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Das Gemeinschaftliche Gefäß

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Mai-Jun 1939, Vol. 17-3. Originaltitel: "Life in the Spirit" - Kapitel 8. (Übersetzt von Manfred Haller)

Es gibt zwei Titel oder Bezeichnungen für die Gemeinde, die meiner Ansicht nach aus allen übrigen Bezeichnungen hervorragen. Die erste ist «Christus»: «Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind: so auch der Christus» (1. Kor. 12,12). Das scheint die allerhöchste Bezeichnung für die Gemeinde zu sein. Die andere ist «der neue Mensch». Beide werden durch die andere Bezeichnung repräsentiert: «Die Gemeinde, die Sein Leib ist». In dem Sinne, wie Paulus es meinte, ist der Leib der gemeinschaftlich dargestellte Christus. Wiederum ist es «der eine neue Mensch». In diesen beiden Bezeichnungen - «Christus» und der «eine neue Mensch» - haben wir die ganze Vorstellung der Repräsentation, und dies wird als etwas überaus Gemeinschaftliches vorgestellt.

Es gibt einen Leib, und wir sind Glieder von einander; und die Bedeutung des Einzelnen muss sich der Bedeutung des ganzen Leibes unterwerfen. Die Bedeutung des Einzelnen findet seinen Platz im Leib und für den Leib. Dahin führt uns der Apostel, wenn er durch die Gnade Gottes, die ihm gewährt wurde, jeden einzelnen ermahnte, nicht höher von sich zu denken als ihm zusteht, weil wir Glieder von einander seien. Die Bedeutung des Einzelnen darf im Leib nicht hervortreten, als stehe sie über dem Leib, als sei sie noch etwas Besonderes für sich. Natürlich ist das Einzelglied von Bedeutung, das macht der Apostel vollkommen klar, es ist sogar von großer Wichtigkeit; aber die Bedeutung des Einzelnen darf nicht vorstehen.

Das bringt uns zu einem weiteren, wesentlichen Aspekt der großen Wahrheit vom Leib Christi, wir sie uns im Wort Gottes präsentiert wird, und das ist der Heilige Geist und die Ordnung im Leib. Ihr könnt diese Schriften von Paulus (Römerbrief bis Philemon) durch den Heiligen Geist im Lichte von Tatsachen wie ihr sie seht, oder von Zuständen, denen ihr begegnet, nicht lesen, ohne beinahe außer Atem zu gelangen. Es ist ein außerordentliches Verständnis vom Leib Christi, das Paulus besitzt. Ihr könnt nur von diesen Dingen etwas Abstand nehmen, wenn ihr sie lest, und das Gefühl bekommen, das sei entweder erstaunlich, oder aber ganz und gar unmöglich. Viele haben sich der letzten Schlussfolgerung gebeugt. Ihr seid euch genügend bewusst, es ist euch sehr lebendig vor Augen, wie wichtig diese Sache ist. Das ist nicht bloß eine Präsentation von Lehren über großartige Themen, großartige Ideen; das hat etwas zu tun mit Gottes höchstem Vorsatz, wie er durch dieses Universum repräsentiert wird – ein Ausdruck Gottes in Menschengestalt. Das ist unsere Bestimmung, das ist es, wozu wir ins Dasein gerufen wurden; und wir verfehlen unsere Bestimmung, solange wir das nicht erkennen. Wir haben keine angemessene Kenntnis und kein Verständnis für das, was Gott tut, und warum er mit uns so verfährt, wie Er es tut, solange wir diesen Vorsatz Gottes nicht sehen, der darin besteht, dass wir dem Bilde Seines Sohnes gleich gestaltet werden, dass in diesem Universum ein gemeinschaftlicher Mensch hervorgeht, der Christus in Seiner vollen Gestalt zum Ausdruck bringt.

Zunächst einmal wächst der Leib und nimmt zu durch Ordnung. Paulus macht das vollkommen klar. Wenn der Leib fest zusammengefügt wird, wächst er. Er nimmt zu mit dem Wachstum Gottes. Das geschieht auf der Grundlage dessen, dass er fest zusammengefügt wird und jedes Gelenk nach seinem ihm zugeteilten Maße beiträgt. Wachstum und Vermehrung vollziehen sich daher gemäß dieser Ordnung. Es ist wohl kaum nötig, dass wir uns nochmals die Analogie des menschlichen Körpers vornehmen, die der Apostel im Sinn hatte, als er über den Leib Christi schrieb. Es stimmt einfach, dass kein Wachstum im Leibe geschieht – keine Entwicklung – es sei denn, es herrsche ein geordneter Zustand im Leib ... was er ein «festes Zusammen- gefügt-sein» nennt. Es ist wunderbar, wie der Herr die Dinge in der physischen Welt geschaffen hat, so dass ihre Stellung ihrem Zwecke am besten angepasst wurde. Stellt euch irgend eine andere Reihenfolge in der Anordnung unserer Glieder vor, und erkennt, wie behindert wir dann wären. Wir möchten das nicht ins Lächerliche ziehen, sondern diese Sache vereinfachen, um das Prinzip zu verstehen. Nehmen wir einmal an, eure Daumen befänden sich auf der andern Seite eurer Hände und ihr müsstet so arbeiten ... und ihr müsstet alles von außen festhalten. Denkt an alles Abnormale, dann seht ihr sofort, welche Beschränkungen da auftauchen.

Nun, der Herr hat eine Ordnung, die, wenn sie anerkannt wird und funktioniert, zum größtmöglichen Maß von Vermehrung führt – sie ist in sich selbst entschlossen, das Ziel Gottes zu verwirklichen; und wir können ohne die Ordnung Gottes ebenso wenig Gottes Ziel erreichen, als wir die physischen Möglichkeiten unseres Körpers ausschöpfen können mit einem aus den Fugen geratenen Körper. Der umfassende Faktor in dieser Ordnung ist die Tatsache, dass Christus das Haupt ist ... und natürlich, dass wir uns an diesem Haupt festhalten: «festhaltend das Haupt, aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst» (Kol. 2,19 – Elberfelder unrev.). Die Stellung Christi als Haupt und unser Festhalten an ihm ist der alles umfassende Faktor. Jede Fähigkeit hat ihr Zentrum in Ihm als dem Haupt. Kein Teil eines Körpers kann funktionieren, wenn der Kopf vom Körper getrennt wird oder auf irgend eine Weise den Sinn seiner Funktion verliert. Gelangt auf irgend eine Weise zwischen den Kopf und den Körper, sei es durch eine nervliche Unordnung oder eine Fraktur, und der ganze Körper gerät in Unordnung und wird unfähig, zu funktionieren. Alles ist im Haupte zusammengefasst. So wird die Stellung Christi als Haupt für die Ordnung Seines Leibes, der Gemeinde, grundlegend.

Nun müssen wir noch die ganze Angelegenheit der individuellen Funktion der Glieder aufgreifen. Das heißt nicht, dass wir in erster Linie die Frage nach unserer eigenen Funktion aufwerfen müssen – worin sie besteht. Das ist nicht die erste Überlegung. Unsere Beziehung zu den andern ist ebenfalls nicht etwas, aus dem wir ein mentales Problem machen sollten. Das erste, was wir tun müssen, ist, uns Christus zu unterwerfen; und wenn der Einzelne Christus unterworfen ist, wird dieser Einzelne durch den Heiligen Geist in eine geeignete Funktion und Beziehung zu jedem andern Ausdruck von Christus gebracht. Auf diese Weise entsteht Harmonie. Es geschieht ganz spontan.

Zweitens, die Glieder Christi sind funktionierende Teile von Christus. Das folgt daraus, dass wir ein Geist sind, dem Herrn hinzugefügt. Wir wollen uns vollständig befreien von der physischen Vorstellung und erkennen, wie der Leib Christi die Vereinigung erneuerter Geister ist, in denen der Heilige Geist wohnt. Es geht nicht darum, dass sich so und so viele physische Körper zusammenfinden und sich dann Gemeinde nennen. Das ist bloß eine Versammlung (congregation). Was wir zusammen im Geist sind, macht uns zu einer Gemeinde. Versammlungen sind noch keine Gemeinde. Die Gemeinde ist geistlich ... weil sie eine Vereinigung von Geistern ist. Wir reden nicht von etwas Physischem, sondern von einem geistlichen Leib, der Gemeinde. «Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm» (1. Kor. 6,17). Das ist die Natur dieser Vereinigung, und das ist die Natur der Gliedschaft am Leib Christi. Die Gliedschaft von Christus ist etwas anderes als unser physisches aufeinander Bezogensein. Welche Menge an Ideen müssen wir doch noch los werden!

Wenn wir unsere Namen in ein bestimmtes Gemeinderegister eingetragen haben, sagen wir, wir seien der Gemeinde beigetreten. Doch die Mitgliedschaft der Gemeinde kommt dadurch zustande, dass wir durch unsere Vereinigung mit Ihm in unserem Geist ein Glied von Ihm werden, und diese Vereinigung entsteht dadurch, dass Christus in unserem Geist Wohnung nimmt. Das nächste, was Paulus uns noch beibringen will, ist dies, dass es eine gegenseitige Anerkennung des Leibes Christi geben muss: «... ich sage durch die Gnade, die mir gegeben worden, jedem, der unter euch ist, nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich gebührt» (Römer 12,3). Denn wenn jemand dies tut, dann wird er andere Glieder missachten ... oder er wird sie an einem geringeren Platz sehen, als den, den sie in Wahrheit einnehmen sollten. Es wird dem Leib Christi großer Schaden zugefügt, wenn ein einzelnes Glied die Situation dominiert. Gegenseitige Unterordnung und Anerkennung von einander ist das, was der Herr möchte.

Ferner muss auch dies vorhanden sein, dass wir einander mit Christus dienen. Wir haben etwas von Christus – eine Fähigkeit von Christus, um andern mit Christus zu dienen; das heißt, wir haben ein Maß von Christus, das von uns bedient wird ... und es ist unsere Aufgabe, einander mit Christus zu dienen. Auf diese Weise wächst der Leib. Ist nicht Christus unser Leben ... und können wir nicht, wenn wir in Christus funktionieren, einander Leben - Sein Leben – mitteilen? Natürlich können wir das. Genau dazu sind wir berufen worden. Auf diese Weise wächst der Leib. O, dass der Herr uns doch befähigen möchte, einander ein größeres Maß von Leben, von Seinem Leben, und nicht von Tod, mitzuteilen.


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