, doch erwähnen wir hier das Prinzip. Es ist für uns etwas sehr Wichtiges, den gemeinschaftlichen Menschen zu erkennen!

Dieses Mensch-Prinzip redet also von drei Dingen. Zunächst handelt es sich um eine Repräsentation - Gott präsentiert seine Idee, und dann geht es ihm um eine Repräsentation von etwas, das dasjenige, was präsentiert wurde, zum Ausdruck bringt, danach kommt eine Deklaration, und schließlich eine Verkündigung diesbezüglich. Die Sache wird als ein göttlicher Gedanke präsentiert, und dann wird sie in einem Leib repräsentiert, und daraus hervor geht dann die Botschaft.

Nun, Brüder, habt ihr diese drei Dinge begriffen? Zuerst ist die Vision da, der Mensch wird präsentiert. Ihr seht den Menschen auf dem Thron. Ihr begreift Gottes Idee. Gottes Idee ist die Menschheit, eine Menschheit von einem bestimmten Charakter. Davon bekommt Gott eine Repräsentation von diesem Etwas, welche die Idee verkörpert, und dann, wenn Gott bekommen hat, was seine Idee verkörpert, geht eine bestimmte Botschaft hinaus. Wir dürfen dies nicht in eine andere Reihenfolge bringen, etwa indem wir es zuerst verkündigen. Zuerst müssen wir es gesehen haben, und dann muss ein Ausdruck davon entstehen. Wir müssen etwas haben, auf das wir hinweisen und von dem wir sagen können: «Das ist es». Die Botschaft muss aus etwas hervorgehen, das tatsächlich im Sinne Gottes existiert.

Ich denke, ich muss da nicht noch länger nachhaken, doch, seht ihr, das gilt zuerst einmal im Blick auf Christus. Zuallererst müsst ihr den Herrn gesehen haben, und dann muss eine Repräsentation der Gemeinde entstehen. Und aus dem existierenden klaren Ausdruck der Gemeinde geht dann die Botschaft hervor. Es ist fast unmöglich, die Wahrheit zu verkündigen, es sei denn, etwas Konkretes stecke dahinter. Es ist entscheidend, dass wir imstande sind zu sagen: «Diese Sache funktioniert tatsächlich, und ich kann euch zeigen, wo es funktioniert». Das wird sehr deutlich, wenn wir zur nächsten Betrachtung in Hesekiel kommen, doch hoffe ich, dass ihr diese erste Idee begriffen habt, das Prinzip in diesem ersten Titel: «Der
Menschensohn». Es steckt ein schönes Stück des Sinnes Gottes in diesem Titel.

«Ein Wächter»

Nun gehen wir zum zweiten Titel von Hesekiel weiter. In Kapitel 3,17 heißt es: «Menschensohn, ich habe dich zum Wächter bestellt für das Haus Israel».

«Und das Wort des Herrn erging an mich folgendermaßen: Menschensohn, rede zu den Kindern deines Volkes und sage ihnen: Wenn ich das Schwert über ein Land bringe, so nimmt das Volk des Landes einen Mann aus seiner Mitte und bestimmt ihn zu seinem Wächter. Wenn nun dieser das Schwert über sein Land kommen sieht, so stößt er ins Schopharhorn und warnt das Volk. Wenn dann jemand den Schall des Schopharhornes hört und sich nicht warnen lassen will, und das Schwert kommt und rafft ihn weg, so kommt sein Blut auf seinen Kopf; denn da er den Schall des Schopharhornes hörte, sich aber nicht warnen ließ, so sei sein Blut auf ihm! Hätte er sich warnen lassen, so hätte er seine Seele gerettet. Wenn aber der Wächter das Schwert kommen sieht und nicht ins Schopharhorn stößt und das Volk nicht gewarnt wird und das Schwert kommt und einen von ihnen wegrafft, so wird derjenige zwar um seiner Sünde willen weggerafft, aber sein Blut werde ich von der Hand des Wächters fordern. Nun habe ich dich, o Menschensohn, für das Haus Israel zum Wächter bestellt, damit du das Wort aus meinem Mund hören und sie von mir aus warnen sollst» (Hesekiel 33,1-7).

Der zweite Titel von Hesekiel ist «ein Wächter». Diese Idee ist für Hesekiel nichts Besonderes. Wir haben den Wächter auch bei anderen Propheten, oder, sagen wir, wir haben die Funktion des Wächters bei andern Propheten. Habakuk 2,1 sagt: «Auf meine Warte (Wachposten) will ich treten»: Das ist die Funktion eines Wächters. In Jesaja 21,11 haben wir: «Wächter, ist die Nacht bald vorbei?» Auch hier wiederum haben wir die Funktion, doch wurde niemand direkt ein Wächter genannt außer Hesekiel. Und, wie ihr festgestellt habt, dieser Titel wurde ihm zu Beginn seines Dienstes verliehen, und auch später bei seiner Wiedereinstellung.

Nun, wir müssen uns bei diesem Titel und dieser Funktion nicht allzu lange aufhalten. Wir stellen uns einfach die Frage: «Worin besteht die Funktion eines Wächters? » Zuerst einmal ist die Funktion eines Wächters, dass er die Zeit kennt und sie zu deklarieren versteht. Das war stets die Idee in Verbindung mit dem Wächter. Bis in unsere moderne Zeit hinein trifft das zu. Ich weiß nicht, ob das auch in China so ist, oder in andern Teilen der Welt, aber bis von kurzem war es in Großbritannien noch so. In den ländlichen Gebieten machte der Wächter zu bestimmten Stunden der Nach die Runde und stieß in seine Trompete oder läutete mit einer Glocke und rief die Zeit aus. So läutete er zum Beispiel die Glocke und rief: «Es ist fünf Uhr morgens». Diese Idee steckt in Jesaja 21. Jemand fragt nach der Uhr: «Wächter, wieviel Uhr ist es?» Und der Wächter antwortet: «Der Morgen bricht an, und auch die Nacht». Das erste, was ein Wächter können muss, ist, zu wissen, wieviel Uhr es ist - er muss wissen, wieviel Uhr es im Vorsatz und Werk Gottes ist.

Ihr wisst, es gibt eine Menge Leute, die in dieser Angelegenheit sehr durcheinander sind. Sie versuchen ein Menge Dinge zur unpassenden Zeit zu tun. Es gibt auch Leute, die diesbezüglich die Heilszeiten durcheinander bringen. In dieser Heilszeit tut Gott eine ganz bestimmte Sache. Es gibt eine ganz spezielle Sache, die diese Heilszeit im Vorsatz Gottes auszeichnet, und es ist von größter Wichtigkeit, dass wir, ihr und ich, wissen, was zu dieser Heilszeit gehört.

Es gibt alle möglichen Systeme und Lehren, die nichts mit dem Vorsatz dieser Heilszeit zu tun haben. Sie sind alle sehr interessant, und es mag auch einiges an Wahrheit darin haben, aber sie stimmen nicht überein mit Gottes spezifischem Vorsatz für dieses Heilszeitalter. Ich werde mir heute Morgen nicht die Zeit nehmen, zu illustrieren, was ich meine, obwohl ich euch von verschiedenen Systemen der Wahrheit berichten könnte, welche die Menschen direkt aus der Linie von Gottes spezifischem Vorsatz für jetzt herausgerissen haben. Es geht nicht immer um die Frage, wieviel Wahrheit oder wieviel Irrtum eine bestimmte Sache enthält. Die eigentliche Frage lautet: «Ist es das, wonach Gott jetzt trachtet, in dieser Heilszeit?». Nun, ihr könnt normalerweise den Fehler durch eines herausfinden - hat diese Sache etwas mit dieser Erde jetzt zu tun? Wenn ja, dann ist es nicht das, was Gott in dieser Heilszeit tut. Gott ist nicht damit beschäftigt, etwas auf dieser Erde zu tun während dieser Heilszeit, sondern damit, aus allen Nationen ein Volk für seinen Namen herauszurufen. Er baut in dieser Heilszeit etwas im Himmel. Ob es sich um Israel handelt, oder um irgend etwas anderes, das ist nicht Gottes Sorge in dieser Heilszeit; und alles, was vollständig mit dieser Erde zu tun hat, gehört nicht zu dieser Heilszeit. Darum hat ja der Herr Jesus diese Erde verlassen und ist in den Himmel zurück gekehrt. Diese Heilszeit ist durch etwas Himmlisches bestimmt, nicht durch etwas Irdisches. Das ist ein Haupttest für alles.

Nun könnte ich natürlich eine Menge Zeit damit verbringen, über das zu sprechen, wonach Gott in dieser Heilszeit trachtet. Das aber kommt später im Buch Hesekiel. Heute Morgen unterstreichen wir bloß diese Wahrheit: Die erste Aufgabe eines Wächters ist es, die Zeit zu kennen, und dann, eine klare Botschaft darüber weiterzugeben, wieviel Uhr es ist. Wenn dieser Ton nicht klar und deutlich ist, werden die Leute nicht wissen, wieviel Uhr es wirklich ist. Ich bitte euch, Brüder, geht hin und denkt viel darüber nach. Die ganze Frage, wie weit der Herr mit euch ist, hängt davon ab, inwieweit ihr mit dem Herrn seid hinsichtlich seines Vorsatzes für diese Stunde. Wenn ihr versucht, etwas zu tun, das der Herr zu diesem Zeitpunkt nicht tun möchte, dann vergeudet ihr eure Zeit, und ihr vergeudet auch eure Kraft. So besteht also die Funktion eines Wächters darin, Augen zu sein für das Volk Gottes.

Das zweite ist dann dies, herauszufinden, in welcher Situation wir uns befinden und wohin diese führen wird. All das ist in der Beschreibung des Wächterwortes enthalten, das Gott Hesekiel gegeben hat. Der Wächter hält Ausschau, er sieht bestimmte Dinge, und er erkennt, was diese Dinge bedeuten. Er sieht zum Beispiel, dass jene bestimmten Dinge für das Volk des Herrn etwas Böses bedeuten - es sind Zeichen, dass etwas Böses im Anzug ist. Wenn keine Vorsichtsmaßnahmen gegen diese Dinge getroffen werden, wird das Ergebnis der Tod sein. Das finden wir hier in der Beschreibung dessen, was der Wächter sah. Und dann, auf der andern Seite, sieht er den Weg des Lebens; und er ist imstande zu sagen: «Nun, dies ist der Weg des Todes, und das ist der Weg des Lebens». Doch muss der Wächter mit dem vertraut sein, was sich auf dem Weg des Lebens, und was auf dem Weg des Todes befindet. So muss er die Situation unterscheiden und erkennen können, welchen Weg die Dinge einschlagen. Es ist eine sehr große Verantwortung. Wir sind alle berufen, Wächter zu sein, und wir müssen eine unmissverständliche Botschaft haben. Wir müssen die Dinge verstehen, die für die Gemeinde den Tod bedeuten.

«Ich bin euer Zeichen»

Das bringt uns zum dritten und letzten Titel von Hesekiel: «Ich bin euer Zeichen». Im Buch Hesekiel ist alles, was der Herr dem Propheten zu tun geboten hat, in diesem Titel zusammengefasst. Wenn ihr Kapitel 4 aufschlagt, findet ihr die seltsamen Dinge, die der Herr Hesekiel zu tun geboten hat.

Er befahl ihm zum Beispiel, er solle eine Ziegelstein nehmen und darauf ein Grundriss der Stadt Jerusalem zeichnen, ein Bild von Jerusalem, das belagert wird. Und dann wurde dem Hesekiel gesagt, er solle sich 390 Tage lang auf seine linke Seite legen, und dann noch einmal 40 Tage auf seine rechte Seite; dann soll er seinen Arm vor den Völkern entblößen, und dann sagte der Herr, er würde ihn mit Bändern festbinden, so dass er sich nicht mehr bewegen könne, und er würde bewirken, dass seine Zunge am Gaumen kleben werde, so dass er nicht sprechen könne. Und dann wurde Hesekiel gesagt, dass er sich als Bäcker betätigen und genügend Brot für 390 Tage anfertigen soll. Und dann wurde dem Hesekiel noch befohlen, eine scharfe Rasierklinge zu nehmen, alles Haar von seinem Kopf wegzurasieren, und dann das Haar auf einer Waage zu wiegen.

Das alles sind seltsame Dinge, und es wurde von Hesekiel erwartet, dass er sie alle vor dem Volk tat.

Dann, wenn ihr Buch weiter fortgeschritten seid, kommt ihr zu jener sehr traurigen Sache. In Kapitel 24 stirbt Hesekiel Frau, und es wird ihm nicht erlaubt, um sie zu trauern. Er solle einfach so weiterfahren, als sei gar nichts geschehen; so würden dann alle auf ihn blicken und sagen: «Das ist ein Skandal; diesen Typ kümmert es überhaupt nicht, obwohl seine eigene Frau gestorben ist». Hesekiel fuhr einfach fort, als sei nichts geschehen.

Was bedeutet das alles? Es wird alles mit diesem Titel zusammengefasst: «Ich bin euer Zeichen». Wir wollen es so umschreiben: Es bedeutet, dass die Botschaft Hesekiel zuerst einmal in seine eigene Erfahrung hineingewirkt werden musste. Er wurde selbst zuerst durch die Botschaft hindurchgeführt, bevor er sie hielt. Die Dinge, die er zu sagen im Begriff stand, waren bereits in sein eigenes Leben hineingewirkt. Damit sage ich nicht, wir müssten buchstäblich Hesekiel Erfahrungen machen, doch der springende Punkt ist der: Der Bote muss eine persönliche Verkörperung seiner Botschaft sein! Es dürfen nicht bloß Dinge sein, die wir sagen, es müssen Dinge sein, die in unser Leben hineingewirkt worden sind. Hesekiel hielt nicht einfach eine Botschaft, Hesekiel war die Botschaft; und wenn die Leute ihn anblickten, dann SAHEN sie die Botschaft.

Seht doch, welch großes Prinzip hier eingeführt wird. Johannes formuliert es so: «Wir reden von dem, was wir kennen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und was unsere Hände betastet haben». Es darf überhaupt keine Kluft geben zwischen dem Lehrer und seiner Botschaft. Der Lehrer und die Botschaft müssen eine einzige Realität sein. Unsere Position darf nicht bloß die einer Lehre oder Theorie sein, unsere Lehre müssen wir selbst sein. Die Botschaft muss in unserer Geschichte gesehen werden können, sie muss in unserer Erfahrung sichtbar werden. Das wird natürlich eine Menge erklären von dem, wie der Herr mit uns verfährt. Wenn der Herr uns wirklich kriegt, wird er uns nicht einfach mit Theorien abspeisen. Die Botschaft wird aus tiefen Erfahrungen heraus geboren werden.

Wir nehmen uns drei Illustrationen vor. Petrus‘ Aufgabe war es, «die Herde zu weiden», und in seinen Briefen schreibt er sehr viel davon. Er redet vom «Hirten»; und er redet von den Ältesten und sagt: «...weidet die Herde, über die euch der Herr gesetzt hat». Welches ist das Schlüsselkennzeichen eines wahren Hirten? Wenn wir den Herrn als Beispiel nehmen, dann ist das Hauptmerkmal eines wahren Hirten dies, dass er seine Seele für die Schafe hingibt. Dies ist das Wort, das der Herr benutzt. Er redete davon, dass seine Jünger ihre Seelen hingeben sollen. Nun, Petrus hatte eine sehr starke und große Seele. Ihr wisst, was die Seele ist, und Petrus hatte eine der großen, und seine große Lebenslektion bestand darin, zu lernen, wie jemand seine Seele hingibt. Wenn die Seele der Verstand, das Gefühl und der Wille ist, dann können wir sehen, welch große Petrus hatte. Petrus hatte seinen eigenen Kopf; er hatte einen starken Eigenwillen; und er hatte eigene Gefühle; und stets stieß er diese Dinge in den Vordergrund. Das Leben von Petrus war in der harten Schule, zu lernen, wie man seine Seele hingibt. Ihr wisst genug über das ganze Leben von Petrus, wie wir es im Neuen Testament vorfinden, um zu erkennen, wie wahr das war. Petrus war kein Hirte von Beruf - das Prinzip eines Hirten musste erst in sein Wesen hineingewirkt werden.

Geht weiter zum Apostel Paulus. Der große Dienst von Paulus betraf die Gemeinde als Leib Christi. Die Prinzipien des Leibes Christi sind Beziehungen, Abhängigkeit, gegenseitige Verbundenheit, himmlisches und geistliches Wesen. Nun, mussten diese Dinge nicht gerade in Paulus hineingewirkt werden? Wenn ihr an Saulus von Tarsus denkt, dann habt ihr die eigentliche Verkörperung von Unabhängigkeit, eigenmächtigem Handeln, irdischer Gesinnung und Ungeistlichkeit vor euch. Saulus von Tarsus hatte kein Gefühl für Abhängigkeit, Beziehungen, doch schaut, wie der Herr ihn an der Hand nahm, und wie er direkt vom Punkt der Straße nach Damaskus aus auf seinem ganzen Weg diese Lektionen lernen musste.

Nun, Paulus war ein Zeichen für die Heilszeit. Denkt darüber nach! Wir kennen den Zweck dieser Heilszeit: Es ist die Gemeinde, die sein Leib ist. Das ist nicht bloß eine Idee oder eine Lehre, das ist eine praktische Realität. Diese Offenbarung kam durch den Apostel Paulus in diese Heilszeit hinein, und deshalb musste sie unmittelbar in die Konstitution von Paulus hineingewirkt werden. ALLE Unabhängigkeit musste vernichtet werden, ALLE Beziehungslosigkeit musste beseitigt werden, ALLE irdischen Erwartungen mussten aus dem Wege geräumt werden. Paulus musste geschehen lassen, dass sein ganzes Leben auf der Basis der Botschaft konstituiert wurde, die ihm anvertraut wurde. Er war ein Zeichen für die Heilszeit. Das ist der Grund, warum wir so viel von Paulus sprechen.

Und nun, was ist mit Johannes? Welches war Johannes‘ besondere Botschaft? Der Dienst von Johannes bezog sich besonders auf das Leben. Das ist das große Wort von Johannes in allen seinen Schriften. Johannes wurde zu einer Verkörperung dieses Prinzip des Lebens, das über den Tod triumphiert. Als alle Apostel schon längst zum Herrn gegangen waren, macht Johannes noch immer weiter. Er überlebte alle andern, aber nicht, weil er es leichter gehabt hatte als die andern. Johannes litt mit den andern, und schließlich starb auch Johannes, wie andere starben; aber hier haben wir ein Zeugnis für das göttliche Leben in Geist, Verstand und Körper. Der Punkt ist der, dass Johannes in der Tat, persönlich die Botschaft repräsentierte, die er vermittelte. Petrus, Paulus und Johannes konnten ebenfalls sagen: «Ich bin euer Zeichen».

Brüder und Schwester, wir müssen dazu kommen, dass wir imstande sind, dasselbe zu sagen. Die Leute müssen in uns die Botschaft sehen, sie dürfen sie nicht bloß von unseren Lippen hören. Sie müssen sehen können, dass die Botschaft sowohl in unserer Geschichte als auch in unserer Erfahrung zutrifft.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.