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Leiterschaft

von T. Austin-Sparks

Kapitel 7 - Nehemia

Assyrien und Babylonien hatten Israel verwüstet – und zwar Volk und Land – und es herrschte Einöde. Wenn Assyrien und Babylon die Macht dieser Welt bedeuten, dann wurde der Welt, weil das Volk Gottes mit den Göttern dieser Welt getändelt haben, von Gott erlaubt, die Kraft des einst heiligen Volkes zu zerstören. Babylon steht für Verwirrung, und der Abstieg von der hohen geistlichen Position, in die Gott sie versetzt hatte, hinunter zum Erden-Anstrich brachte das Volk des Herrn in den Griff einer Verwirrung, die sie hilflos und beschämt werden ließ. Verwirrung herrschte, und wo die Verwirrung herrscht, nehmen Schwachheit und Frustration überhand. Die Zeit in diesem Zustand genügte – nicht mehr und nicht weniger – um die Betroffenen in keinerlei Zweifel zu lassen, dass es für das himmlische Zeugnis eine fatale Sache ist, im Geist auf diese Erde und zu deren Wegen hinabzusteigen – besonders auf religiösem Gebiet. Doch nachdem diese Tatsache unauslöschbar in der Geschichte seines Volkes aufgezeichnet war, war die Zeit gekommen, dass Gott sich IN RICHTUNG WIEDERHERSTELLUNG in Bewegung setzte. Für dieses Werk der Wiederherstellung war eine Leiterschaft notwendig, und Nehemia war Gottes Mann für diese Gelegenheit.

Nachdem wir die Zeit und die Gelegenheit festgestellt haben, müssen wir als nächstes auf die Bedeutung dieser Bewegung achten.

Wenn Babylon die Verwirrung repräsentiert – was immer für diese Welt charakteristisch ist – und wir sollten klar verstehen, dass das Kennzeichen des Fluches, der einst dieser Erde von Gott auferlegt wurde, weil der Mensch einen andern Gott gewählt hatte, für immer und stets Verwirrung ist in den Völkern und Nationen dieser Erde – dann wird Gottes Bewegung der Wiederherstellung eine Erneuerung der Unterschiedenheit zum Ziel haben. Es ist nicht notwendig, zu sagen, dass Israel in jeder Hinsicht von Gott als ein unterschiedliches und anderes Geschlecht und Volk begründet wurde. Es ist eine fundamentale Wahrheit, dass das Volk Gottes sich von allen andern Völkern unterscheidet, und bei Gott ist dies eine Sache von allergrößtem Ernst. Siebzig Jahre des Exils und der Gefangenschaft mit all ihren unaussprechlichen Leiden und Kümmernissen sind ausreichende Beweise dafür, wie ernst Gott diese grundlegende Sache nimmt.

Die Mauer von Jerusalem stellte symbolisch eine Grenze dar, die markierte, was sich drinnen und draußen befand, und die Tore waren der Nachdruck für diesen Gesichtspunkt. Auf diesen Gesichtspunkt wird auch im Zusammenhang mit jener anderen symbolischen Stadt, dem himmlischen Jerusalem, Bezug genommen. Die Tore versinnbildlichen die Ratschlüsse und Urteile, die darüber entscheiden, was akzeptabel und zulässig ist und was nicht. Sie sind die Kraft des rechten Urteils. Die Mauer ist das Symbol eines klar unterscheidbaren Zeugnisses für Gott unter den Nationen und vor dem Himmel. Das Niederreißen der Mauer und das Verbrennen der Tore bedeutet demzufolge der Ruin eines unterscheidbaren Zeugnisses von Seiten des Volkes Gottes. Dies, die Bedeutung von Nehemia und seiner Leiterschaft, zeigte Gott im Aufbruch, um die Unterscheidbarkeit Seines Zeugnisses zurückzugewinnen, die der einzige Grund und die einzige Rechtfertigung für die Existenz und den Weiterbestand des Volkes Gottes war und ist.

So sind also Nehemia und die Mauer identisch in ihrer Bedeutung, und Leiterschaft, wie sie in ihm dargestellt wird, bezieht sich auf diese Sache der Eifersucht Gottes. Das Buch, das seinen Namen trägt, kann nicht gelesen werden ohne die Anerkenntnis der Tatsache, dass Gottes Eifersucht im Herzen dieses Mannes geweckt worden war. Nehemia war nicht der Mann, der Vermischung und unkonsequente Elemente geduldet hätte. Diesbezüglich war er tatsächlich wie sein himmlischer Herr. Kompromisse waren für Nehemia untolerierbar.

Die Mauer erklärt in deutlicher Sprache, dass diese Sache von Gott ist. Nichts, das nicht von Gott ist, hat hier irgend einen Platz. Lest das Buch nochmals allein in diesem Licht, und seine Botschaft ist unmissverständlich.

Etwas anderes, das dieselbe Bedeutung aufweist wie die Mauer und Nehemia ist GÖTTLICHE FÜLLE. Jerusalem trug in den Gedanken Gottes stets diese symbolische Bedeutung. Es war der Ort der Überfülle Gottes. In seiner Frühzeit quoll es über mit Leuten, die es als die größte Ehre und das größte Vorrecht erachteten, seine Bürger sein zu dürfen (Ps. 87). Die Nationen brachten ihren Reichtum in sie. Der Tag von Pfingsten fand Jerusalem vollgestopft und überbevölkert «mit Männern aus jeder Nation unter dem Himmel».

Es war von Gott als ein Typus des himmlischen Jerusalem gedacht – der Gemeinde. Und diese Stadt, von dieser Gemeinde – dem Leib Christi – wird gesagt, sie sei «die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt» (Eph. 1,23).

Gott glaubte nie an Vakuen. Er glaubte stets an FÜLLE. Sie ist Seine Natur und Sein Verlangen, und er wirkt stets auf göttliche FÜLLE hin. Wie vieles könnten wir hier einfügen, um diese Feststellung zu untermauern. Aber ach, in der Zeit, an die wir denken, war Jerusalem leer und verwüstet - «ohne Form und leer» (engl. Text) – in der Tat ein Vakuum! So bezieht sich Leiterschaft, wie sie sich in Nehemia darstellt, darauf, wie die göttliche FÜLLE im und durch das Volk Gottes wiederhergestellt wird.

Lasst uns hier ein Wort einfügen im Blick auf diesen Zustand heute. Die geistliche Magerkeit, Kleinlichkeit, Armut und die konsequente Schwachheit von vielen der Kinder Gottes ist eine schreiende Tragödie heutzutage. Seit Jahren wurden wir von Christen an vielen Orten angerufen: «Wir haben so wenig geistliche Nahrung in unseren Gemeinden». Es gibt wirklich so viele hungrige Kinder Gottes.

Muss man diesen Zustand vor die Tür derjenigen legen, die scheinbare Leiter sind? Es muss sofort festgestellt werden, dass, was für Ziele auch immer Leiterschaft erfordern, dieses eine der geistlichen FÜLLE nicht das geringste ist. In diesem Punkt zu versagen bedeutet, in einer Angelegenheit zu versagen, die die eigentliche Natur und das Herz Gottes ist. Männer Gottes, befinden sich die Leute, für die ihr verantwortlich seid, auf dem Weg «der Fülle Christi»?

Blickt nochmals auf Nehemia und erkennt, dass das Feuer in seinen Knochen das Feuer von Gottes Sorge dafür war, dass Seine Fülle Seinem Volk wieder zugänglich wurde und charakteristisch für es war. Und während wir die Leiter oder die verantwortlichen Männer ansprechen, wollen wir auch dem Volk sagen, dass es Gottes positiver Wille ist, dass ihr vor allem andern den Eindruck mit euch tragt, dass ihr ein wohlhabendes und reich begabtes Volk seid – dass euer Gott ein Gott der Überfülle ist. Versichert euch dessen, dass ihr euch alles aneignet, was erhältlich ist, und dass ihr die himmlische Nahrung weder vernachlässigt noch verachtet.

Und während wir nochmals auf Nehemia blicken, sollte uns noch etwas anderes beeindrucken. Es ist dies, dass wenn wir wirklich in einer Linie sein wollen mit dem, was Gott zu irgend einem Zeitpunkt tut, und wenn unsere Herzen mit Seiner eigenen unmittelbaren Sorge entflammt sind, wir stets göttliche Unterstützung erhalten und mit allem Nötigen versorgt werden. Um diese Unterstützung zu finden, müssen wir auf Gottes positiver Linie der Unterscheidbarkeit und FÜLLE sein als ein Zeugnis für Ihn selbst. Die Frage der Versorgung ist sehr akut in der organisierten Christenheit, die zu einer endlosen Vielzahl von Zweckmäßigkeiten. Sicher, wenn der Himmel herrscht und alle Ressourcen enthält und wirklich etwas will, wird der Himmel immer Seine Anforderungen erfüllen und das Erforderliche liefern. Können nicht auch wir diesen Aspekt von Nehemias Leiterschaft erwarten und an ihn glauben?

Wenn das Werk Gottes in Seinen Händen bleibt und man nicht zulässt, dass es an die Erde gebunden wird, wird es die Unterstützung des Himmels haben, und selbst wenn es genügend Opposition hervorruft, wird es im Triumph «vollbracht» werden. Es ist das geistliche Leben des Volkes Gottes – des himmlischen Israel – das nach einer solchen Leiterschaft verlangt, wie sie von Nehemia repräsentiert wird. Sie wird nicht alle ansprechen, sondern bloß einen «Überrest», doch bei ihnen wird man die Befriedigung finden, dass Gott das bekommt, was Ihm am nächsten am Herzen liegt.

In Nehemia haben wir als Beispiel dieser benötigten Leiterschaft:

1. Einen Mann, dessen Herzen über den Umständen bricht.

2. Einen Mann mit der Sicht von Gottes besonderen Verlangen und Vorsatz.

3. Einen Mann mit geistlicher Initiative, die von einer unmittelbaren und engen Berührung mit Gott beherrscht wird.

4. Einen Mann, der mit einer wahren geistlichen Diskretion ausgestattet ist.

5. Einen Mann ohne Kompromisse, einen, der die nicht die Politik dem Prinzip vorzieht – voll von heiligem Mut.

6. Einen Mann frei von persönlichen Interessen im Werk Gottes.

7. Einen Mann begabt mit geistlichem Unterscheidungsvermögen.

Herr, erwecke doch solche Männer für diese notvolle Stunde.

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