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Das Evangelium der Herrlichkeit

von T. Austin-Sparks

Kapitel 7 - Das Geheimnis des Evangeliums

«Das Geheimnis des Evangeliums» (Eph. 6,19).

«Denn ich habe nichts verschwiegen, sondern habe euch den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt» (Apg. 20,27).

«... in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens» (Eph. 1,11).

Wir haben bemerkt, dass sich das Geheimnis des Evangeliums auf die tiefen und verborgenen Ratschlüsse Gottes vor der Schöpfung bezieht. Wenn wir wissen wollen, worin diese Ratschlüsse bestanden, wird uns das vorwiegend in diesem Brief an die Epheser mitgeteilt. Es gibt drei Aspekte dieses ganzen Ratschlusses Gottes, oder dieses Geheimnisses des Evangeliums. Wenn wir uns damit befassen, berühren wir natürlich eines der möglicherweise kontroversesten Themen, das in der Gemeinde je zu Diskussionen Anlass gegeben hat, und vielleicht ist es auch das, was am schwierigsten zu lösen ist; im Grunde glaube ich nicht, dass es überhaupt gelöst werden kann. Wir können nichts anderes als die Feststellung der Tatsachen akzeptieren. Ihr werdet sehen, was ich meine, wenn wir weiterfahren.


Das Geheimnis der ewigen Ratschlüsse

Es gibt drei Aspekte dieses ganzen Ratschlusses Gottes, oder dessen, was wir das Geheimnis des Evangeliums genannt haben, das Geheimnis oder der verborgene Sinn der Guten Nachricht. Nun, ein Geheimnis liegt nicht einfach an der Oberfläche; man muss tiefer graben, um ein Geheimnis zu finden. Das bedeutet, dass da in der Guten Nachricht Gottes etwas vorhanden ist, das eine sehr tiefe Bedeutung hat.

Wenn Gott ein Geheimnis hat, dann könnt ihr sicher sein, dass es keine unbedeutende Sache ist. Nein, es ist etwas Ungeheures; und der erste Aspekt dieses Geheimnisses, dieser verborgenen Sache, oder des ganzen Ratschlusses Gottes, ist das Geheimnis der ewigen Ratschlüsse. Was sind diese Ratschlüsse? Natürlich müssen wir auf menschliche Weise sprechen; aber wir sollten nicht versuchen, solche Dinge in die Grenzen unseres Verständnisses oder unserer Erkenntnis hineinzuzwängen.

Wir wissen nicht genau, wie es geschehen ist, was wir jedoch mit Sicherheit wissen, ist dies, dass Gott vor Grundlegung der Welt dargestellt wird, wie er mit sich zu Rate geht, wie er eine Absicht entwirft - eine große Absicht - die hier «der Vorsatz» genannt wird, der «ewige Vorsatz»; einen Vorsatz, eine Absicht also, die ein Zentrum und eine Peripherie hat mit einer Vielzahl von Aspekten der Ausführung und Verwirklichung.
Das Zentrum war der Sohn Gottes, uns bekannt als der Herr Jesus Christus. Er ist der Angelpunkt; in der Fülle der Zeit sollte Gott «alle Dinge in Christus zusammenfassen» (Eph. 1,10). Das ist sehr umfassend, denn wenn ihr «alle Dinge» habt, dann habt ihr wirklich alles; dem kann nichts mehr hinzugefügt werden. «Alle Dinge in Christus zusammenzufassen». Das ist das Herz des Vorsatzes und des Ratschlusses.

Dann aber ist da auch noch die wunderbare Aussage - Worte, um die herum so viele Kontroversen entstanden sind - dass Er uns sah, dass er uns im Visier hatte. Wenn ich «uns» sage, dann beziehe ich mich auf eine auserwählte Gruppe, die zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einem bestimmten Zeitabschnitt der Geschichte dieser Welt, aus allen Nationen gesammelt werden würde; und er sah jeden einzelnen von ihnen im Voraus. Nun, das ist das Geheimnis des Evangeliums, und übersteigt unseren Horizont. Die Vorstellungskraft gerät hier ins Taumeln; die Aussage scheint beinahe fantastisch zu sein. Wenn das Wort Oberhaupt irgend etwas bedeutet, dann sind diejenigen, die es betrifft, einzeln vorausgesehen, in Christus voraus erkannt und erwählt worden, vorausbestimmt und prädestiniert. Das sind Worte, die ihr nicht überwinden könnt; jedes Glied dieses auserwählten Leibes wurde vorauserkannt, jedes Glied wurde prädestiniert. Nun, hört gut zu: Die Prädestination betraf nicht die Errettung oder sonst irgend etwas - hier wird so vieles falsch interpretiert. Die Prädestination hat mit einem spezifischen Zweck zu tun, nicht mit der Errettung. Aufgrund seines Vorsatzes in Christus Jesus wurden wir vorauserkannt und vorausbestimmt, «um dem Bilde seines Sohnes gleichgestaltet zu werden» (Rom. 8,29). Wir wurden zu einem bestimmten Zweck prädestiniert, und - wie wunderbar, dies sagen zu können! - wurden Christus übergeben. Es ist, als ob, bevor wir je existierten, vor der Schöpfung, der Vater den Sohn hatte und jeden von uns herbrachte und uns dem Sohn zu seinem persönlichen Eigentum übergab. Klingt dies vielleicht extravagant? Nun, was bedeutet denn sonst die Schrift? Habt ihr mit Bedacht das siebzehnte Kapitel des Johannesevangeliums durchgelesen? Was kehrt in diesem Kapitel ständig wieder? Wiederholt lesen wir dort von denen, «die du mir gegeben hast». Und an einer anderen Stelle hat er gesagt: «Alle, die der Vater mir gegeben hat, werden zu mir kommen» (Joh. 6,37). Die Implikationen dieses Textes sind ungeheuerlich! Das waren die ewigen Ratschlüsse, dies ist das Geheimnis des Evangeliums!; und obwohl von diesem Mysterium, diesem Geheimnis, gesagt wird, es sei jetzt enthüllt worden, wer ist ihm bisher je auf den Grund gekommen? Ich bezweifle, dass ihm irgend jemand von uns zu Lebzeiten auf den Grund kommen wird, aber jedenfalls ist es uns eröffnet worden. Doch dieses Geheimnis des Evangeliums ist so grenzenlos, so unergründlich. Hier haben wir Aussagen von Fakten von einem Volk, das in Gottes Vorauserkenntnis Christus übergeben wurde. Natürlich kenne ich euer mentales Problem mit der Prädestination, doch wartet einen Augenblick; lasst uns da beginnen, und wir werden in wenigen Minuten auch dazu kommen. Das also ist das Erste über das Mysterium, das Wunder, des Evangeliums, das Geheimnis Gottes, das vor den Zeitaltern und Generationen verborgen war, doch nun bekannt gemacht wurde (Kol. 1,26). Ich sage, dies verblüfft unsere Vorstellungskraft; und wir können nichts weiter tun, als darauf hinzuweisen.


Die Proklamation des Geheimnisses

a. Wesentlich, trotz göttlicher Vorherbestimmung

Das zweite hinsichtlich dieser Sache ist dies, dass sie proklamiert wird. «Denn ich habe nichts verschwiegen, sondern habe euch den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt» (Apg. 20,27). Und hier, am Ende dieses Briefes, bittet Gott die Gläubigen um Fürbitte, damit er imstande ist, seinen Mund zu öffnen, um dieses Geheimnis zu verkündigen, damit er die Kühnheit habe, es auszusprechen (Eph. 6,19); und braucht es nicht wirklich Kühnheit, um Dinge wie diese zu sagen? Seht doch, was eine solche Verkündigung aus Jesus Christus macht, seht, wo sie ihn hinstellt; alle Dinge zusammengefasst in Christus! Zieht hinaus und sagt dies den Mohammedanern, und seht, was sie euch diesbezüglich zu sagen haben! Nun, ihr braucht Kühnheit, um dies denen zu verkünden, die es noch nicht erkannt haben. Jedenfalls geht es dem Apostel um die Proklamierung des ganzen Ratschlusses, des Geheimnisses Gottes.

Diese Proklamation bringt uns zu einer andere Angelegenheit. Wenn der ewige Ratschluss all dies beinhaltet - vorausersehen, prädestiniert, bestimmt - warum dann noch das Evangelium verkündigen? Gewiss muss es eintreffen, wenn doch Gott sich dafür entschlossen hat! Wenn all das schon so festgelegt ist und die Dinge bestimmt sind, warum dann noch verkündigen? Sofort bringt ihr damit die Frage nach der Verantwortlichkeit des Menschen aufs Tapet, und dies scheint ein Widerspruch zu sein.

Das ist das große theologische Problem; doch alles, was ich darüber sagen werde, ist dies, dass die Verantwortung in dieser Angelegenheit des Verkündigens nicht untergräbt, was wir eben über die Prädestination gesagt haben. Es bedeutet nicht einen Augenblick lang, dass wenn ihr den Menschen eine Möglichkeit vorsetzt, ihr die Prädestination ausschaltet. Nein, ihr seid in die Position der Verantwortung versetzt worden, den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen, und die Menschen ihrerseits sind in eine verantwortungsvolle Position versetzt worden, indem sie diesen hören. Die eine Wahrheit hebt die andere nicht auf. Es ist dasselbe im Gebet. Wenn Gott doch weiß, was er tun wird, warum dann noch beten? Macht es dann irgend einen Unterschied? Wir können nicht so argumentieren. Es wird uns gesagt, dass wir zu beten haben, das ist alles. Die Verantwortung fällt auf uns zurück, obwohl da auch noch die andere Seite bezüglich der göttlichen Ratschlüsse besteht.


b. Ein volles Evangelium ist nötig für das volle Mannesalter

Dann möchte ich dies noch sehr präzis sagen - der volle Ratschluss Gottes ist die einzig sichere Sache. Ich frage mich, ob nicht der sehr arme geistliche Zustand bei den Bekehrten im Christentum nicht auf eine sehr unangemessene Verkündigung zurückzuführen ist. Die Menschen haben Angst, zu weit zu gehen, und so sagen sie: «Predige das einfache Evangelium, dass unsere Sünden vergeben sind, das Gericht vorbei ist und wir auf den Himmel hoffen können» - indem der entsprechende Einzelmensch zum Gegenstand gemacht wird anstatt die ewigen Ratschlüsse Gottes.

Ja, der armselige Zustand unter den Christen geht darauf zurück, dass ihnen am Anfang nicht der ganze Ratschluss Gottes verkündigt worden ist. Ich glaube nicht, dass es nötig ist, den ganzen Ratschluss auf später zu verschieben, wenn sie auf ihrem Weg eine Stufe erreicht haben, da sie ihn akzeptieren können. Warum sollten wir nicht hingehen und den unerretteten Menschen erklären, dass Gott sie von aller Ewigkeit her im Blickfeld hatte, und dass er nun gekommen ist, es ihnen zu sagen und ihnen mitzuteilen, warum er sie ins Visier nahm, und worin das große Ziel von allem besteht - in seinem Sohn Jesus Christus?

Ich denke, wir würden bessere Bekehrte bekommen, ebenso einen viel besseren Zustand in der Gemeinde. Ich glaube, die Leute sollten weit besser geboren werden, als sie es sind. Viele sind sehr armselig geboren, und ihre Kleinkinderzeit wird zeitlich allzu sehr in die Länge gezogen. Nun, Paulus sagte den Ephesern: «Ich hielt nicht zurück, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen»; und dies war geschehen, bevor er ihnen diesen Brief schrieb. Ja, der volle Ratschluss ist die einzig sichere Sache. Ich muss dies so stehen lassen, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns.


c. Die Botschaft ist wesentlich geistlich und himmlisch

Das nächste bezüglich dieser Proklamation ist dies, dass man stets im Sinn und im Blick behalten sollte, dass das Evangelium wesentlich eine geistliche und himmlische Angelegenheit ist. Wenn Paulus vom Geheimnis des Evangeliums spricht, dann tut er dies in Bezug auf alles, was er über «die himmlischen Regionen in Christus» gesagt hat. «Die himmlischen Regionen» ist nicht nur eine Frage des Ortes, sondern es geht auch um die Natur der Dinge. Wiederum besteht bei neunundneunzig von hundert Christen das Problem darin, dass sie in ihrem Christentum so irdisch sind, so an die Erde gebunden, und dass das Evangelium letztendlich zu einer Frage von zeitlichen Dingen geworden ist - wie es die Dinge hier in der Zeit beeinflusst, und wie die zeitlichen und materiellen Auswirkungen des Christentums sind.
Wie wir in unserer vorhergehenden Betrachtung gesagt haben, ist das wahre Maß des Christentums das Maß der Geistlichkeit, und das heißt, das Maß, in welchem der Herr, der im Himmel ist, hier in uns erkannt und manifestiert wird. Alles nimmt seinen Anfang bei einem in die Herrlichkeit erhöhten Christus, außerhalb dieser Welt. Als er hier war, war er eingeschränkt - eingeschränkt durch alles, und am meisten von allem eingeschränkt in der Wahrnehmung jener, die am engsten mit ihm verbunden waren.

Als er in den Himmel fuhr und der Geist kam, empfingen sie eine großartige Erweiterung ihrer Wahrnehmung von Christus. Es war nicht mehr bloß eine irdische, zeitliche. Es musste eine geistliche werden, denn er war nun außerhalb dieser Welt, man konnte ihn nicht mehr mit natürlichen Augen sehen; auf keine Weise war es mehr möglich, ohne den Heiligen Geist irgend eine Verbindung oder Kommunikation mit ihm zu haben. Es ist eine äußerst wunderbare Feststellung, die Petrus in seinem Brief macht: «Ihn liebt ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt; an ihn glaubt ihr, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht; und über ihn werdet ihr jubeln mit unaussprechlicher und herrlicher Freude» (1. Petrus 1,8). Ihr seht ihn zwar nicht, und doch ist er für euch äußerst wirklich.

Wie kommt das? Etwa weil ihr nach Jerusalem oder Kapernaum gegangen seid und ihn interviewt habt? Überhaupt nicht, ihr kennt ihn ja nicht auf diese Weise; die Art, wie ihr ihn jetzt kennt, ist vollständig geistlich. Das kann natürlich schon ganz am Anfang des Christenlebens so sein, doch das Prinzip der geistlichen und himmlischen Natur sollte für uns mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, während wir weiterschreiten, wie Paulus es den Kolossern schrieb: «Wenn ihr nun mit Christus auferweckt worden seid, so sucht das, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, offenbar werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit» (Kol. 3,1-4). Und die Notwendigkeit von heute für die Proklamation des ganzen Ratschlusses Gottes liegt in erster Linie in der Richtung von Gottes eigenen Leuten. Sie müssen den ganzen Ratschluss Gottes kennen; sie hätten ihn von Anfang an kennen sollen. Und dann muss, über sie hinaus, der ganze Ratschluss Gottes die Unerretteten erreichen. Aber was finden wir vor?

Wir finden diesen traurigen Zustand in der Gemeinde, und darum kann die Gemeinde die Unerretteten auf kein höheres Niveau als das ihre heben. Wir stellen fest, dass die Gemeinde erdgebunden ist, auf alle möglichen Arten mit Dingen hier unten vernetzt, mit einer rein irdischen Vision, auf diesem niedrigen Niveau. Die große himmlische Vision des ewigen Vorsatzes Gottes hinsichtlich seines Sohnes ist nicht das, was die Gemeinde gesehen hat, was sie jetzt sieht und dem sie dient. Nein, stattdessen hat die Gemeinde es selber nötig, von ihrem irdischen Zustand errettet zu werden und die ursprüngliche Position der Gemeinde zurückzugewinnen, eine rein geistliche und himmlische Angelegenheit.

Das ganze kirchliche System beweist die Wahrheit davon. Was für eine irdische Sache ist doch die Kirche bezüglich ihrer kirchlichen Architektur, ihrer Gebäude, geworden! Und dies muss als Beweis dafür herhalten, dass die Kirche immerhin etwas ist! Je geschmückter, ausgeklügelter, beeindruckender das Gebäude, desto größer der Beweis, dass die Kirche etwas gilt! Doch das ist rein irdisch, es ist kein bisschen notwendig für echtes geistliches Leben und geistliche Effektivität. In der Tat, sehr oft findet sich echte Geistlichkeit an ganz anderen Orten, oder überhaupt in keinem bestimmten Gebäude - das Volk Gottes, das zu ihm hin versammelt ist unter offenem Himmel. Das ist der Ort, wo das Zeugnis ist.


d. Unter der Leitung des Heiligen Geistes predigen

Dann muss in dieser Proklamation die Verkündigung vom Heiligen Geist geleitet und vorangetrieben werden. Warum? Aus diesem Grunde - und dies ist ein Prinzip, das im Buch der Apostelgeschichte klar herausgearbeitet und uns gezeigt wird weil nur der Heilige Geist das göttliche Wissen hat bezüglich dessen, wo es solche gibt, die Christus gegeben worden sind und die auch bereit sind, zu ihm zu kommen. Ihr könnt nicht einfach mir nichts dir nichts hinausgehen und dabei sicher sein, Resultate zu erzielen. Wir haben in dieser Angelegenheit Paulus zitiert und hier wird das Prinzip festgestellt. Es wurde ihnen «vom Heiligen Geist untersagt, das Wort in Asien zu reden, und so versuchten sie, nach Bithynien hineinzukommen; doch auch dies ließ ihnen der Geist Jesu nicht zu» (Apg. 16,6-7). Paulus konnte zu einem anderen Zeitpunkt nach Bithynien und in die Provinz Asien gehen, aber nicht dieses Mal. Der Heilige Geist hat das Sagen. «Durch den Heiligen Geist untersagt... der Geist Jesu ließ es ihnen nicht zu». Warum? - um der Souveränität Gottes willen.

Als Paulus nach Korinth kam, traf er eine schreckliche Situation an, und der Herr, der Geist, sagte zu ihm: «Fürchte dich nicht... ich habe ein großes Volk in dieser Stadt» (Apg. 18,9.10). «Ich habe», nicht «ich werde haben». Seht ihr die ewigen Ratschlüsse und des Vorauswissens am Werk? Das ganze Buch der Apostelgeschichte ist auf diesem Prinzip aufgebaut. Ein einsamer Mann durchquert die Wüste. Gott im Himmel hat ihn gesehen und erkannt, dass er bereit ist für das Evangelium, und so schickt er Philippus, um mit ihm Kontakt aufzunehmen. «Tritt hinzu und halte dich an diesen Wagen». Die Angelegenheit ist direkt und dringend (Apg. 8,26-40).

Dann, oben in Cäsarea, ist ein Mann am Beten; offensichtlich bittet er den Herrn um Führung, dass er ihm den weiteren Weg zeigen möge. Er lebt auf der Höhe des Lichtes, das er hat, aber er will mehr. Der Herr im Himmel nimmt von ihm Notiz. Zu Petrus, als dieser in Joppe war, sagt der Herr: «Geh, und nimm Kontakt mit jenem Menschen auf, der bereit ist» (Apg. 10). Dies ist die Souveränität des Geistes in Bezug auf die ewigen Ratschlüsse und der Vorkenntnis.

Der Punkt ist der, dass der Heilige Geist die Proklamation vorantreiben lassen und bestimmen muss, oder aber wir vergeuden eine Menge Zeit und Mühe. Ihr könnt so etwas nicht tun, indem ihr Komiteesitzungen abhaltet und Programme entwerft. Ihr müsst für dieses Werk ein vom Heiligen Geist beherrschtes Instrument sein. «Es gefiel dem Heiligen Geist und uns» (Apg. 15,28). Und so ist es auf dem ganzen Weg. Es muss darum gehen, dass der Heilige Geist die Sache in der Hand hat; die Proklamation muss vollständig so von ihm beherrscht, von ihm vorangetrieben sein.


Die Verantwortung der Hörer

Ja, aber dann kommen wir zu dieser nächsten Sache - zu der Verantwortung der Hörer. Im gedanklichen Bereich ist dies ein anderes Problem im Licht dessen, was wir gesagt haben. Aber das macht nichts - legt es einfach weg. Die Verantwortung der Hörer. Zunächst einmal betrachtet es so - die Souveränität Gottes, die schon hinter der Tatsache steckt, dass die Botschaft euren Weg gekreuzt hat. Sie kann in diesem Moment hier am Werke sein.

Ja, weit zurück in jenen ewigen Ratschlüssen (dies ist keine Dehnung der Vorstellungskraft) sah Gott euch, und er sagte: «Ich möchte diese Person für Gottes vollen Gedanken hinsichtlich seines Sohnes haben!»; und hier wird es euch mitgeteilt, und alle ewigen Ratschlüsse Gottes mögen dahinter stecken, dass ihr nun diese Botschaft hört. Doch der Punkt ist dieser: Ihr befindet euch hier, wo die Botschaft proklamiert wird. Ist es bloß Zufall, dass ihr hier seid?

Gott ist konsequent, und wenn er sich in seinen Ratschlüssen für eine Sache entschließt, arbeitet er darauf hin, und da ist es. Ihr sagt: 0, es ist einfach so passiert; aber da ist es - wir sind hier, und das ist es, womit unsere Verantwortung beginnt. Die Verantwortung beginnt, wenn Gott auf souveräne Weise seinen Plan ins Werk setzt und unseren Weg kreuzt. Doch werdet ihr jetzt sagen: «Der Mensch hat doch einen freien Willen, und er kann sich trotz Gottes Vorherbestimmung weigern». Hier tritt der Zusammenstoß ein. Ja, er kann; aber wir sprechen im Augenblick nicht von der Errettung, wir reden vom Zweck unserer Errettung. O ja, wir können unsere Errettung zurückweisen, und so prallen Gottes Vorauswissen und Vorherbestimmung und unser freier Wille aufeinander; das können wir nicht lösen.
Doch hier ist die Tatsache - dass Gott uns gerade in diesem Augenblick sagt, dass wir mit einer heiligen Berufung berufen wurden, dass etwas Ungeheures mit unserer Errettung zusammenhängt. Wir können dem Herrn das, was er beabsichtigt hat, verweigern; wir können das verpassen, was Er im Blick hatte. Ihr könnt diese beiden Dinge nicht versöhnen, aber da sind sie, und es liegt eine Verantwortung auf uns.
Hier tritt die andere Seite des Neuen Testamentes dazwischen, welche die ganze Zeit warnt, warnt - «wenn», «wenn»,«wenn» - und dies wird jedesmal zu Leuten gesagt, die bereits gerettet sind. Ständig wird ein mächtiges «wenn» auf sie geprägt; oder wollt ihr etwa, wie dies einige tun, sagen, ihr wüsstet niemals, ob ihr gerettet seid, bis ihr in den Himmel kommt?

Das akzeptiere ich nicht; ich weiß, dass ich gerettet bin. Es geht nicht darum, dass ihr irgend etwas tun müsst, ihr seid gerettet; und, nachdem ihr gerettet seid, werdet ihr, wenn ihr etwas Weiteres tut, eure Errettung behalten. Die «Wenns» beziehen sich auf diesen Zweck eurer Errettung, und ihr könnt diesen versäumen. Hier kommt die Verantwortung auf Seiten der Hörer dazu. Es ist ein Geheimnis, das stimmt; aber es ist eine Tatsache. Aber worauf läuft das hinaus? Was sagen wir damit? Nun, da seid ihr; ihr glaubt an den Herrn Jesus und glaubt, dass ihr ewiges Leben habt; ihr seid gerettet. Doch dann kommt der Herr in seiner Souveränität daher zu euch und zeigt euch, dass es sowohl ein «hin» als auch ein «her» gibt. Es ist etwas Großes, von der Hölle, von der Sünde, von Satan erlöst zu sein, nun aber sagt der Herr, ihr wärt auf etwas hin erlöst worden; und auch wenn es eine Menge gibt, von dem wir gerettet werden müssen, dann gibt es noch unendlich viel mehr, wozu wir gerettet werden sollen. Oh, es ist dieses mächtige «Wozu», welches das Geheimnis Gottes regiert. Ihr seht, das «Wovon» ist «zufällig», das «Wozu» jedoch ist ewig.

Das Geheimnis Gottes, unsere Errettung, datiert sich nicht einfach auf den Zeitpunkt zurück, da die Sünde Eingang fand, der Anfang war nicht der Fall des Menschen. Die Errettung übergeht diesen Zeitpunkt und geht zurück zum Vorsatz - zu all jenen Ratschlüssen der Gottheit vor der Schöpfung und deshalb auch vor dem Fall. Das ist am Ende das Ziel, das ins Auge gefasst wird, und Gott arbeitet darauf hin. Er hatte direkt auf dieses Ziel hin arbeiten wollen, aber der Mensch sündigte und fiel. Nun muss Gott in seinem Lauf einen Knick vollziehen und mit der Errettung hinabgreifen, um alles zu seiner ursprünglichen Absicht zurückzuführen. Die Errettung bezieht sich auf den ewigen Vorsatz, der vor dem Fall bestand. Es geht um das «Wozu» mehr als um das «Wovon» wir errettet wurden. Das «Wovon», ich sage es noch einmal, ist zufällig - auf schreckliche und tragische Weise zufällig, aber eben zufällig (kontingent, es hätte auch anders sein können!); es betrifft nicht das Ewige. Es ist das «Wozu», welches alles regiert, dieser Vorsatz Gottes. Natürlich umgab sich Gott bei dem «Wovon» mit einer besonderen Herrlichkeit.

Im Epheserbrief haben wir die beiden Dinge - «dass wir etwas seien zum Preise seiner Herrlichkeit» (1,12), das ist das eine; «die Herrlichkeit seiner Gnade», ist etwas anderes. Die Herrlichkeit seiner Gnade ist das Extra, das Gott gewinnt, wenn Satan dazwischenfunkt und der Mensch irregeht. Gott wird nie durch etwas Falsches geschlagen, er wird stets mehr bekommen. So fügt er durch die Gnade seiner Herrlichkeit etwas hinzu.

Aber merkt euch, das war am Anfang nicht seine Absicht. Mir wurde gesagt, Gott sei froh gewesen, als der Mensch sündigte und fiel, denn dies habe ihm die Chance gegeben, die er benötigte, um zu zeigen, dass er ein gnädiger Gott sei. Ich weise das zurück. Nein, auf gar keinen Fall! Dennoch, Gott kann nicht besiegt werden, und eine Beeinträchtigung seines Vorsatzes kann ihn nicht einfach dort stehen lassen, wo er war - er wird jedesmal mehr dazu gewinnen.

Es wird der Dazwischenfunker sein, der verliert, und die Sünde des Menschen hat nur eine Extra-Herrlichkeit für Gott möglich gemacht, wenn wir der Linie der Gnade folgen; aber es war nicht seine Absicht, es war sein Triumph. Und das tut er mit uns auf dem ganzen Weg; er füllt unser Bedürfnis nach Gnade auf, um extra Herrlichkeit für sich zu gewinnen. Durch Gnade gewinnt Er Herrlichkeit, insofern es uns betrifft.


Gottes Bedürfnis auf Erden nach einer Repräsentation seines vollen Ratschlusses
a. Erfahrungsmäßig, nicht theoretisch

Nun, Gott hat sich vorgenommen, seinen ganzen Ratschluss repräsentiert zu bekommen - das ist das eigentliche Herz dieser Betrachtungen. Gott muss diesen ganzen Ratschluss in einer Darstellung vorgefunden bekommen oder er ist besiegt, und so wirkt er darauf hin, diejenigen, die kommen wollen und die bereit sind, den Preis zu zahlen, in diese Position zu bringen, die an erster Stelle ihn befriedigt, und ihm an zweiter Stelle zu diesem Zwecke dient; und ein grundlegendes Wesensmerkmal ist eine Leidenschaft in unseren Herzen für Gottes umfassendsten Gedanken. Soll er uns da hinein führen, muss er diese Reaktion in uns finden zu seiner eigenen Befriedigung.

Nun, in seinen Behandlungen, die er diesbezüglich an uns ausführt, mag er uns gewährende Wege führen - Wege also, die weniger sind als sein höchster und voller Gedanke, und doch wird er, in seinem gewährenden Willen, uns durch solche Wege führen. Wir stellen fest, dass wir in der souveränen Regentschaft unseres Lebens zu etwas geführt werden, das nicht vollständig Gottes Gedanken entspricht. Das ist wahr.

Wenn ihr mir ein persönliches Zeugnis erlaubt, so kann ich mit äußerster Gewissheit sagen, dass die Jahre, die ich als denominationeller Diener verbrachte, der souveräne gewährende Wille Gottes waren. Es war richtig, dass ich zu jener Zeit dort war, obwohl, wie ich später erkennen musste, jener Bereich der Dinge nicht Gottes voller und endgültiger Gedanke für mich war. Aber damit ich jenen volleren Gedanken überhaupt erreichte, musste ich auf der Basis der Erfahrung und nicht der Theorie geführt werden. In jenem engeren Bereich lernte ich etwas von der Schwachheit, der Begrenzung und der Enttäuschung, sowohl in mir selbst als auch in dem Bereich, in dem ich mich bewegte, was mich veranlasste, mich nach etwas Besserem auszustrecken - ich wusste zwar nicht, was das war, und ich hätte es auch nicht gesucht, wenn es nicht die Erfahrung der Ernüchterung in diesem niedrigeren Bereich gegeben hätte.

Es war dieses Geringere, das mich nach einem offenen Himmel und nach einer anderen Ordnung der Dinge schreien ließ, wo ich in einer Woche nicht so oft predigen musste, weil es als Pflicht von mir erwartet wurde, mit der schrecklichen Arbeit, etwas auszuarbeiten zu versuchen, damit ich etwas zu predigen hatte - nach einer Ordnung der Dinge also, wo der Dienst aus einer Offenbarung vom Himmel hervorging, und nur wie und wann der Heilige Geist es schenkte und erforderlich machte.

O, der Herzensschrei nach Befreiung von jenem alten Bereich und jener alten Ordnung! Und Gott brachte mich in seiner Barmherzigkeit hindurch zu etwas anderem, auf Erfahrungsbasis. Ja, Gott führt uns in seinem souveränen, gewährenden Willen auf gewissen Wegen, die überhaupt nicht seinem vollen Gedanken entsprechen, um zu bewirken, dass sich unsere letztendliche Position auf echte geistliche Erfahrung gründet und nicht auf eine Lehre oder Theorie, die wir aufgegriffen haben, oder die man uns übergestülpt hat.

Es gibt heute eine Menge von Christen in lehrmäßigen Positionen, von der sie aus Erfahrung nichts wissen. Sie haben eine Tradition, ein Lehrsystem akzeptiert; sie befinden sich darin, sie glauben daran, aber sie wissen nichts davon aus Erfahrung. Das ist nicht Gottes Weg. Der Punkt, um den es im Augenblick geht, ist der, dass wir sehr aufpassen sollten, dass wir Gottes gewährenden Willen nicht für seinen letztgültigen Willen halten. Wir dürfen nicht sagen: «Der Herr führte mich in diese Sache hinein, darum muss ich darin bleiben und kann mich nicht bewegen». Passt gut auf; ihr müsst stets Gott freie Hand lassen. Er wird zuweilen keine Erklärungen geben; manchmal scheint er sich selbst zu widersprechen. Ihr werdet es später verstehen.

Das entscheidende ist: Macht niemals irgend etwas für Gott fest. Wenn es etwas gibt, das im Buch der Apostelgeschichte klar gemacht wird, dann dies: Gott lässt sich durch menschliche Ideen bezüglich dessen, was er tun sollte, nicht festlegen. Jenes Tuch, das in der Vision von Petrus vom Himmel herabgelassen wurde, ist ein Hinweis darauf, dass es im Himmel Dinge gibt, welche die Menschen hier nicht erlauben. Die Ansicht des Himmels ist sehr verschieden. Petrus wollte diese Sache mit dem Herrn ausdiskutieren: «Nicht so, Herr». Er hätte hinzufügen können: «Ich könnte dir dafür Schriftstellen nennen, zum Beispiel 3. Mose 11». Der Herr aber macht vollkommen deutlich, dass er nichts davon gelten lassen wird. Die Souveränität verlangt einen klaren Weg. Gott tut immer so etwas, und er verlangt, dass wir uns in einer solchen Position befinden, dass er mit uns tun kann, was er will, und wir nicht mit ihm diskutieren.

Das ist der einzige Weg zur Fülle. Wenn ihr an eure Tradition, an eure Erziehung, an das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Herrn gewesen sein mag, gebunden seid, wenn ihr dadurch festgelegt seid und dazu sagt: «Wie es am Anfang war, so ist es heute und wird es immer sein», dann macht ihr einen scharfen Schnitt quer durch den Weg des Geistes zur Fülle. Erst wenn wir ohne Vorurteil für den Herrn offen sind, ohne auf etwas fixiert zu sein, wenn wir uns einfach dem Herrn entgegenstrecken, dann, und nur so, werden wir in die Fülle des Ratschlusses Gottes gelangen.


b. Der Vorsatz, nicht das Ich, muss dominieren

Ihr erkennt den eigentlichen Startpunkt - der Punkt, welcher die Fülle garantiert, ist der, dass alles von Gottes Willen und Gottes Vorsatz regiert wird, und nicht von unserem Bedürfnis oder von unserem Wunsch. Wir sind zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen, wir sind gemäß seinem ewigen Vorsatz berufen. Wenn wir das Evangelium von der Errettung einfach darauf reduzieren, dass es unsere Bedürfnisse befriedigt, dann werden wir die Dinge eingrenzen.

Die volle Sache ist nicht nur die, dass wir vom Fall gerettet werden, wir werden zu dem zurück gerettet, was wir im Fall verpassten - und das ist nicht bloß ein Leben, das von einer gewissen Art des Verhaltens abhängig ist, sondern von einem mächtigen Vorsatz Gottes. Erst, wenn wir das sehen, und nur wenn dies ein dominanter Faktor wird - Gottes Wille, Gottes Vorsatz: nicht einmal mein Bedürfnis, und ganz bestimmt nicht mein Wunsch - nur dann befinden wir uns auf der Hauptstraße der Fülle Gottes; und ihr werdet feststellen, wenn ihr mit der Gemeinschaft des Geheimnisses betraut werdet, dass dies der Weg sein wird, den der Herr euch führt. Ihr werdet ständig wieder damit konfrontiert werden. Wir müssen vom ewigen Vorsatz regiert werden, nicht von dem, was wir für notwendig erachten, nicht von dem, was wir gerne hätten, auch nicht für den Herrn selbst.

Dieses Geheimnis des Evangeliums - wir merken selbst jetzt, wie es jeden Versuch besiegt, es zu erklären; aber, wenn wir die Begriffe nicht fassen können, das heißt, wenn es sich unserem Verstand entzieht, dann wollen wir unsere Herzen dem Herrn auf dieser simplen, aber sehr gesunden Grundlage öffnen - «Herr, es steckt etwas sehr Großes in deinem Gedanken; ich sehe, dass es unendlich viel mehr ist, als dass ich einfach gerettet werden soll. Ich fasse es nicht, ich kann es weder erklären noch verstehen; aber es ist etwas sehr Großes, zu dem du mich gerettet und in Christus berufen hast; und ich möchte es, und ich übereigne mich dir für all das. Ich vertraue deiner Gnade, was immer es mich kosten mag; ich vertraue deiner Kraft, zu vollenden, was mich betrifft, dass du es voll ausführst. Ich vertraue mich dir an für deinen ganzen Willen, für all deine Vorsätze, für den ganzen Ratschluss, für alles, was meine Wahrnehmung so weit übersteigt; Herr, wirke in mir, was deiner Ansicht nach wohlgefällig ist».

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.